2017-02:Konflikt im grünen blatt

Aus grünes blatt
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Über Herausforderungen in einem "offenen Medium"

Konflikt im grünen blatt

fb Einigen ist es bereits aufgefallen, dass die Pause seit der Frühjahrsausgabe des grünen blattes bis zu diesem Heft deutlich größer ist, als das selbst bei diesem Projekt gewohnt ist. Nicht nur das, die geplante Sommerausgabe ist ganz ausgefallen und auch die für den Herbst geplante dritte, nun zweite Nummer für das Jahr 2017 kommt nun erheblich später. Was sind die Gründe?

Im Frühjahr entzündete sich aus einem bereits seit Jahren schwelenden Konflikt über den Umgang einer projektbeteiligten Person miteinander in der Redaktionsgruppe und mit Anderen eine eskalierende Auseinandersetzung, die leider über das bekanntermaßen für konstruktive Streitkultur ungeeignete Medium E-Mail lief. Auslöser war die Weigerung der Betreffenden die Verantwortung für die Druckkosten der von ihr verantworteten Herbstausgabe 2016 zu tragen, nachdem offenkundig geworden war, dass jenes Heft ohne Absicherung der Finanzierung bei der Druckerei in Auftrag gegeben worden war.

Der folgende Streit drehte sich zuerst um die Frage, wer für das Desaster verantwortlich zu machen sei, bewegte sich aber bald von diesem Ausgangspunkt zu einer Auseinandersetzung über Ansprüche an das Verhalten miteinander. Hierbei kristallisierten sich zwei "Lager" heraus - eine Gruppe von Redaktionsbeteiligten, die erklärtermaßen Produktivität über das Wohlbefinden der im Projekt Betroffenen stellen, auf der einen Seite, und Andere, die rücksichtsloses Verhalten, aggressives Attackieren von Kritiker*innen und die Folgen, die dies für die Angegriffenen hat, relevant und damit einen fairen Umgang innerhalb des Projekts mindestens genauso wichtig wie den Output des Projekts fanden.

Da niemand eine "neutrale" und "wahre" Sicht der Vorgänge wiedergeben könnte, sich in der Folge aber gezeigt hat, dass zumindest die Zusammenarbeit mit der einen Person, an der sich der Konflikt eskaliert hat, nicht mehr möglich war, und diese Folgen sich auch auf das Umfeld des grünen blatts auswirken, hielten wir es für notwendig die Problematik in dieser Ausgabe zu thematisieren. "Wir", das sind diejenigen, die die Position vertraten, dass der menschliche Umgang innerhalb dieses Projekts, aber auch generell im Verhältnis zu Mitstreiter*innen grundlegend für ein emanzipatorisches Vorhaben sind, und die sich seit dem Überschreiten des Höhepunkts der Eskalation innerhalb der Redaktion (wo klar wurde, dass ein "zusammen" nicht mehr machbar erscheint) bemüht haben die Auseinandersetzung möglichst konstruktiv, lösungsorientiert und auch ergebnisoffen zu führen.

Leider war von der anderen "Partei" keine Bereitschaft zu erkennen, den Konflikt zu bearbeiten und möglichst zu lösen. Weder tauchte die betreffende Person bei dem Krisentreffen, das wir im Sommer in Göttingen organisierten und zu dem extra eine außenstehende Moderator*in einbezogen worden war auf (obwohl es entsprechende Ankündigungen per E-Mail gab), noch wurde auf die Nachfrage, wie ihrer Meinung nach politisch korrekt und entsprechend dem Konzept der Offenheit mit einem Konflikt wie diesem umgegangen werden könnte, geantwortet. Auch auf die Einladung und den ausdrücklichen Wunsch um eigene Darstellung der Konfliktlage mittels eines Textbeitrages zu diesem Heft wurde von "der anderen Seite" nicht eingegangen (es gab lediglich eine kurze Antwortemail mit ausdrücklichem Hinweis diese sei nicht zur Veröffentlichung bestimmt) - wodurch wir die unglückliche Situation haben, dass die verschiedenen Beiträge und Sichten auf den Konflikt innerhalb des grünen blatts ausschließlich von Vertreter*innen der einen Seite verfasst wurden. Es bleibt zu hoffen, dass diese Texte zumindest teilweise so selbstkritisch formuliert sind, dass es möglich wird sich ein realitätsnahes Bild von der Auseinandersetzung zu machen.

Im Folgenden sind zunächst die gemeinsame Stellungnahme eines Teils der offenen Redaktion und dann einige einzelne Analysebeiträge aufgeführt.


Stellungnahme Einiger aus der offenen Redaktion

Liebe Menschen um das grüne blatt,

wir denken, dass das Konzept "offenes Medium" beim grünen blatt gescheitert ist. Die Grundprinzipien eines offenen Projektes wie z.B. der für alle gleichberechtigte Zugang zum Projekt und die damit einhergehende Offenheit werden nicht mehr umgesetzt.

Die Überlegungen, das grüne blatt als Offenes Medium zu gestalten haben vor über 10 Jahren stattgefunden. Das Konzept wurde aber schon seit längerem nicht mehr wirklich umgesetzt. Es wird seit vielen Jahren nicht mehr diskutiert, wie das grüne blatt seinen offenen Ansatz umsetzen und erhalten kann, wie es um die Offenheit bestellt ist und was diese Offenheit für die Beteiligten bedeutet. Das bedeutet, dass das grüne blatt eigentlich schon länger de facto kein offenes Medium mehr ist, aber es bisher noch nicht konstatiert worden ist.

Wie bereits geschrieben (Redaktions-Mailingliste vom 18.6.2017) halten wir für die Realisierung eines offenen Projekts die soziale Dimension, wie beispielsweise den Umgang miteinander für wichtig – damit auch wirklich alle mitmachen können und sich wohlfühlen. Wenn z.B. sexistisches Verhalten toleriert wird, ist es kein offener Raum mehr, da dann die Betroffenen nicht mehr mitmachen können und somit ist es auch kein wirklich offenes Projekt. Ebenso verhält es sich mit anderen diskriminierenden, unsolidarischen oder verletzenden Verhaltensweisen.

Die konkreten Auslöser für die aktuelle Krise sind Vorfälle von verletzenden Verhaltensweisen und dass die betreffende Person nicht einsieht ihr Verhalten zu ändern, was dazu führt, dass andere wiederum nicht mehr mitmachen können. Es wurde versucht das Problem mittels einer Intervention zu lösen, aber auch das ist gescheitert, da das verletztende Verhalten gegenüber Einzelpersonen fortgesetzt wurde. Die grbl-Liste (offene Redaktions-Mailingliste - Anm. d. Red.) ist weiterhin ein unangenehmer Ort, über den mehrere Leute nicht mehr kommunizieren können.

Auch ein Gesprächsangebot (selbstkritisch, miteinander und im Dialog) wurde nicht wahrgenommen. Es haben sich nur 2 Leute hierfür bereit erklärt, nicht aber die betreffende Person. Wir befinden uns daher in einem Patt, in dem es nicht mehr möglich ist, miteinander zu reden, aber sich auch nichts am Umgang miteinander ändert.

Das Projekt ist aktuell nicht mehr arbeitsfähig. Mehrere Leute haben geäußert, dass es so nicht weiter geht. Deshalb betrachten wir das grüne blatt als OFFENES Medium als gescheitert; aber Einige werden als solidarisches Kollektiv einen Neuanfang wagen.

6. August 2017


Meine Wahrnehmung des Konfliktes im grünen blatt

reka Die Ursache des Konflikts ist das verletztende Verhalten einer Person gegenüber Anderen, woraufhin ein Mensch sich nicht mehr in der Lage sah an dem Projekt teilzunehmen. Das verletzende Verhalten in diesem Fall ist vor allem als Gaslighting bekannt (Kompositum aus engl. gas und lighting, dt.: „Gaslichtern“). Das ist eine Form von psychischer Gewalt, mit der Opfer gezielt desorientiert und manipuliert werden und ihr Selbstbewusstsein allmählich deformiert bzw. zerstört wird (siehe z.B. Wikipedia). Die so verletzte Person hat dies nicht mehr ausgehalten und konnte so an dem Projekt nicht mehr teilnehmen, weshalb es auf Grund dieses Verhaltens auch kein Offenes Projekt mehr war und das Zeitungsprojekt für Monate gelähmt und nicht arbeitsfähig war.

Selbst die Versuche zur Rettung des Projekts durch Intervention und einberufene Treffen wurden von dem Täter ignoriert und das Projekt nur weiter öffentlich diffamiert, so dass sich Teile des Redaktionskollektives dazu gezwungen sahen, um die Arbeitsfähigkeit des Projekts wieder herzustellen, das Prinzip der Offenheit in diesem Projekt zum Scheitern zu erklären. Zum Schutz der Menschen in diesem Projekt vor psychischen Übergriffen hat sich nun ein Redaktionskollektiv zusammengefunden, dass sich statt des Prinzips der Offenheit, den Prinzipien des solidarischen, reflektierten und selbstkritischen Umgangs miteinander verschrieben hat, wodurch ähnliche Vorfälle in Zukunft vermieden werden sollen. Ich sehe das Projekt grünes blatt deshalb nicht als gescheitert an, sondern es hat sich weiterentwickelt. Gerade bei emanzipatorischen politischen Projekten, wo viele verschiedene Menschen zusammen kommen und versuchen eigene Ideale schon heute zu leben und praktisch umzusetzen, ist es doch normal, dass durch "trial and error" Verschiedenes im Sinne einer freien, hierarchiekritischen Gesellschaft probiert wird, aber mensch auch die Stärke und den Mut besitzen sollte, einzusehen, wenn bestimmte Ideen oder Ideale sich theoretisch nett anhören, aber so nicht realisierbar sind, weil Menschen nun mal Ecken und Kanten haben...


Wer so offen ist, kann nicht ganz dicht sein

- oder eine weitere Geschichte des Scheiterns -

jes Das Projekt „grünes blatt“ hat vor ein paar Jahren ein Experiment gestartet. Die am meisten Aktiven wollten das Konzept von offenen Räumen auf die Zeitschrift übertragen. Dabei war die Euphorie für offene Räume hoch, die Probleme wenig präsent und so wurden sich auch keine Gedanken gemacht, wie mit den Problemen von offenen Räumen umgegangen werden kann und ob es eigene Ideen für Projekte geben muss die nicht in physikalischen Räumen stattfinden. Dieser Artikel ist nur eine Perspektive auf die Folgen dieser Entscheidung an welcher der Autor selbst beteiligt war. Dabei geht es mir nicht um Schuldzuweisung sondern um eine subjektive Analyse und Erklärung der Situation in der Hoffnung das selbst unser Scheitern anderen Helfen kann, offenere Projekte zu entwickeln.

Offene Räume

Die Ideen der „offenen Räumen“ klingen meist sehr simpel. Es soll Räume geben die für jede*N (oft auf Menschen beschränkt) offen stehen. Das bedeutet, dass es weder Zugangsbeschränkungen noch Ausschlussmöglichkeiten geben soll. Ein „offener Raum“ soll ein Experiment innerhalb der Gesellschaft sein, in dem andere Regeln, nämlich keine, bestehen.

Was in der Theorie nach Freiheit klingt, hat sich in den reel existierenden Projekten meist zu einer „Diktatur“ der Stärksten entwickelt. Dabei sind die genauen Ausprägungen der „Stärke“ so unterschiedlich wie die Projekte. Manche Menschen halten einfach mehr aus als andere, wieder andere haben weniger Skrupel und noch andere können sich besser organisieren. Interessanterweise haben sich in den Projekten aber fast immer Menschen durchgesetzt, die auch im Mainstream durchsetzungsfähig sind. Ein „offener Raum“, der von Menschen dominiert oder auch nur aktiv genutzt wird, die sonst keine Räume in der Gesellschaft haben, ist mir unbekannt.

Das größte Problem, das in offenen Räumen besteht, ist meiner Meinung nach die Gefahr von Übergriffen - sowohl physisch wie psychisch. Darin unterscheiden sie sich nicht vom Rest der Gesellschaft. In der etablierten Gesellschaft soll Repression die Menschen vor diesen Übergriffen schützen. Dies gelingt auch zu einen gewissen Grad, bringt aber gleichzeitig neue Übergriffe, meist vom Staat mit sich.

Als Gegenentwurf gibt es für offene Räume die Idee einer direkten Intervention. Dabei soll jedoch nicht gegen ein Wesen sondern gegen ein Verhalten interveniert werden, ohne anderes Verhalten oder die Nutzung des Raumes für irgendjemand zu verhindern. Wie das möglich sein kann ist mir schon immer etwas unklar geblieben, insbesondere weil von manchen VertreterInnen der „offenen Raum“-Idee gefordert wird, keinerlei Machtmittel im Rahmen einer Intervention einzusetzen. Dabei wird aber übersehen, dass ohne jegliches Machtmittel eine Intervention erfolglos bleiben wird, wenn die Menschen, die übergriffig sind, sich nicht ändern wollen oder können.

Die Geschichte vor dem Konflikt

Die Idee des offenen Raumes im „gruenen blatt“ ist genau so gelaufen wie in den meisten offenen Räumen. Wenige Menschen haben das Projekt dominiert, andere immer weniger kommuniziert. Es wurden diverse Machtmittel eingesetzt, die aber informell blieben und schwer zu greifen waren. Im Gegensatz zu offenen Raum Projekten die in physikalischen Räumen stattfinden, hat dies meist nicht zum kompletten Verlassen der Personen geführt, sondern es möglich gemacht, dass sie immer noch soweit sie wollten oder konnten an unauffälligen Stellen weiter mitgemacht haben.

Das war zum einen gut, hat aber zum anderen dazu geführt, dass die Konflikte weniger sichtbar wurden. Der Umgang auf der Mailingliste des Projektes „grünes blatt“ war aber für viele so hart, dass Viele, die an dem Projekt interessiert waren, kaum noch über die Liste kommunizierten, oder sie gleich komplett verlassen haben.

Das Projekt konnte so existieren, aber einige Menschen sind „verschwunden“, ohne dass es groß aufgefallen ist und die Übriggebliebenen haben das Projekt immer mehr dominiert. Gerade für „neue“ Interessierte war das Projekt auf die Weise uninteressant. Das hat auch dazu geführt, dass einige Menschen immer mehr im Projekt gemacht haben - teilweise aus Notwendigkeit, teilweise aber auch um den Raum, den das Projekt gibt, optimal für sich zu nutzen. Meiner Wahrnehmung nach leider ohne viele Gedanken darauf zu verwenden, ob es für alle im Projekt und darüber hinaus gut so ist.

Der Konflikt

Im Frühjahr diesen Jahres ist dann einer der unterschwelligen Konflikte eskaliert. Der Auslöser des akuten Konfliktes war eine nicht vorhandene Absprache, aus der mindestens eine Person etwas abgeleitet hat, was das Projekt „grünes blatt“ als solches in Gefahr gebracht hat. In einem gut funktionierenden Projekt wäre es keine so große Sache gewesen und selbst in dem schon angeschlagenen Projekt wurde eine Notlösung gefunden, welche das unmittelbare Ende des Projektes verhindert hat. Die Auseinandersetzung über diesen Streit hat aber dazu geführt, dass diesmal Menschen die für das Projekt in der jetzigen Form notwendig waren, weil sie den Großteil der lebenswichtigen Arbeit verrichtet haben, nicht mehr mitmachen wollten. Das Projekt wäre somit zu Ende gewesen. Alleine der Schlagabtausch darüber auf der Mailingliste war so hart, dass mehrere Menschen gegangen sind, unter anderem weil sie psychische Reaktionen von den psychischen Übergriffen, Unterstellungen und Beleidigungen, die auf der Liste immer heftiger wurden, gezeigt haben. Der Wunsch der meisten nach einer Deeskalation durch z.B. Mediation wurde leider von mindestens einer Person nicht geteilt. Diese argumentierte meiner Wahrnehmung nach, dass sie aufgrund der Definition eines „offenen Projektes“ nicht dazu verpflichtet ist und wenn andere den IST-Zustand nicht aushalten eben das Projekt verlassen müssen. Es wurden zwar praktische Lösungen angeboten, zum Beispiel durch Kommunikation über Dritte, aber gleichzeitig mitgeteilt, dass die Übergriffe nicht aufhören werden.

Die Intervention

Da ich der Meinung bin, dass ein Raum in dem nur noch Menschen sein können, die alles aushalten, kein offener Raum ist, habe ich interveniert. Erst mit Worten, als dies aber keinen Erfolg hatte mit einem Machtmittel. Als Mit-Administrator habe ich angekündigt alle Mails die verletzend sind für diejenigen die es wollen zu zensieren. Gleichzeitig aber auch angeboten, dass ich auch denjenigen, welche alle Mails lesen wollen, diese Möglichkeit gebe, indem ich die Mails die ich zensiere an sie weiterleite (was mir aufgrund eines Fehlers bei einer Mail teilweise misslungen ist).

Die Reaktion darauf war von beiden „Seiten“ mich anzugreifen. Die „Verletzten“ fanden, dass ich nicht genug zensiere, weil sie noch immer durch die Mails die ich nicht zensiert habe verletzt wurden, der „Verletzende“ fühlte sich nun durch meine Intervention verletzt, bestand auf seinem Recht weiter zu verletzen und sah in der Intervention nur den Willen von mir meine Position gegen andere durchzusetzen, also in Herrschaft um der Herrschaft willen. Meine Hoffnung, den „Verletzenden“ durch die Intervention entweder zu einer Konfliktlösung zu bekommen oder wenigstens die anderen vor weiteren Verletzungen zu schützen, erwies sich als doppelter Irrtum.

Die LosLösung

Da die Intervention nicht gelungen ist, wurde von den meisten Aktiven angeregt entweder ein völlig neues Projekt zu gründen oder aber die verletzende Person per Machtmittel aus dem Projekt rauszuschmeißen. Mit beidem haben sich die meisten schwer getan, letztendlich haben wir uns aber für den zweiten Weg, den Ausschluss, entschieden. Damit müssen wir feststellen, das Experiment ist gescheitert.

Ich selbst fühle mich damit nicht gut. Und ich habe auch das Gefühl, dass niemand von der Lösung begeistert ist. Im Gegenteil, die Euphorie ist verschwunden, aber die Alternative, dass eine Person durch ihr Verhalten das Projekt einfach kaputt machen kann, erscheint mir sogar noch schlimmer. Einzelne Menschen haben nicht das Recht andere Menschen kaputt zu machen. Wenn das in offenen Räumen erlaubt sein soll, möchte ich keine offenen Räume mehr haben. Leider sind damit die Probleme des Projektes mit seinen formellen und informellen Machtstrukturen und Dominanzen keineswegs gelöst. Es verschafft denjenigen die weitermachen nur eine Atempause, um neue Ideen zu entwickeln ein partizipatives Medium zu schaffen. Wie es ausgeht ist im Moment leider noch ungewiss.

Resümee

Das Projekt „grünes blatt“ ist als offenes Projekt gescheitert. Ob es anders gegangen wäre weiß ich nicht. Die Beteiligten haben es nicht hinbekommen und niemandem ist ein Lösung für alle eingefallen. Gerade wenn Menschen nicht auch sozial kooperieren wollen und einen Ego-Anarchismus vertreten, der davon ausgeht das jeder Mensch dieselben informellen Machtmittel hat und daher ein fairer Kampf alle gegen alle gut ist, kann kein Raum entstehen, der wirklich offen ist. Weder als virtueller Raum, wie man in unzensierten Foren sehen kann, in denen Verletzungen von ForenteilnehmerInnen eher die Regel als die Ausnahme sind, noch in physischen Räumen.

Die Menschen sind nun mal unterschiedlich „mächtig“, also muss man gerade auf die Rücksicht nehmen die benachteiligt sind. Dass schon vor dem Konflikt im Projekt nur noch wenig benachteiligte Menschen teilgenommen haben spricht hierbei Bände. Meine neue Hoffnung ist es nun, dass aus dem grünen blatt ein Projekt wird, dass offener ist als das alte, obwohl es nicht mehr als „offen“ definiert ist. Und ich hoffe, dass möglichst viele Menschen (vielleicht ja auch ihr) daran teilnehmen werden, die bereit sind auch auf die psychiche Gesundheit ihrer MitstreiterInnen zu achten.


Emanzipation oder Mackerfights? - Ein Problem offener Räume

dr Kurz umrissen: Die Redaktion des grünen blattes, ein loser Haufen von Leuten mit sehr unterschiedlich ausgeprägtem Interesse am Erscheinen des Blattes, sehr unterschiedlich ausgeprägtem Engagement, und sehr unterschiedlicher Übernahme von Verantwortlichkeiten, hatte den Konsens, dass grbl als offenes und hirarchiefreies Medium betreiben zu wollen. Es durfte als ausgemacht gelten, dass keine*r rausfliegt, dass alle nach ihrem Gusto sich beteiligen dürfen, und mensch das Blatt auch inhaltlich an emanzipatorischen Zielen ausgerichtet wissen wollte. Gleichzeitig wurde auf feste Regeln verzichtet, alles sollte jederzeit verhandelbar sein. Die Idee des “offenen Raumes“ war maßgebend. Nun ist ein Redaktionsmitglied faktisch rausgeworfen worden, andere sind ausgestiegen, und die Verbleibenden arbeiten an einer Art Satzung, die ein Rahmen für das zukünftige Zusammenarbeiten darstellen soll. Das fiel nicht unbedingt vom Himmel, die Zusammenarbeit einzelner Menschen war schon seit Jahren nicht konfliktfrei, und der Konflikt, an dem alles eskaliert ist, zog sich bis dato auch ein dreiviertel Jahr hin. Für mich interessant ist dieser vor allem, weil er ein Schlaglicht auf ein generelles Problem offener Raume wirft, das so auch andernorts, auch mit anderen Beteiligten, Sprengpotential aufweist und die soziale Unzulänglichkeit des bisher versuchten Konzepts vom offenen Raum illustriert.

Das grüne Blatt reiht sich ein in eine Reihen von Erfahrungen, mit „offenen Räumen“, in denen zu beobachten war, wie die Offenheit und Regellosigkeit, gerade die dreistesten, selbstbewusstesten, unreflektiertesten und erfahrensten, bzw. auch diejenigen begünstigt, die einfach schon am längsten am Platz sind, und an der Stelle, an der in der Theorie freie Vereinbarung stehen sollte, einzelne – in der regel männliche – Macker ihren Gestalltungswillen durchsetzen. Der offene Raum müsste eigentlich, um wie theoretisch vorgesehen funktionieren zu können, ausnahmslos von Menschen bevölkert werden, die über ein Maß an Sozialkompetenz verfügen, an Fähigkeit zu verstehen und zu artikulieren, was ihren Interessen zuwider läuft, und zu erkennen und zu begreifen, wo und wie ihr eigenes Handeln andere einschränkt, das seltenst bis nie anzutreffen sein dürfte. Mindestens aber müsste ein Bewusstsein für diesen Mangel, ein Wissen um die eigene und der anderen Unzulänglichkeit in dieser Angelegenheit da sein, mit dem dann unter einigen Mühen, eine – persönliche, wie gesellschaftliche – Entwicklung hin zu einer größeren sozialen Verständigungsfähigkeit stattfinden könnte. Das setzte aber den Willen, die Zeit und den Rahmen voraus. Alles drei ist oder war in den mir bekannten „offenen Räumen“ und bei der Mehrheit, der daran Beteiligten, nicht vorhanden. Gerade im aktivistisch aktionsorientierten Umfeld ist der offene Raum eher ein Mittel zum Zweck. Eine Aktionsplattform zum Beispiel. Oder eben eine Zeitung. Die Entwicklung sozialer Prozesse wurde und wird praktisch nicht einmal mitgedacht, geschweige denn, dass sie den nötigen gewichtigen Stellenwert zuerkannt bekäme. Das mag pragmatisch sein, um schnell einen großen materiellen Output (in Form von Aktionen, oder Zeitungsnummern, etc.) hinzubekommen, aber der Glaube sich dabei in einem „offenen Raum“ zu bewegen, ist glatter Betrug. Die freie Vereinbarung findet am ehesten in Form patriarchaler Mackerkämpfe statt, der Konsens am Ende ist das Ergebnis des Kampfes; Sieg oder Unentschieden nach Punkten oder K.O. Meistens das letztere in der Form, dass die Mehrheit der irgendwann einmal Beteiligten ihre Beteiligung sein lässt und das Weite sucht. Der Beat im offenen Raum ist abhängig von dem oder den jeweiligen Alphatierchen, das Resultat entsprechend. In technischer Hinsicht (materieller output, oder auch Stimmung) mal gut bis hervorragend, mal katastrophal, oder alles dazwischen. Für eigentlich soziale Prozesse und für eine umfassende Emanzipation der Beteiligten, für das Abwerfen patriarchaler und kapitalistischer Zuschreibungen, ist jedoch kein Raum. Was im übrigen die Paradoxie des Begriffes vom offenen Raum illustriert. Der Raum selber mag offen sein, aber seine Struktur ist (informell) vorgegeben, was sie der freien Vereinbarung und Offenheit entzieht.

Wenn nun Menschen nicht nur eine Zeitung erstellen oder Aktionen machen wollen, sondern dabei auch bewusst soziale Prozesse gestalten möchten, mehr wollen als die Wahl sich zu fügen oder Mackerfights führen zu müssen, braucht es einen Raum, der das hergibt.

Je nach Lesart, ist das eine Absage an den offen Raum, oder die Forderung nach einem anders gewidmeten. Es ist jedenfalls eine Absage an das Redaktionskollektiv des grünen blattes, wie es bisher existiert hat, und an die sozialen Prozesse dort, wie sie von manchen geführt wurden. Es stellte sich konkret die Frage, wie umgehen mit einem Menschen, der nicht gewillt ist Konflikte anders, denn als Machtfrage zu begreifen, und dementsprechend agierte. Der mit Verdrehungen und Lügen nach innen wie außen um Deutungshoheit kämpfte. Eher nicht aus bewusstem Kalkül, aber dafür umso schamloser und absurder, bis zu der (weit gestreuten) Behauptung, das grüne blatt hätte seinen Verlag, in dem es erscheint, rausgeworfen, was belegen sollte, dass wir ganz böse hierarchisch sind. Letzten Endes war die Entscheidung einer Gruppe des alten „Kollektivs“ (ak. loser interessierten Haufen) ohne den Betreffenden weiterzumachen und für die Zukunft nach transparenteren Modellen des Zusammenarbeitens und des Entscheidungfindens zu suchen.


Dokumentiert: Einladung ohne Antwort

Angesichts dessen, dass es keinerlei Diskussions- oder Analysebeitrag von der anderen Streitpartei innerhalb der Redaktion gab, soll hier kurz die Einladung, die explizit an die Hauptperson des eskalierten Streites, wiedergegeben werden:

Hallo XY,
nochmal die Einladung an dich:
In der nächsten Ausgabe vom grünen blatt, die noch nach dem alten Konzept produziert wird, sollte es eine Information über den Konflikt in der Redaktion, zum Konzept und zum Umgang miteinander im Projekt geben, damit auch die Leser_innen wissen, was passiert. Da die Sichtweise ja krass verschieden ist, wäre es unmöglich in einem Artikel einen allen Seiten gerecht werdenden Beitrag zu machen. Daher die Idee, dass alle, die sich im letzten halben Jahr an der Auseinandersetzung in der grbl-Mailingliste beteiligt haben, einen Artikel aus ihrer Sicht verfassen, so dass hoffentlich die verschiedenen Meinungen wiedergegeben werden können.
Würdest du aus deiner Sicht bitte ebenfalls etwas zur Problematik schreiben? - Ob du nun die Verhaltensweise der Beteiligten kritisieren möchtest, das offene Konzept analysieren oder aus anderem Blickwinkel deine Meinung zu den Vorgängen kundtun würdest - alles wäre wertvoll!
Die Frist, bis zu der die Texte da sein müssen, ist der 1. Oktober, weil es dann nach dem Wochenende in den Druck gehen soll und vorher noch das Endlayout dieser Artikel zu machen ist. Bedingung für die Beiträge ist, dass keine Namen genannt werden und dass ein Maximum von 10.000 Zeichen einschließlich Leerzeichen pro Artikel nicht überschritten wird.
Bitte sende deinen Beitrag bis 1.10.17 an mail ÄTT gruenes-blatt.de[1].
(E-Mail, September 2017)


Dokumentiert: Diffamierung statt konstruktiver Debatte

Es gab zwar keinen Artikelbeitrag der Streitperson für diese Dokumentation des Redaktionskonflikts im grünen blatt, allerdings hat diese in ihrem Newsletter folgende Behauptungen über das Zeitungsprojekt verbreitet. Die Reihenfolge der Vorgänge sowie die Zusammenhänge von Ursache und Folge der Aggressionen gegen die Kritiker*innen werden in verkehrter Form wiedergegeben. Von Projektwerkstatt und SeitenHieb-Verlag war in der Auseinandersetzung nie die Rede gewesen, geschweige denn von jemandem postuliert die sollten ausgeschlossen werden. Vielmehr war ein Interesse an weiteren inhaltlichen Beiträgen der betreffenden Person für das Zeitungsprojekt mitgeteilt worden. Ergo: Keine Bereitschaft zur Problemklärung/-lösung, keine Selbstkritik, dafür Verbreitung verfälschter Informationen:

"Das Umweltmagazin "grünes blatt" ist als offenes Medium geschlossen worden. Das geschah von einer Teilgruppe der Redaktion, die eigenmächtig eine unerwünschte Person auf der internen Mailingliste zensiert hat und dann, nachdem der dadurch zu einem Machtkampf gewandelte Streit um interne Arbeitsstrukturen auch wegen dieses bereits vollzogenen Machtdurchgriffs nicht gelöst werden konnte, einfach die Zeitung für nicht-mehr-offen erklärt und übernommen hat. Wer logisch denken kann, begreift natürlich sofort, dass dann, wenn ein Teil einer Redaktion handstreichartig eine Struktur schließen kann, diese auch nie wirklich offen war. Aber das kann letztlich egal sein. Ich wünsche der neuen Truppe Erfolg bei einer hoffentlich inhaltlich guten Zeitung - aber mit hierarchiefreien Projekten hat das nichts mehr zu tun. Projektwerkstatt und SeitenHieb-Verlag sind ohnehin ja rausgeworfen, aber so sind wir auch nicht mehr scharf drauf ..."
(Auszug aus: "Newsletter bundesweit (Sept. 2017)" vom 17. September 2017)


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