AntiCastorNetz Magdeburg

Anti-Repression

Beobachtung

Soviel ist sicher: zumindest das Landeskriminalamt in Magdeburg sammelt fleißig Informationen über das AntiCastorNetz. Ein Beamter (Herr Raschke, Tel. 0391-2502714, falls sich jemand über den Stand der Ermittlungen informieren will *ggg*) rief im Sommer das Infotelefon an und wusste sehr genau, wen er da am anderen Ende hatte. Auf die Nachfrage, wie er denn glauben konnte, die betreffende Person unter dieser Nummer zu erreichen, antwortete Raschke, er habe die Stimme auf dem Anrufbeantworter erkannt. Seltsam nur, dass der Betreffende sich nicht bewusst ist, jemals mit dem Beamten gesprochen zu haben. Dann die Frage, woher er die Nummer habe. Die Antwort ist eine Liste der Infoveranstaltungen, die das AntiCastorNetz durchgeführt hatte, zu denen immer diese Nummer angegeben worden sei. Und weiter erzählte der Beamte dem Aktivisten, wo er so aktiv ist und dass er für "den Chef der Sache" gehalten werde.

Aushorchen konnte der LKA-Mitarbeiter nicht viel. Nachdem klar war, wie das LKA zu seinen Annahmen kommt, lehnte der Aktivist ein weiteres Gespäch ab.

Eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Matthias Gärtner an die Landesregierung, ob die Anti-Castor-Bewegung Sachsen-Anhalts von Polizei oder Verfassungsschutz beobachtet werde, beantwortete das Innenministerium nur vage. Es machte die grundsätzliche Feststellung, dass niemand nur wegen seiner/ihrer ablehnenden Haltung zur Atomenergie beobachtet werden dürfe. Dass dies in der Realität nicht zutrifft, zeigen die Erkenntnisse des AntiCastorNetz. Weitere Aussagen machte das Ministerium nicht wirklich. Entweder wurde auf diese erste Antwort verwiesen, oder darauf hingewiesen, dass bestimmte Informationen nicht an die Öffentlichkeit gegeben würden (Wortlaut der Anfrage und Antwort).

Kleine Schikanen am Rande

Ganz normal ist es ja nicht, dass ein Mensch, der eine Ordnungswidrigkeit vergleichbar mit Falschparken begangen hat, Besuch von der Polizei erhält. Aber hier geht es um ein politisches Delikt. AtomkraftgegnerInnen = Staatsfeinde, so die Logik der Staatsschützer. So passierte es, dass Verwandte eines Betroffenen mehrfach von verschiedenen Beamten angerufen wurden, um über ihn Informationen (insbesondere zum Aufenthalt und Erreichbarkeit) zu bekommen. Außerdem stand eines Tages ein Polizeiwagen vor der Haustür, um zu erkunden, ob der Atomkraftgegner denn hier wohne. Sein Vater erhielt zwischenzeitlich ein Schreiben, indem die Polizei mitteilte, "der Aufenthalt Ihres Sohnes ist unbekannt" und um Mithilfe gebeten wurde. Wenn das Umfeld eines Menschen wegen einer Ordnungswidrigkeit belästigt wird, dann kann mensch das schon als Schikanemaßnahme bezeichnen. Vermutliches Ziel ist es, den AktivistInnen die Lust an weiterem Protest und den Rühalt in der Familie zu nehmen.

Weiterer Repressionstext dazu

Mit ökonomischem Druck den Widerstand schwächen

Verschiedene AktivistInnen des AntiCastorNetz haben in den letzten Monaten Zahlungsaufforderungen wegen Sitzblockaden bei Castortransporten erhalten. Beispiele: 112,- DM "Wegtragegebühr" für eine Sitzblockade beim Castortransport aus Philippsburg in die französische Plutoniumfabrik La Hague. In Neckarwestheim wurde es schon etwas teurer: 162,- DM will die Polizei hier für ihren "Service" haben. Dass keineR darum gebeten hat, erst weggeschleppt und dann auch noch der Freiheit beraubt zu werden, interessiert nicht. Verhältnismäßigere Mittel hätte es auf jeden Fall gegeben. Stattdessen wurde der Transport eines privatwirtschaftlichen Unternehmens wichtiger geschätzt als das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit. Umso schlimmer, dass dieser Transport nur den ungestörten Weiterbetrieb einer unverantwortlich gefährlichen Anlage - eines Atomkraftwerks - zum Grund hat.

Dem Polizeikostenbescheid wegen der Blockade des Castortransportes in Neckarwestheim folgte ein saftiges Bußgeld von 530,- DM. AtomkraftgegnerInnen, die in Rheinsberg eine Castorblockade versucht hatten, wurde neben einer vor Ort kassierten Gebühr von ca. 10,- DM nun auch ein Bßgeld in Höhe von 300,- DM in Rechnung gestellt. Soweit nur ein Überblick von Forderungen an Magdeburger AktivistInnen, die uns bekannt sind. Gegen alle Bescheide wurde Widerspruch eingelegt und es sind - zusammen mit anderen Betroffenen aus anderen Städten - Klagen dagegen vorgesehen. Uns ist ganz klar, was diese überzogenen Kostenbescheide bewirken sollen: die Anti-Atom-Bewegung soll finanziell ausgeblutet werden, damit jedeR sich zukünftig überlegt, ob er/sie seinen Protest auf die Straße zu tragen wagt. Dieses Spielchen wollen wir nicht mitmachen. Deswegen versuchen wir, die staatlichen Schikanen öffentlich zu machen und nötigenfalls auch Klagen und intensive Öffentlichkeitskampagnen gegen diese Praxis zu führen. Wer uns unterstützen möchte, kann uns gern ein paar Mark spenden. Bankverbindung geben wir auf Anfrage per E-Mail.

Aktueller Stand: Februar 2002

Mehrere Klagen gegen die Ingewahrsamnahmen bei Castortransporten werden gerade von verschiedenen Anwälten zusammengestellt. Wir koordinieren uns dabei teils auch mit Anti-Atom-Gruppen aus anderen Städten. Außerdem stehen in den nächsten Monaten mehrere Prozesse an, in denen die Polizeikostenbescheide und Bußgelder behandelt werden sollen. Ganz unabhängig von den zu erwartenden Urteilen sind einige AktivistInnen nicht bereit, irgendwelches Geld an Polizei oder Gerichte zu bezahlen. Die Überlegungen gehen bis hin zu Ersatzfreiheitsstrafen, die mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen verbunden den Protest gegen die Atompolitik nochmals thematisieren könnten. Ein Prozesstraining (Presseerklärung) wurde angesetzt, um uns auf die Prozesse vorzubereiten und Erfahrungsaustausch zu betreiben.

Neckarwestheim-Bußgeldprozess [Stand: März 2002]

Zwei AktivistInnen aus Magdeburg hatten am 28.3. um 15:00 im Amtsgericht Ludwigsburg (Schorndorfer Str. 39) ihren Prozess gegen das Bußgeld von 536,- DM. Zur Begleitung gab es in Magdeburg etliche öffentlichkeitswirksame Aktionen. Da es mittlerweile eine ganze Menge Material zu diesem Prozess gibt, haben wir eine spezielle Seite dafür zusammengestellt.

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