2013-03:Gentechnik

Aus grünes blatt
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Agrogentechnik und ihre Seilschaften

Neues vom Acker (machen)!

jb Gießener FeldbefreierInnen
c/o Projektwerkstatt, Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen, 06401/903283
saasen@projektwerkstatt.de, www.biotech-seilschaften.de.vu


2013: ein Jahr ohne gv-Pflanzen auf Äckern in Deutschland

2013 war das erste Jahr seit Langem, in welchem keine gv-Pflanzen in Deutschland standen. Als Letztes gab das IPK in Gatersleben bekannt, auf die Aussaat des gv-Winterweizen zu verzichten. Damit blieb das ganze Jahr frei von gv-Pflanzen draußen - leider nur in Deutschland (und einigen anderen Ländern). Was NGOs, Grünenapparate, Schweizer VolksabstimmlerInnen usw. aus Hasenfüßigkeit nie zu fordern wagten (aber dann in einigen Zeitungen als ihr Verdienst abfeierten - wie peinlich ist das denn?), wurde Realität - geschaffen durch die brisante und wirksame Mischung aus Kritik, Enthüllungen über Motive und Interessen sowie direkte, militante und kreative Aktionen. Das war, ist und bleibt es, was sie nicht mögen!

Vortrag als Rückblick lief schon in einigen Orten

Die neue Ton-Bilder-Schau „Die Mischung macht's!“ bietet einen Rückblick auf die Kämpfe gegen die Agrogentechnik. Schwächen und Stärken werden analysiert, was auch für zukünftige Kampagnen und andere Themen wertvolle Hinweise geben kann. In Stuttgart und auf der Herbsttour durch Bayern (15.- 22.11.) lief die neue Schau bereits mehrfach. Wer sie zudem zu sich einladen will, findet Informationen zu diesem und anderen Veranstaltungsangeboten auf www.vortragsangebote. de.vu.

Was folgt 2014?

Prognosen über das neue Jahr sind schwierig. Der gv-Weizenversuch des IPK Gatersleben bleibt auf der Liste der möglichen Felder. Das Genehmigungsverfahren ist nach wie vor beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit anhängig. Aussaat aber wäre erst wieder im Herbst. Auf EU-Ebene steht die Entscheidung über die Zulassung einer Pioneer-Maissorte kurz vor dem Abschluss. Das könnte erneuten kommerziellen Anbau bedeuten (wie zuletzt beim MON810). Beim kommerziellen Anbau muss ein Eintrag mindestens drei Monate vorher auf www.standortregister.de erfolgen - ein kritischer Blick darauf wird also lohnen.

Schon wieder die Meldung: Monsanto steigt aus gv-Saatgut in Europa aus

Ist ja ein bisschen langweilig, aber offenbar versuchen immer wieder Medien, mit Meldungen über Monsanto AbonenntInnen zu ködern. Tatsächlich haben Monsanto und alle anderen Agrarkonzerne schon 2011 diesen Entschluss gefasst, nachdem weder in der öffentlichen Meinung ein Durchbruch gelangt noch die Felder gegen FeldbefreierInnen geschützt werden konnten. Hier der Text von dpa, gemeldet am 14.11.2013: „Der US-Agrarkonzern Monsanto will Deutschland als Markt für gentechnisch verändertes Saatgut vorerst aufgeben. "Wir lassen unsere Pläne ruhen, solange die politische Situation so verfahren ist wie derzeit", sagte Deutschland-Geschäftsführerin Ursula Lüttmer-Ouazane der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" vom Mittwoch (13.11.2013).
Das Unternehmen, das seinen Deutschlandsitz in Düsseldorf hat, steht wegen seines Saatguts in der Kritik. Man wolle nun an seinem Image arbeiten, so Lüttmer-Ouazane. Monsanto erwirtschafte derzeit weit mehr als 99 Prozent des Umsatzes in Europa mit konventionellem Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. "Trotzdem werden wir vor allem als Biotechnologiefirma und nicht als Pflanzenzüchter wahrgenommen. An diesem Bild wollen wir arbeiten", sagte sie. Der US-Konzern hatte im Sommer mehrere Anträge auf Genpflanzen-Anbau in der EU zurückgezogen.

Akteneinsicht in Förderunterlagen gerichtlich durchgesetzt

Seit 2009 wehrten sich die Förderstellen der Agrogentechnik gegen den Einblick ihre Unterlagen. Ständig verzögerten sie, spielten auf Zeit, so dass erst im Sommer 2013 die Entscheidung vor Gericht fiel. Nun ist auch die zweite Instanz durch - und der Sieg über die Agrogentechnikseilschaften hat Bestand. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat den Berufungsantrag gegen das Akteneinsichtsurteil von Gießen (siehe im letzten „grünen blatt“) zurückgewiesen. Damit ist rechtskräftig, was etliche deutsche Universitäten inzwischen in vielen Briefen an das Gericht zu einer Horrorvorstellung erklärt haben: Jedermensch darf in die Förderakten des Biosicherheitsprogramm (Förderprogramm der Bundesregierung zur Agrogentechnik) reingucken. Fast komplett. Die Akten lagern in Jülich im (Kern-)Forschungszentrum - und nun wird sich zeigen, ob solche Einrichtungen nicht nur jahrelang Gesetze missachten, sondern auch Gerichtsurteile. Viereinhalb Jahre hat das Forschungszentrum mit schmutzigen Tricks die Akteneinsicht zu verhindern versucht. Werden sie neue schmutzige bis illegale Tricks finden? Die ganze Story mit den Urteilen steht unter [1].

Union und SPD bei Gentechnik uneins

Laut dpa gab es beim Thema Gentechnik interessante Fronten in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. «Wir wollen keinerlei Freisetzung», sagte die SPD-Umweltpolitikerin Ute Vogt am Donnerstagabend in Berlin. Die SPD wolle Gentechnik auf den Feldern nicht einmal zu Versuchszwecken. Das war nicht immer so - manch ein SPDler in der entsprechenden Fachgruppe der Koalitionsverhandlungen war mal flammender Gentechnikfan, z.B. Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern. Der offensive Protest hatte ihn in den letzten Jahren in eine ablehnende Haltung gebracht - ein Erfolg des kreativen und vielfältigen Widerstandes ohne Grabenkämpfe zwischen Umweltverbänden und unabhängigen AktivistInnen in dem Bundesland.
DPA weiter: „Die amtierende Parlamentarische Umwelt-Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) wandte sich aber gegen den Vorstoß, ein Verbot in Deutschland durchzusetzen, indem den EU-Mitgliedstaaten ihr Vorgehen freigestellt wird. «Wenn wir das beginnen in einem Rechtsbereich, haben wir es schwierig, auch in Zukunft Standards in der ganzen EU umzusetzen.» Es solle nicht jedes Land entscheiden können, was es macht. Vogt sagte, dieser Punkt werde möglicherweise nicht in der Arbeitsgruppe entschieden, sondern von den Spitzen der geplanten Koalition. SPD und CSU seien sich bei der Ablehnung der Gentechnik hier näher als CDU und CSU.“

Welternährungspreis für Monsanto und Syngenta - wie bitte?

2013 wurde der Welternährungspreis (World Food Prize) an Führungskräfte von Monsanto und Syngenta verliehen, für ihre Pionierarbeit in der Gentech-Forschung. Die Entscheidung sorgte weltweit für Empörung (www.gmwatch.org/index.php/news/archive/2013/ 15119) und führte zu Protesten, Petitionen mit hunderttausenden Unterschriften, Gegenkonferenzen und sogar einem alternativen Preis, dem Preis für Ernährungssouveränität. Der Welternährungspreis wird von Monsanto, Syngenta und anderen gleichgesinnten Organisationen massiv gesponsert, somit haben sich die Biotech-Unternehmen im Grunde selbst geehrt. (www.gmwatch.org/index.php/news/ archive/2013/15122)

Urteil im Maulkorbverfahren von Saarbrücken

Am Ende schienen alle müde. Das kräftezehrende Verfahren um das von führenden GentechniklobbyistInnen angestrengte Verbot kritischer Bücher, Internetseiten, Vorträge usw. vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken sollte bei den noch wenigen offenen Punkten mit einem Vergleich enden. Doch Uwe Schrader und Kerstin Schmidt, eher die Looser der letzten Jahre (ihre Schein-, Lobby- und Gentechfirmen gerieten ja unter die Räder des Protestes), widerriefen den Vergleich. So wurde am 15.11. ein Urteil gesprochen. Es verbietet Aussagen, die ohnehin nie gefallen sind. Von Bedeutung ist es daher nicht mehr. Die Teile der deutschen Gentechnikseilschaften, die solche Verbote erreichen wollten, sind vom kreativen Protest weitgehend zerrieben.

Zitat

Bruce M. Owen and Ronald Braeutigam beschreiben in ihrem 1978 veröffentlichten Buch „The Regulation Game: Strategic Use of the Administrative Process“(„Das Regulierungsspiel: Die Strategische Nutzung Administrativer Prozesse“), wie Unternehmen die Kontrolle über die Entscheidungen von Regulierungsbehörden erlangen können: „Regulierungspolitik erfolgt zunehmend unter Einbeziehung von Experten, vor allem Wissenschaftlern. Ein reguliertes Unternehmen oder Branche sollte versuchen, diese Experten so weit wie möglich auf ihre Seite zu ziehen. Am effizientesten ist es dabei, die leitenden Experten in jedem einzelnen der relevanten Bereiche zu identifizieren und sie als Berater zu engagieren oder ihnen Forschungsstipendien und ähnliches zu gewähren. Dieses Tun erfordert ein gewisses Fingerspitzengefühl; es darf nicht zu offensichtlich sein, denn die Experten dürfen nicht merken, dass sie ihre Objektivität und Handlungsfreiheit verloren haben. Ein Programm dieser Art reduziert zumindest die Bedrohung, dass die leitenden Experten dafür zur Verfügung stehen, gegen die Interessen der regulierten Unternehmen auszusagen oder zu schreiben.“ (Quelle: GM-Watch Nr. 336)

Gericht in Mexiko stoppt Anbau gentechnisch manipulierter Nahrung

Lateinamerika, Ursprung vieler Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln, Bohnen und Mais zückt die Rote Karte gegen einzelne profitorientierte Konzerne, die gefrässigsten Pflanzenschädlinge dieser Erde. Nimmersatt war gestern. Das wahre Gold unseres Planeten sind die fruchtbaren Böden, die im Laufe der Evolution im Einklang unzähliger Lebewesen entstanden und diese in ihrer Vielfalt ernährten. Der Kreislauf der Natur, geschädigt und unterbrochen durch Raubbau und Bereicherung weniger, die das „Recht des Stärkeren” durchsetzten. Das 21. Jahrhundert zeigt an Erfolgen, dass es sich lohnt, den aussichtslos erscheinenden Kampf gegen die Agrarmafia aufzunehmen.
Am Donnerstag, den 10. Oktober 2013 - unmittelbar vor der am Wochenende weltweit durchgeführten zweiten Kampagne „Millions March against Monsanto” - erliess das Zwölfte Bundesbezirksgericht für zivile Angelegenheiten in der Hauptstadt Mexiko folgendes bahnbrechende Urteil: „Das Landwirtschaftsministerium von Mexiko (Secretaría de Agricultura, Ganadería, Desarrollo Rural, Pesca, y Alimentación - SAGARPA) und die Zulassungskontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit (Secretaría de Medio Ambiente y Recursos Naturales - SEMARNAT) werden angewiesen, alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Anpflanzung von transgenen Mais im Land einzustellen und die Erteilung von Genehmigungen für Versuche und Pilotprojekten der kommerziellen Pflanzungen zu beenden.“
Grundlage für diese Entscheidung war die Überzeugung des Gerichts, dass von diesen gentechnisch manipulierten Pflanzen und Saatgut der Biotechnologie Gefahr drohender Schäden für die Umwelt ausgeht, zitierte Richter Jaime Eduardo Verdugo J. aus dem Urteil. Wissenschaftliche Studien wurden bei der Entscheidung berücksichtigt, die das Kreuzen (Austausch) von Genmaterial in herkömmliche gezüchtete und wilde Sorten belegten.
Konzerne wie Monsanto, Bayer CropScience oder Pioneer sind mit dem sofortigen Verbot beauflagt, transgenen Mais in die mexikanische Landschaft einzubringen - so lange wie durch kollektives Handeln die Klagen von Bürgern, Bauern, Wissenschaftlern und Organisationen der Zivilgesellschaft ihren Weg durch die Justiz nehmen.
Eingereicht hatte die Sammelklage beim Gericht ein breites Bündnis, das sich unter „Acción Colectiva” zusammengeschlossen hatte - geleitet von Pater Miguel Concha vom Human Rights Center Fray Francisco de Vittoria und unterstützt von Victor Suarez von ANEC (National Association of Rural Commercialization Entertprises) sowie Dr. Mercedes Lopéz von Vía Organica und der Lehrerin Adelita San Vicente, Mitglied bei Semillas de Vida.
Die Entscheidung erlaubt nun auch „Strafanzeige gegen die zuständigen Behörden für die Einführung von transgenem Mais in unserem Land zu stellen”, stellte Rene Sanchez Galindo, Rechtsbeistand der Kläger, fest. (Quelle: www.radio-utopie.de/2013/10/15/urteil-verbot-von-gen-mais-in-mexiko-tritt-sofort-in-kraft/)

Glyphosat unter Druck?

Das Patent ist abgelaufen, die Gewinne eingestrichen und gesundheitliche Schäden aufgetreten. Darf nun endlich Kritik benannt werden? Laut einer Presseinformation vom 15.11.2013 des Umweltministeriums Brandenburg hat die Umweltministerkonferenz eine umfassende Prüfung der Wirkungen glyphosathaltiger Mittel auf den Weg gebracht. Bis zur Frühjahrs-UMK soll die Bundesregierung diese Neubewertung vorlegen. „Wir nehmen die Sorgen in der Bevölkerung ernst. Vorsorglich sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, um Einträge von Glyphosat in die Umwelt zu vermindern“, so Umweltministerin Anita Tack. Sie plädierte dafür, weitere Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zur Bewertung des Stoffes einzubeziehen.

UN-Report verlangt Umdenken in der Landwirtschaft

Ein neuer Report der UN ist ein Handlungsaufruf für eine Umorientierung - weg von der intensiven Landwirtschaft und Gentechnologie, und hin zu grösserer Nachhaltigkeit. Der Report betont, dass Hunger und Mangelernährung hauptsächlich durch Armut und fehlenden Zugang zu Land verursacht werden, nicht durch einen globalen Mangel an Nahrungsmitteln. (www.gmwatch.org/index.php/news/archive/2013/15073)

Petition „Saatgutvielfalt in Gefahr“ erhielt 95.000 Unterschriften

Mit 95.000 Unterzeichnungen am Ende der Zeichnungsfrist hatte die deutschsprachige Petition „Saatgutvielfalt in Gefahr“ eine überwältigende Resonanz. Ein Dank ging an alle, die unterzeichnet haben!

Solidarische Landwirtschaften: Neue Keimzellen schaffen!

Immer wieder sei auf die Idee solidarischer Landwirtschaft hinweisen, denn es wird nötig sein, mehr zu verändern als die Gentechnik von Feldern und aus Ställen zu verbannen. Solange die Logiken von Eigentum, profitorientierter Vermarktung und Konkurrenz im Vordergrund stehen, wird das Höfesterben weitergehen. Es gilt, solidarische Kooperationen zwischen allen Beteiligten zu schaffen und nicht - wie leider beim eigentlich guten Projektansatz der „Fairen Milch“ geschehen - die Härten des Marktes in die Projekte zu lassen. Solidarische Landwirtschaften, an einigen Orten schon am Werkeln oder in der Entstehung, stellen eine Möglichkeit dar, eine bedürfnisorientierte Lebensmittelproduktion jenseits des Marktes zu schaffen: Die VerbraucherInnen helfen mit und/oder finanzieren gemeinsam die landwirtschaftliche Arbeit z.B. eines Hofes. Dort wird dann genau das angebaut, was die AbnehmerInnen wünschen. Verkauf und Vermarktung fallen weg. Beispiele und Informationen finden sich auf www.solidarische- landwirtschaft.org.

Bertram Verhaag: Gekaufte Wahrheit

(2010, DENKmal-film in München, DVD in zwei Versionen mit 60 bzw. 88min, 16,90 bzw. 19,90 €) Der passende Film zum Thema Gentechnik-Seilschaften. Aufgezeigt wird der Druck, der auf ForscherInnen lastet, die zum Thema arbeiten. Wer kritische Ergebnisse liefert, wird eingeschüchtert, entlassen oder sogar in der wirtschaftlichen Existenz vernichtet. Eindrucksvoll zeigt der Film das an bekannten Fällen von Àrpád Pusztai über Ignacio Chapela, Antônio Andrioli und Jeffrey Smith bis Andrew Kimbrell. Da der Filmemacher Bertram Verhaag auch auf altes Material zurückgreift, wirkt „Gekaufte Wahrheit“ phasenweise wie eine zweite Auflage des Klassikers „Leben außer Kontrolle“. Wer immer nach einem aufrüttelnden Film sucht für einen einführenden Infoabend, kann zwischen den beiden entscheiden. Mehr: www.denkmal-film.com.


Bücher zur Umwelt

Susanne Elsen: Ökosoziale Transformation
(2011, AG SPAK in Neu-Ulm, 450 S., 32 €)
Ein dickes Buch der Ideen und Konzepte, die in eher auf Reformen orientierten sozialen Bewegungen und Strömungen in sozialdemokratischen oder ähnlichen Parteien diskutiert werden. Wer in diesen Debatten steckt, wird kaum Neues erfahren. Das Buch eignet sich aber als Überblick - oder wahlweise Einstieg für alle, die noch nicht oder nicht so intensiv schon im Thema sind. Die AutorInnen beleuchten Ansätze solidarischer Ökonomien, gemeinschaftlicher Wohnformen, von Energiegenossenschaften, Regionalwährungen, Allmenden und Commons.

Ausverkauft. Wie das Gemeinwohl zur Privatsache wird
(2009, Edition Le monde diplomatique/taz-Verlag in Berlin, 112 S., 8,50 €)
Ein Buch der düsteren Geschichten: Stück für Stück werden alle Lebensbereiche unter Firmenkontrolle gestellt, vieles dafür erstmals privatisiert und kommerziellem Denken unterworfen. Der ca. A4 große Band zeigt die Abläufe an etlichen Beispielen vom Kampf um die Rohstoffe der Arktis über Bahn-, Renten-, Wissens- oder Wasserprivatisierung bis zu Söldnern und Wachschutz als private Armeen im eigentlich öffentlichen Raum.

Mycle Schneider/Antony Froggatt/Julie Hazemann: Der Welt-Statusreport Atomindustrie 2012
(2012, Eigenverlag und taz-Verlag in Berlin, 103 S.)
Zahlen, Schaubilder und Beschreibungen machen den Band im A4-Format zu einem Nachschlagewerk: Welche Atomkraftwerke werden wo gebaut, wo stillgelegt? Wieviele wurden wann verhindert und was sind weitere Planungen? Wer wissen will, wie es auf der Welt bzw. in den einzelnen Atomländern aussieht und in welche Richtung es sich entwickelt, ist mit diesem Werk gut bedient. Nach zahlreichen Tabellen und Diagrammen werden Regionen und Länder genauer beschrieben.

Harald Welzer: Klimakriege
(2008, S. Fischer in Frankfurt, 335 S.)
Ein aufwühlendes Buch zu mehr als den Folgen des Klimawandels. Der Autor, bekannt durch etliche spannende Bücher in einer bemerkenswerten Themenbreite, beschreibt die Gefahr von Kriegen als Folge von Umweltzerstörungen - sei es Dürre, Überschwemmungen oder Wasserknappheit. Mehrere Texte zeigen, dass Gewaltausbrüche und kriegsähnliche Auseinandersetzungen auch bereits geschehen sind. Das Buch klärt auf, aber macht auch Angst - vor allem, weil es schon mehrere Jahre alt ist und wenig bzw. nichts passiert, dieses heraufziehende Desaster zu verhindern.

Bertram Verhaag: Spaltprozesse
(1987, DENKmal-film in München, DVD 91min, 10,90 €)
Einer der beeindruckendsten Filme des Widerstandes gegen die Atomkraft. Bertram Verhaag zeichnete den Kampf gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf nach. Es war eine der intensivsten Auseinandersetzungen noch in einer Zeit, in der die Mächtigen davon träumten, das geld- und atomwaffenbeschaffende Geschäft mit der strahlenden Materie ausbauen zu können. Intensive Eindrücke und Bilder gehen unter die Haut und zeugen von einer Zeit, in der der lange Weg in den Ausstieg noch auf den ersten Metern war (Bestellungen über www.denkmal-film.com).


Bücher zu Landwirtschaft und Ernährung

Thomas Kruchem: Der große Landraub
(2012, Brandes&Apsel in Frankfurt, 144 S., 12,90 €)
Die Vertreibung vieler BäuerInnen vom seit langer Zeit selbständig bewirtschafteten Land ist einer der Gründe für Hunger und Verelendung. Dieses Buch benennt Beispiele aus verschiedenen Ländern - über die Kontinente des globalen Südens gestreut. So werden die Folgen besonders eindrucksvoll sichtbar. Die Opfer profitgieriger Konzernpolitiken und der sie unterstützenden Regierungen bekommen Namen und Gesichter. Fotos begleiten die Stories, die bedrücken.

Lutz Holzinger/Clemens Staudinger: Schwarzbuch Raiffeisen
(2013, mandelbaum in Wien, 227 S., 16,90 €)
Der Blick hinter die Kulissen des Agrarkonzerns Raiffeisen ist aus mehreren Gründen wichtig. Zum einen spielt Raiffeisen eine prägende Rolle beim Umbau der Landwirtschaft zu einer rein auf ökonomische Ziele ausgerichteten Produktionslandschaft (letzteres im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich meist weitgehend ausgeräumt, weil maschinengerecht). Das Buch zeigt die Verwicklungen, Strategien und verdeckten Vorgehensweisen. Zum anderen aber entzaubert das Buch alle, die Genossenschaften oder Selbsthilfeorganisationen per se für eine Lösung halten. Dann wären die LandwirtInnen bei Raiffeisen in guter Hand. Doch offenbar zählt die Praxis, nicht der formale Rahmen.

Bertram Verhaag: naturGerecht - ein DVD-Buch
(2013, www.DENKmal-film. com in München, 9 DVDs mit ca. 400min, 29,90 €)
Es sieht aus wie ein Buch, enthält auch einige Text - aber mensch blättert durch DVDs. Die dicken Seiten enthalten Laschen, in die insgesamt neun DVDs eingesteckt werden. Sie alle handeln von Alternativen in der Landwirtschaft und zeigen vor allem konkrete Beispiele, Höfe, Betriebe und Porträts. Im Mittelteil findet sich je eine Seite pro DVD, bestehend aus Text und Foto. Davor stehen zwei Seiten über Bertram Verhaag, dem Macher alle dieser Filme. Ein kleiner Bonus ist eine Sammlung von Trailern zu weiteren Filmen, die von DENKmal herausgegeben wurden. Die einzelnen Filme:

  1. Der Agrar-Rebell (über Sepp Holzer und seine Permakultur in den Salzburger Alpen)
  2. Andeer ist anders (über Biokäse in Graubünden und Martin, für den „Zur Alp gehen“ mehr als ein Ferienjob ist)
  3. Der Bauer, der das Gras wachsen hörte (Michael Simml und sein Biohof im Porträt)
  4. Der Bauer mit den Regenwürmern (Sepp und Maria Braun in ihrem Ringen um mehr Bodenfruchtbarkeit)
  5. Ehrfurcht vor dem Leben (ein Film über Karl Schweisfurth mit dem Untertitel „Lasst uns über das Töten reden“)
  6. Kartoffelliebe (über die alten Sorten wie Linda, Sieglinde & Co.)
  7. Der Landhändler (vorge stellt wird der Betrieb von Jo sef Feilmeier, der „ganz ohne Gentechnik“ arbeitet)
  8. Der Ökobräu im Altmühltal (Das Riedenburger Brauhaus - wo Dinkel und Emmer zu Bier gemacht werden)
  9. Sekem (wie mit der Kraft der Sonne nördlich von Kairo eine Wüste zur fruchtbaren Landwirtschaft wurde).