2007-03:Hochsicherheitsknast

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Die neuen niedersächsischen Hochsicherheitsgefängnisse

Erfahrungsbericht eines Insassen

von Werner Bräuner


Allgemeines

Die niedersächsischen Strafvollzüge sind in 4 Sicherheitsstufen gegliedert.


Stufe I

Sicherheitsstation; diese ist baulich meist in Gefängnisse der Sicherheitsstufe II integriert oder diesen, baulich separiert, angeschlossen. Es handelt sich demnach nicht um eigenständige Justizvollzugsanstalten (JVA).


Stufe II

Hochsicherheitsgefängnisse; dies sind Anstalten für – so der Ministerialjargon – „besonders gefährliche Kriminelle“. In diese Stufe zählen die alte JVA Celle (in der Cellner Innenstadt; auch „Celle 1“ genannt, nicht aber die neuere und außerhalb der Stadt Celle erbaute JVA Salinenmoor (auch „Celle 2“ genannt), welche unlängst der Stufe III zugeordnet worden ist. In die Stufe II gehören darüber hinaus die JVA Sehnde (Inbetriebnahme im Dez. 2003), die JVA Oldenburg (kurz: JVAOL; Inbetriebnahme als Hochsicherheitsgefängnis im März 2005; ist im Jahre 2000 zunächst als Untersuchungsgefängnis neu eröffnet worden, um das alte U-Gefängnis in der Oldenburger Gerichtsstraße zu ersetzen) sowie die im Juli 2007 nun neu in Betrieb gegangene JVA Rosdorf bei Göttingen.


Stufe III

geschlossener Vollzug für – so spöttisch der Verfasser – „normal gefährliche Kriminelle“ bzw. ein geschlossener Strafvollzug nicht hoher Sicherheitsstufe, z.B. die JVA Meppen.


Stufe IV

nicht geschlossener sondern offener Strafvollzug


(Stufe V)

existiert nicht; könnte allerdings die „Freiheit“ der arbeits- und sozialpolitischen Zwangsmaßnahmen wie z.B. der Ein-Euro-Job u.s.w. sein. Götz Werner, Prof. für Wirtschaftswissenschaften und Inhaber der dm-Drogeriekette, bezeichnete Hartz IV als „offenen Strafvollzug“!

Über den Verfasser

Im Jahre 2001 wurde der Verfasser zu einer Haftstrafe bis zum 5.2.2013 verurteilt. Nach der U-Haft in der JVA Verden und einem sich anschließenden kurzen Aufenthalt in der JVA Hannover, wurde er in die JVA Meppen eingewiesen. Dort war er von 09/2002 bis 03/2005. Mit der Begründung, der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2001 weise den Verfasser als „Linksextremisten“ aus, verlegte die JVA Meppen ihn gegen seinen Willen in die JVA OL, wo er von 03/2005 bis 09/2006 einsaß. Auf eigenen Wunsch hin wurde er von dort in die JVA Sehnde verlegt, wo er zur Zeit einsitzt. Da kein Anhänger des Staatssozialismus, kann der Verfasser nicht Linksextremist sein. Vielmehr ist der Aktivist der Sozialen Bewegung und tritt für ein Bedingungsloses Grundeinkommen (siehe das Modell für Prof. Werner) ein. Politische Hauptgegner des Verfassers sind folglich die Sozialdemokratie (die „wahre“ und die „falsche“) und die Organisierte Arbeit, sprich: der DGB und seine Einzelgewerkschaften, denen der Verfasser totalitär rechtsverachtende Arbeits- und Sozialpolitiken sowie kriminelle Machenschaften vorwirft, letzteres mit Blick auf das mafiotische Konglomerat aus Arbeitsagentur/Argen und den Trägerunternehmen von Weiterbildung und anderen solchen Zwangsmaßnahmen. Der Verfasser ist 52 Jahre alt, von Beruf Maschinenbauingenieur und war seit 1992 arbeitslos. Dadurch geriet er in die Mühlen der arbeits- und sozialpolitischen Zwangsmaßnahmen und wehrte sich zuletzt gewalttätig. Der Verfasser ist nicht bereit, in die Freiheit zurückzukehren, solange diese ein Gefängnis der Sicherheitsstufe V ist.

Einleitung

Zwischen der Anfrage seitens der Nichtregierungsorganisation „Curare e.V.“, einen Beitrag über die neuen niedersächsischen Hochsicherheitsgefängnisse zu schreiben und der Inangriffnahme vorliegenden Textes sind Monate vergangen. Ein Sprichwort sagt: „Der Geprügelte erzählt nicht gern vom Stock.“ Der Verfasser kennt die Anstalten in Sehnde und Oldenburg aus der Innenansicht. Die JVA Sehne ist ein Stock, die JVA OL ein Baseballschläger.

„Wunderbar“, wird so mancher frohlocken, „vielleicht helfen Prügel diesen gottverdammten Kriminellen ja, doch noch einmal zu anständigen Menschen zu werden.“ Etwa dies möchte die Politik gern vom Wahlvolk hören. Entsprechen geriet der im Januar 2005 von der ARD über die JVA OL produzierte TV-Beitrag mit dem vielsagenden Untertitel „Das Alcatraz des Nordens“ zu einem Werbefilm über die Schönheit der nun endlich harten Hand des Staates. Zugleich verschleiert jener Beitrag, was tatsächlich in den neunen niedersächsischen Hochsicherheitsgefängnissen geschieht. Die harte Hand des Staates ist dort vielmehr eine „Indianerfolter“, bei der in unerbittlich regelmäßigen Abständen ein Tropfen auf eine immer selbe Stelle der Haut fällt. Nach einigen Stunden wird ein unangenehmes Gefühl spürbar, nach 24 Stunden brüllt der Delinquent vor Schmerz, kurze Zeit später ist er ein wimmerndes und stammelndes Häufchen Elend. Im Hochsicherheitsvollzug geht es anstatt von Stunden und Tagen allerdings um Jahre und Jahrzehnte.

Solche tröpfelnde Staatsgewalt lässt sich durch Aufzählung vollzuglicher Details nicht erfahrbar machen, da sie erst mit der langen Dauer wirkt bzw. buchstäblich unter die Haut geht. So können die meisten Gefangenen nicht angeben, was sie denn da so fertigmacht und zu weltentrückten Wesen werden lässt. Irgendwann wieder in Freiheit, werden alte Freunde und Familienangehörige fragen: „Was haben sie da mit Dir gemacht? Wie haben sie Dir das angetan?“ Der Gefangene wird die Fragen nicht verstehen. Es gibt „sie“ nicht.

Diejenigen, die da geplant, konzipiert und gebaut haben, hatten sicherlich nicht die Absicht, eine Indianerfolter ins Werk zu setzen. Daran tragen auch die Justizvollzugbediensteten keinerlei Verantwortung. Sie sind selbst einem Räderwerk ausgeliefert, das sie permanent unter Beobachtung hält. Ihre Stationsbüros sind allseitig einsehbare Glaskästen und videoüberwacht. Alle Lauf- und Freibereiche sind mit Kameras gespickt. Das Unheimliche allgegenwärtiger Überwachung macht nervös.

Konzeption und Hausordnung der Anstalten folgen drei einfachen und klaren Zielen, die da sind: größtmögliche Ausbruchssicherheit, größtmögliche Drogenfreiheit, größtmögliche Durchsetzung der Arbeitspflicht. Diese drei Superlative lassen sich leicht ohne weiteres als Endlösungen formulieren. Dahinter steht ein vorauseilender Gehorsam des Staates gegenüber seinen Bürgern, die für sich nach größtmöglicher Sicherheit rufen. Übertriebenes Wünschen und Wollen erschafft Monstren; der Ruf nach dem Sicherheitsstaat verlangt schließlich nach einer Staatssicherheit. Tatsächlich sind die neuen niedersächsischen Hochsicherheitsgefängnisse ein logisches Produkt von Demokratie. Vergessen wurde lediglich das gesetzliche Gebot der Resozialisierung und der menschenwürdigen Behandlung von Strafgefangenen. Eine Endlösung der Kriminalitätsfrage will sich von Altem und Überkommenem nicht aufhalten lassen.

Größtmögliche Ausbruchssicherheit

Die architekturale Konzeption der Anstalten folgt dem Prinzip der „umgekehrten Burg“. Der sicherste Ort einer Burg ist der Wehrturm in ihrem Innenhof, um den herum die sonstigen Innengebäude der Burg einen geschlossenen Ring bilden. Nach außen hin folgen weitere Sicherheitsringe: die Wehrmauer, der Wassergraben und oder weitere Wälle, Palisaden sowie Spähposten, welche allesamt gegen Eindringlinge von außen schützen sollen. Auf exakt selbe Weise schützen die neuen Anstalten gegen „Ausdringlinge“. Der Wehrturm findet seine Entsprechung in einer einzelnen Haftstation. Der Burginnenhof ist der Hofgangsbereich für die Gefangenen, hier nun geschlossen umringt von den Hafthäusern und Werkgebäuden. Niemals gelangen die Gefangenen in jenen Bereich, der unmittelbar an die Gefängnismauer grenzt. Diese ist 6 Meter hoch und aus Beton. Nach innen zu ist ihr ein 4 Meter hoher Metallgitterzaun vorgelagert, den 2 Rollen Natodraht krönen. Auf den beiden Seiten der Anstaltsmauer sind auf gut 10 Meter hohen Masten schwenk- und fernsteuerbare Videokameras montiert. Für Stunden und bisweilen Tage spähen diese starr auf ein Hafthaus und so zugleich die Gefangenen in ihren Hafträumen aus. Und sogar noch in den Innenhöfen sichern rasiermesserscharfe Natodrahtrollen als ausbruchsunsicher bewertete Gebäudebereiche gegen potentielle „Ausdringlinge“, die über die Dächer entweichen wollen.

Größte Schwachstelle dieses burgromantischen Haftidylls ist der Sportfreiluftbereich, der mit großem Fußballplatz, 400 Meter-Tartanbahn und Bolzplatz direkt an die Außenmauer grenzt. So ist der Sportbereich eine zum Leidwesen der Gefangenen kaum genutzte Investitions- und Vorzeigeruine, die nach Einbruch der Dämmerung ganz und gar Tabuzone ist. Derart umringt, umzingelt und eingekesselt zu sein, vermittelt den Gefangenen den Eindruck, sie seien völlig an die Übermacht des Strafvollzuges ausgelieferte Geißeln am Ende der Welt. Diese hermetische Vielfachabriegelung im großen wiederholt sich im kleinen bei jedem Schritt, den ein Gefangener innerhalb der Anstaltsgebäude macht. Da z.B. die langwierige und komlizierte Prozedur, unter welcher der Hofgang anzutreten ist. In der JVA Meppen ist dies einfach: Die Gefangenen sammeln sich vor der Tür ihrer Haftstation, und wird diese aufgeschlossen, ist der ungehinderte Durchgang zum Hofgangsbereich frei, der an den äußeren Metallgitterzaun grenzt, durch den hindurch der Blick auf die umliegenden Häuser, Felder, Wiesen und Wälder gehen kann; Beton fehlt. Anders in Sehnde und Oldenburg: Nach der Tür der Station versperrt eine zweite am Ende des Treppenhauses den Weg. Bis zu 40 Gefangene drängen sich dort für nicht selten bis zu 5 Minuten, bevor es weitergeht, nur um sofort wieder vor einem Metalldetektorportal Schlange zu stehen. In der JVA OL folgt diesem sogar noch eine Schleuse. Sind alle Gefangenen im engen Schleusenraum zusammengepfercht, wird dessen Eingangstür verschlossen. Erneutes anstrengendes Warten (und wozu), bis sich die Ausgangstür der Schleuse auf den Innenhof hin öffnet.

Auf dem Weg in die verschiedenen Arbeitsbereiche der Anstalten sind noch weitere verschlossene Türen und ein zweites Metalldetektorportal zu überwinden. Das Prinzip der großen ringförmigen Barrieren spiegelt sich in den kleinen innerhalb der Anstaltsgebäude: die Schachtel in der Schachtel in der Schachtel. Kleinste bzw. innerste all dieser Schachteln ist der Haftraum. Bei Disziplinarverstößen kann für bis zu drei Monate fest in diesen eingeschlossen werden. Die Verbindung zur Außenwelt lässt sich durch eine bis zu 3-monatige Einkaufssperre oder/und durch Wegnahme elektronischer Wiedergabe- und Empfangsgeräte weiter schwächen, im Falle einer Besuchssperre einer Besuchssperre völlig kappen. Lediglich der Postverkehr darf nur im allerseltensten Ausnahmefall unterbunden werden.

Auf solche Weise tropft und tropft es auf die immer selbe Stelle. Die Gefangenen sind von vielfachen Hindernissen, Sperren und Barrieren umringt. Bei jeden Schritt greift die Staatshand zu, und unablässig und allüberall beobachtet das Staatskameraauge. Konkreter und unmittelbarer wird die Hand mit den 4 täglichen Zelleneinschlüssen. Die Einschlusszeiten in Sehnde sind von 19.45 Uhr (an Wochenenden von 18.15 Uhr) bis morgens um 6.00 Uhr (8.00 Uhr), und es wird für jeweils eineinhalb Stunden vormittags, über die Mittagszeit und nachmittags eingeschlossen. Während der verbleibenden Aufschlusszeiten haben die Gefangenen freien Zugang zueinander sowie zu den Einrichtungen ihrer Haftstationen: (Mini-)Küche, Dusche, Spiele- und Gemeinschaftsraum, Waschmaschinen- und Reinigungsraum sowie zu dem direkt an jeweils zwei Haftstationen angrenzenden Stationsbüro der Justizvollzugsbediensteten. Da deren Personaldecke knapp ist, brauchen sie die Einschlusszeiten für die Erledigung von Aufgaben, welche sie zwingen, die Haftstation zu verlassen; mindestens ein Bediensteter muß ständig Stationsaufsicht führen können. Die Haftstationen bieten jeweils bis zu 18 Gefangenen Platz (2 Doppelzellen und Einzelzellen) und sind fest und hermetisch voneinander abgeriegelte Haftinseln.

In den Hafträumen dürfen Gefangene beinahe nichts besitzen. Die entsprechend nackten, kahlen und leeren, an 9 Quadratmeter großen Hafträume mit einer abgeteilten winzigen Wasch- und Toilettenzelle haben etwa den Grundriß eines Schuhkartons und dessen Atmosphäre. Von den Gefangenen selbstständig zugesperrt werden können lediglich die Hafträume einer „guten“ Station (über „gute“ und „schlechte“ Haftstationen mehr unten), allerdings sind die Hafträume in der JVA OL alle von den Gefangenen von innen und außen absperrbar. Die extreme Beschränkung von in den Hafträumen zugelassenen Gegenständen und Dingen soll Versteckmöglichkeiten für Drogen, Geld, Schmuck und insbesondere für Handys minimieren und den Bau von Ausbruchswerkzeugen und Waffen unmöglich machen. Wenn in Sehnde lediglich 5 Bücher, 3 Aktenordner und 5 Schnellhefter im Haftraum erlaubt sind, wird dies mit der Minimierung von Brandlasten begründet. Tatsächlich sollen alle genannten Beschränkungen den Durchsuchungsaufwand bei Haftraumkontrollen und mithin den Personalaufwand gering halten. Die Rechte der Gefangenen kosten Geld und konkurrieren mit dem Mußebedürfnis des Justizvollzugspersonals. In der JVA Meppen war Gefangenenbesitz weit weniger beschränkt, obwohl dort die kurzstrafigeren Gefangenen einsitzen. Drogen lassen sich mit Drogenhunden, Handys mit technischen Suchmitteln finden, über individuellen Konsum geben Urinkontrollen Aufschluß.

Größtmögliche Drogenfreiheit

Harte Drogen machen Strafvollzüge zu gefährlichen Orten. Weiche Drogen, z.B. Haschisch, werden von seelisch oder körperlich traumatisierten oder von Gefangenen mit starker innerer Unruhe als wirkungsvolle Selbstmedikation angewandt und bilden kaum Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Vollzugs. Der Gesetzgeber verhindert bisher nebenwirkungsarme Substitutionen wie z.B. eine kontrollierte Verabreichung von Heroin, welche gesundheitlich unbedenklich ist. Die entsprechende Debatte wird politisch geführt. Wie die Substitutionspraxis beweist, akzeptieren drogensüchtige Gefangene die angebotenen Substitutionsmittel nur widerwillig (Nebenwirkungen). So wird der Kampf gegen die Drogen den Strafvollzug weiterhin erheblich belasten müssen. Den Strafvollzug größtmöglich drogenfrei zu machen, erzwingt dessen größtmögliche Abschottung von der Außenwelt. Aller Verkehr von Menschen und Material über die Anstaltsgrenzen hinweg muß minimiert werden, und auch die Außenkommunikation muß beschränkt und teils sogar überwacht werden, um Verabredungen betreffs des Einschmuggelns von Drogen zu verhindern. In Sehnde wird ein- und ausgehende Post meist lediglich auf verbotene Briefeinlagen hin kontrolliert (Drogen, Geld, Schmuck) doch nicht gelesen. Die JVA OL liest Gefangenpost und hört Telefonate mit, wofür Lautsprecher in den Stationsbüros genutzt werden. Die JVA OL muß dies allein schon deshalb tun, da dort Straf- und U-Gefangene gemeinschaftlich vollziehen (Post- und Telefonkontrolle sind bei U-Gefangenen vorgeschrieben und gesetzlich gedeckt) und die Strafgefangenen sonst Botschaften für U-Gefangene nach draußen schmuggeln könnten, z.B. um Zeugen des Gerichts zu manipulieren u.s.w. Allerdings spricht sich das Strafvollzugsrecht gegen eine allgemeine Überwachung von Strafgefangenenkommunikation aus. Die JVA Sehnde und die JVA OL beschränken die Anzahl der Telefongesprächspartner Gefangener auf 10, die zuvor von der Anstalt überprüft und genehmigt sein müssen. Dies oder Beschränkung von Anzahl oder Dauer von Telefonaten gab es in Meppen nicht, lediglich Servicenummern mit Sondergebühren waren nicht anwählbar.

In Sehnde und OL sind die Sammelbesuchsräume beengt. Die Tischplatten sind aus Glas, die Tische stehen dicht an dicht und sind videoüberwacht, in OL mit einer Kamera über jedem Tisch. In beiden Anstalten überwacht ein mitten im Besuchst räum postierter Justizvollzugsbediensteter; Privates und Persönliches läßt sich so kaum ungestört erörtern, was Beziehungen nach draußen erschwert; die Kontrollatmosphäre ist erstickend. Mit nur 2 Stunden ist die maximale monatliche Besuchs zeit ohnehin knapp bemessen. Meppen erlaubt bis zu 7,5 Stunden in einem sehr großzügigen und gut ausgestatteten Sammelbesuchsraum; Besuchszeiten liegen auch an den Vormittagen sowie am Sonntag. In der JVA OL gab es nicht einmal einen Kaffeeautomaten sondern lediglich einen Spender für aufgesprudeltes Leitungswasser (zur Verhinderung von Drogenübergaben von im Mund Verstecktem unter Ausnutzung der Trübheit von Kaffee). In Sehnde und OL dürfen Gefangene und Besucher nichts in den Besuchsraum einbringen und müssen vor und nach dem Besuch ihre Kleidung abtasten und mit Detektoren prüfen lassen. Die Pforte nimmt allein Wäsche und Bekleidung von Besuchern an, die Pforte in Meppen hingegen auch vieles andere.

Trifft ein Gefangener neu in der JVA Sehnde ein, muß er sogar seine Armbanduhr ab- und auf die Kammer geben. Eine neue Armbanduhr ist zu kaufen. Nichts Ge brauchtes, weder ein Buch oder sonstiges Gerät oder Ding, darf in die Anstalten Sehnde und OL eingebracht werden. Alles muß neu und zwingend über den Quelleversand bezogen werden. Was der Kaufmann über sein (Edeka-)Sortiment hinaus beschafft, muß er beaufschlagen. Discountversandhäuser sind für Gefangene unerreichbar. All dies greift das Strafvollzugsrecht an, welches solcherlei Abschottungen gegenhält. Selbst und sogar Ausführungen/Ausgänge werden zur allerseltensten Ausnahme; die „Vorbereitung zur Entlassung" ist de facto abgeschafft. Kann ein Gefangener dennoch und mit Hilfe der Strafvollstreckungs kammer einmal eine Ausführung durchsetzen, werden ihm die Stundensätze für begleitendes Justizpersonal (2 Beamte) sowie erkleckliche Gebühren für ein eventuell dazu genutztes Dienstfahrzeug berechnet; schnell kommen viele hundert Euro zusammen.

Gefangene, die zuvor einen resozialisierenden und also sich am Strafvollzugsrecht orientierenden Strafvollzug kennengelernt haben, sind erkennbar geschockt, und manche verstehen, nun zu „Todgeweihten" geworden zu sein, besonders Lebenslängliche und jene, denen das Gericht mit dem Strafurteil eine Sicherungsverwahrung (SV) nach der Haft auferlegt hat. In einem solchen Haftklima wird eine wegen Disziplinarverstößen oder selbst geringfügigen Straftaten/Vergehen in der Haft während dieser ausgesprochene eventuelle „nachträgliche" SV zu einer realistischen Bedrohung. Daß diese Vollzüge scharf auf Wegsperren eingestellt sind, zeigen mehr noch die ganzen eindreiviertel Psychologenstellen für die rund 600 Gefangenen in der JVA OL und in den dieser angeschlossenen Vollzugsanstalten. In der JVA Sehnde ist es mit Letzterem etwas besser. Ein Gefängnis größtmöglich drogenfrei zu machen, verwandelt es in ein hermetisch abgeschottetes Depot, in dem Gefangene zu in „Stück" gezähltem Langzeitgefriergut werden. (Übertriebenes Wollen und Wünschen erschafft Monstren.) Letzteres ist sicherlich auch gewollt, denn Wegsperren ist billiger Vollzug.

Aus einem wie hier beschriebenen Vollzug dennoch mit einiger Distanz über diesen zu berichten, ist dem Verfasser erst möglich geworden, nachdem er sich völlig aus dem vollzuglichen Zwangsgemeinschaftsleben zurückgezogen hat, um der dauernd tröpfelnden Gewalt und der deprimieren müssenden Atmosphäre solch einer Lebensumgebung auszuweichen. Im Februar hat er die Anstalt gebeten, ihn fest in seinen Haftraum einzuschließen, in dem er sich nun 24 Std. täglich aufhält. Dies bedingt den Verlust von Kontakt, des Telefonierens, des Hofgangs, des Sports und der Arbeit, die er zwangsläufig ebenfalls nun verweigern muß. Mit solchem Rückzug läßt sich vermeiden, Psychopharmaka einnehmen zu müssen. Nach 16 Monaten in der JVA OL hat dessen Ärztlicher Dienst ihm diese verschreiben müssen, da der Verfasser häufig bloß noch erregt zu stammeln vermochte und offenbar traumatisiert war. So erging es vielen und selbst einem Mitgefangenen, der in Freiheit ein beruflich und sozial höchst erfolgreiches Leben geführt hatte, der aber von einem mißgünstigen Schicksal bzw. von der Justiz in die JVA OL verschlagen worden war. Diese JVA versteht sich darauf, einzelne Haftstationen durch bestimmte Maßnahmen in wahre Höllen zu verwandeln, da dort die am schwerwiegendsten Verhaltens- und persönlichkeitsgestörten Gefangenen sowie die zusammengefaßt sind, die Justiz und Vollzug als so genannte „Tatleugner", „Resozialisierungsverweigerer" oder als Vollzugskritiker mißliebig sind und die alle den so genannten „Vollzugsstörern" zugerechnet werden. Hebel, um eine Höllenstation einzurichten, ist die Arbeitspflicht bzw. ihre größtmögliche Durchsetzung. Bevor dies im einzelnen beschrieben werden kann, ist ein Zwischeneinschub erforderlich, der zugleich Einleitung des nächsten Themenabschnitts ist:

Die Überforderung von Bediensteten im niedersächsischen HS-Vollzug

Bevor die besondere und hervorragende Rolle der Arbeitspflicht erläutert werden soll, ist auf den durch den HS-Vollzug verursachten Verlust der Fähigkeit eines Großteils des Vollzugspersonals hinzuweisen, die Folgen seines Handelns realistisch abzuschätzen. Offenbar fehlt Supervision. Sie muß fehlen, da die dem Personal von seinem Dienstherrn, dem Justizministerium, zugewiesene Aufgabe zwingend überfordern muß, was Supervision aufdecken würde. In dem Bemühen, Unmögliches pflichtgemäß abzuarbeiten, tun einzelne Bedienstete schließlich das genaue Gegenteil dessen, was tun zu wollen sie weiterhin überzeugt sind und bekunden. Wohin dies führen kann, legt der US-Gefangene Harold H. Thompson in einem Beitrag dar, der in Deutsch auf freespace.virgin.net/simon.russell.index.htm steht und das US-Militärgefängnis Abu Ghraib im Irak behandelt, dessen leitendes Militärpersonal aus Mitarbeitern des zivilen US-Hochsicherheitsvollzugs rekrutiert gewesen ist. Warum solche Vollzüge entgleiten müssen, zeigt bereits die JVA OL: Der „häßliche Deutsche" entpuppt sich als allzu braver Sozialdemokrat.

Unvermeidlich müssen die neuen niedersächsischen HS-Vollzüge die Menschenwürde Gefangener verletzen. Menschenwürde ist kein individuelles Gut sondern eines der menschlichen Gattung als solcher. Mit der Würde eines Verletzten ist zugleich die des Verletzers getroffen. Als Folge verroht der Verletzer, seine soziale Intelligenz wird beschädigt. Ins soziale und gesellschaftliche Leben vielfältig eingebunden, tragen Bedienstete dann ein Ethos massiver struktureller Gewalt gegenüber sozialen Randgruppen in die Gesellschaft ein. Schließlich sind die meisten Gefangenen psychisch und/oder physisch erheblich angeschlagene Menschen, die sich üblicherweise vor sozialer Überforderung in eine Sucht geflüchtet haben. Um so mehr bemüht sich die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit beim Ministerium der Justiz, die neuen HS-Vollzüge als insbesondere resozialisierend zu präsentieren. Dies aufnehmende Beiträge in der regionalen Presse werden von der großen Mehrheit der Gefangenen mit ungläubigem Staunen und Kopfschütteln quittiert. Das marktschreierische Herausstellen vollzuglicher Unterstützung bei der Resozialisierung einzelner Gefangener beschreibt Ausnahmen und kündet so beredt von der Regel. Es gibt „gute" bis hin zu extrem „schlechte" Haftstationen. „Maybachstationen" heißen erstere bei Oldenburger Gefangenen. Dort sammeln sich Gefangene mit den geringsten Resozialisierungshandicaps, also die psychisch und physisch stabilsten, denen der Vollzug resozialisierend begegnet. Die instabilen Gefangenen werden fallen gelassen. Einige Bedienstete der JVA OL wollten dem nicht tatenlos zusehen und organisierten eigeninitiativ Kurse in „Soziales Training" - außerhalb ihrer Dienstzeiten und ohne ein Salär zu verlangen. Die „schlechten" Gefangenen beteiligten sich engagiert, doch untersagte die Anstaltsleitung eine Wiederholung dieses Kurses.

Größtmögliche Durchsetzung der Arbeitspflicht

Das Sortieren der „Guten" ins Töpfchen und der „Schlechten" ins Kröpfchen (siehe das Märchen vom Aschenputtel) wird mit der alles überragenden Forderung nach größtmöglicher Erfüllung der Arbeitspflicht bewerkstelligt. Arbeit entscheidet über Wohl und Wehe der Gefangenen bzw. darüber, wem resozialisierende Hilfe sowie die Achtung seiner Menschenwürde zuteil werden soll.

Moderne Industriegesellschaften werden „Arbeitsgesellschaften" genannt. Auch in der Freiheit entscheidet Arbeit Schicksale. Die christliche Lehre, welche die westlichen Gesellschaften nachhaltig geprägt hat, verleiht der Arbeit eine nachgerade religiöse Bedeutung. Mit dem Opfertod des Christengottes wird das Prinzip >Fleisch werde Geist< verklärt und als „christliche Nachfolge" eingefordert. Mit den „Arbeitsgesellschaften" hat jenes Prinzip sich zu >Arbeiter werde Profit< gewandelt und fordert Arbeit als quasi religiöse Opfergabe. Das macht es Betrügern leicht, ihre Opfer übers Ohr zu hauen, und so steht die breite Öffentlichkeit ergriffen stramm, wenn die niedersächsische Justizministerin bei jeder sich bietenden Gelegenheit verkündet/verkündigt, Arbeit sei ein wichtiges Resozialisierungsmittel. Die Ministerin erfuhr keinen hörbaren Widerspruch, als sie die Begriffe „Arbeit" und „Resozialisierung" zu „Resozialisierung durch Arbeit" verschmolz und damit entschied, das Strafvollzugsgesetz des Bundes fürderhin nicht weiter zu beachten. Dreh- und Angelpunkt allen Vollzugshandelns in Sehnde und, weit mehr noch, in Oldenburg ist, Gefangene mit allen zu Gebote stehenden Mitteln arbeitswillig zu machen, dies auch mit durchaus „kreativen" Mitteln. Erst mit diesem Wissen lassen sich die neuen niedersächsischen HS-Vollzüge und ihr Funktionieren begreifen.

Anders als in Freiheit, darf Arbeit im Strafvollzug unter Androhung und Einsatz von Disziplinarstrafen erzwungen werden (siehe BGBl. II 1956, 640). In der Vergangenheit machten die Vollzüge davon keinen energischen Gebrauch, da die Mehrzahl der Gefangenen nach den Maßgaben der Weltgesundheitsorganisation als krank einzustufen und mithin nur begrenzt oder nicht arbeitsfähig ist (psychische sowie Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen, Traumatisierungen, Süchte sowie deren gesundheitliche Folgen). Zahlreiche Gefangene sind diesbezüglich sogar „multifaktoriell" belastet; Daneben sind etliche Gefangene ihrer Delikte wegen nicht arbeitsfähig, wenn sie deretwegen von einer Mehrheit der Mitgefangenen verachtet, gedemütigt und bisweilen sogar tätlich angegriffen werden, z.B. Vergewaltiger, Mißhandler, Mißbraucher und Mörder von Frauen oder Kindern etc. Solche faktische Arbeitsunfähigkeit hat mit der Anzahl jener Gefangenen zugenommen, deren Kultur von Weltherkunftsregionen geprägt ist, in denen die genannten Delikte Anlaß zu Lynchjustiz sind.

Über eine eventuelle vorzeitige Entlassung Gefangener, die nachweisbar erfolgreich resozialisiert sind, entscheiden die den Landgerichten angegliederten Strafvollstreckungskammern (StVK). Arbeitsverweigerung im Vollzug ist für eine StVK ein Ausschlußkriterium für eine vorzeitige Entlassung. Die Vollzüge sind vom Justizministerium angewiesen, allen Gefangenen in Abständen immer wieder Arbeit anzubieten, um deren Arbeitswilligkeit zu prüfen. Wer noch irgendwie kriechen oder krauchen kann, muß arbeiten; vom Ärztlichen Dienst arbeitsunfähig geschrieben zu werden, ist beinahe unmöglich. Doch auch von sich aus wollen die Anstalten auf Arbeit drängen. Die effektive Haftdauer hat sich in den vergangenen 15 bis 20 Jahren aufgrund zunehmender richterlicher Straflust annähernd verdoppelt, was die Vollzüge an die Grenzen ihrer Kapazität gebracht hat. Die o.a. Praxis der StVK'en im Hinterkopf, drohen die Vollzüge ihren Gefangenen offen, sie würden keinerlei resozialisierende Unterstützung erhalten, so sie nicht arbeitswillig seien. Mehr noch zieht eine Arbeitsverweigerung zwingend eine Disziplinarstrafe nach sich; Ausnahmen werden nicht gemacht. Dies alles, wohlgemerkt, bei kranken und häufig gar multifaktoriell gesundheitsbelasteten Gefangenen, die ohne resozialisierende Unterstützung und Hilfe garnicht erst arbeitsfähig werden können. Die JVA OL, die ohnehin fast keine resozialisierenden Maßnahmen anbietet, erklärt interessierten Gefangenen, diese würden in eine andere und resozialisierende Anstalt verlegt werden, falls sie ihre Arbeitspflicht über eine nicht näher bestimmte Zeit hinweg erfüllen würden. Arbeit wird damit zu einem „macht frei". Arbeitsmöglichkeiten in kleinen, überschaubaren und entsprechend gewaltgeschützten Gruppen fehlen, da aus Kostengründen möglichst viele Gefangene in einem großen Betrieb und so unter der Aufsicht nur eines „Werkbeamten" zusammengefaßt werden.

Für alle Gefangenen, die ihre Arbeitspflicht aus den verschiedenen Gründen nicht erfüllen können, werden die HS-Vollzüge zu einer Falle. Mit dem Wissen um die Aussichtslosigkeit der eigenen Lage wachsen Verzweiflung und seelische Destabilisierung, und so wächst die Wahrscheinlichkeit eines Disziplinarverstoßes. Ein Teufelskreis dreht sich. Dieser endet in einer nachträglichen Anordnung von Sicherungsverwahrung auf unbestimmte Zeit nach der Haft wegen der Disziplinarvergehen im Vollzug. An den gesellschaftlich Schwächsten wird ein brutales Exempel statuiert, indem Arbeit bis hin auf Leben oder Tod schicksalsbestimmend gemacht wird.

Die JVA OL und die JVA Sehnde gleichen eher Arbeitslagern als Vollzügen, zumal dort sehr viele nicht deutsche Staatsbürger einsitzen. Letztere müssen laut Gesetz nicht resozialisiert werden, da sie bei guter Führung(Arbeit!) und nach Verbüßung der Hälfte ihrer Haftdauer in die Staaten abgeschoben werden, deren Paß sie besitzen.

Die Sonderstellung der JVA OL als vollzugliche Restmülldeponie Niedersachsens

Zwei Gegebenheiten bedingen den negativen Sonderstatus der JVA OL im niedersächsischen Strafvollzug. Zu nennen sind die besondere Strafgefangenenstruktur sowie der räumlich und organisatorisch nicht abgegrenzte Gemeinschaftsvollzug von Straf- und Untersuchungsgefangenen. In der JVA Sehnde hingegen ist das eine, mit U-Gefangenen belegte Haus von den 4 mit ausschließlich Strafgefangenen belegten Hafthäusern räumlich und organisatorisch klar abgegrenzt. (In der JVA OL kann, baulich bedingt, nicht abgegrenzt werden.) U-Gefangene haben in Sehnde einen eigenen Hofgangsbereich. Mit Strafgefangenen können sie allein über jene Fenster kommunizieren, die zu dem Innenhof hinaus liegen, auf den auch die Fenster eines der Strafhafthäuser gehen. Hingegen bringt die JVA OL ihre Strafgefangenen in Haftstationen unter, die intern als „Strafhaftinseln" bezeichnet werden und in allen 4 Hafthäusern der JVA OL verteilt sind. (Sehnde hat 5 Hafthäuser.) Jene Oldenburger „Strafhaftinseln" schwimmen folglich in einem Untersuchungshaftmeer!

Die JVA OL wurde als allein Untersuchungshaftanstalt erbaut und im Jahre 2000 in Betrieb genommen, um die dreifach kleinere und mit Baumängeln behaftete alte U-Haftanstalt in der Oldenburger Gerichtsstraße zu ersetzen. Da U-Gefangene nicht zu Arbeit verpflichtbar sind, besetzte die neue Anstalt ihre betriebsnotwendigen Funktionärsstellen mit Strafgefangenen, die freiwillig nach OL wollten und unterschrieben hatten, sich den Regularien und Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung unterwerfen zu wollen. Die UHaftVollzO erzwingt eine äußerst restriktive Hausordnung, welche die Rechte Strafgefangener massiv beschneidet und dem Strafvollzugsgesetz des Bundes daher massiv zuwiderlaufen muß.

Im Jahre 2005 wurden mit einem Male Strafgefangene, deren Zustimmung nicht eingeholt worden war, in die JVA OL verlegt, es wurden demnach Strafgefangene in eine Untersuchungshaftanstalt zwangsverlegt! Zu den ersten, in der JVA OL eintreffenden Zwangsverlegten zählte der Verfasser, der - wie auch anders? - gemeinsam mit U-Gefangenen untergebracht wurde. Es dauerte Monate, bis die Station (C4) endlich „entmischt" war und so zur ersten „reinen" Strafhaftinsel der JVA OL wurde. Ansonsten und darüber hinaus findet in der JVA OL keine Trennung von Straf- und U-Gefangenen statt. Damit beging und begeht das Justizministerium einen offenen Rechtsbruch. Die vollzugsrechtliche Fachliteratur, da z.B. Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft, 3. Auflage, Heidelberg 2001, sagt auf der Seite 391 in einem Fazit: „Der Anspruch auf einen BehandlungsVollzug gemäß dem Strafvollzugsgesetz läßt sich' in der Untersuchungshaftanstalt jedenfalls nicht realisieren. (Fußnote: Seebode StV 1988, 119/122)" Ein Strafvollzug muß in einer U-Haftanstalt notwendig zu reinem Wegsperren werden und die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte Strafgefangener einschneidend verletzen.

Letzteres ist im Strafvollzug allbekannt, und so nutzten die niedersächsischen Strafvollzugsanstalten die JVA OL ab dem Frühjahr 2005 als „Restmülldeponie", in welche „störende" Gefangene zwangsverlegt wurden. Über die auf hier Blatt 6 genannten hinaus, gelten als Vollzugsstörer vor allem solche Strafgefangenen, die ihre inneren Erregungszustände nicht bedampfen können und dann unablässig aus den Fenstern ihrer Hafträume hinaus rufen, krakehlen und schreien, was insbesondere langstrafige Mitgefangene zutiefst entnervt. Von frühmorgens bis spät in die Nacht gibt es in der JVA OL eine bis zu infernalische Geräuschkulisse. Ohnehin sind U-Gefangene im allgemeinen bereits sehr laut, sobald sie in großen und mithin anonymen Anstalten einsitzen. In die JVA OL entsorgten die niedersächsischen Strafvollzugsanstalten darüber hinaus ihre merklich persönlichkeits- oder verhaltensgestörten Gefangenen und die, welche zu offener Gewalt neigen sowie „Zappelphilippe", das sind die in Vollzügen häufig anzutreffenden ADHS-Erkrankten. So hatte die JVA Meppen eine eigens für Störer eingerichtete Sammelstation. Justizvollzugsbedienstete, welche die Anstalten in Meppen und Oldenburg beide kannten, bestätigten dem Verfasser, Meppen habe seine gesamte „Störerstation" nach Oldenburg hin „entsorgt". Der Verfasser ist in die JVA OL zwangsverlegt worden, nicht weil er „Linksextremist" sondern „Resozialisierungsverweigerer" und Vollzugskritiker ist, und weil er - wie hier auf Blatt 1 angegeben - offen gegen bestimmte Interessen politisch Stellung bezieht. (Der in der JVA Meppen für den Verfasser zuständig gewesene Vollzugsabteilungsleiter Keller ist politisch aktiver Sozialdemokrat.) Zu guter Letzt wurden natürlich bevorzugt auch nichtdeutsche Strafgefangene in die JVA OL zwangsverlegt, da diese ohnehin nicht resozialisiert werden müssen (Abschiebung bei Halbstrafe). Damit ist die besondere Strafgefangenenstruktur der JVA OL beschrieben. Diese dazu noch in einer Untersuchungshaftanstalt, ergibt ein nach Schwefel stinkendes Vollzugsgemisch. Die JVA OL ist ein Baseballschläger.

Letzteres macht der Hofgang der JVA OL gut anschaulich. Ein merklicher Teil aller U-Gefangenen leidet hierzulande unter akuten Drogenentzugserscheinungen. Hinzu kommen der Inhaftierungsschock, die Angst vor dem bevorstehenden gerichtlichen Verfahren, die Sorge um die sozialen Beziehungen, um die Wohnung, eventuell um den Arbeitsplatz und so manches mehr. Der Hofgang bot ein entsprechendes Bild. Des Entzugs wegen schlotternde und klappernde oder ansonsten völlig entnervte U-Gefangene stolperten oder standen herum und suchten bei Strafgefangenen, die naturgemäß auf Ruhe aus sind, Trost, Zuspruch, juristischen Rat und Zigaretten. Um penetranter Belästigung zu entgehen und sich den Anblick solch versammelten menschlichen Elends zu ersparen, verzichteten etliche Strafgefangene auf den Hofgang, so auch der Verfasser. Nach dem Hofgang mit schmerzendem Kopf auf die Station zurückzukehren ist nicht Sinn der Sache. Ein kaum anderes Bild bieten die Arbeitsbetriebe der JVA OL, in denen U-Gefangene stark vertreten sind. Diese brauchen meist dringend Geld für Kaffee, Tabak, etc. und arbeiten daher "wie die Süchtigen". Kontrollverlust, Junkiestress und Verwahrlosung scheinen leuchtend durch, für Langstrafengefangene eine Zumutung sondergleichen. Die JVA OL scheint all dies "normal" zu finden, weil sie sich auf nur noch ein einziges handlungsleitendes Ziel hin orientiert: Arbeit, Arbeit, Arbeit! Dies führt zu krassesten Ungleichbehandlungen. Waren zunächst zwei Telefonate wöchentlich erlaubt, gestattete die Anstalt arbeitenden Gefangenen etwa ab dem Monat März 2006 mit einem Male fünf Telefonate. Im selben Monat begann die Anstalt, "Arbeiter" und "Nichtarbeiter" auf getrennten Stationen unterzubringen, auf "Arbeiterstationen" und "Nichtarbeiterstationen". Vollzugsprofis sollten eigentlich wissen, daß das nicht funktionieren kann, da das Stationszuweisungskriterium "Arbeit" mit zu vielen anderen solchen Kriterien kollidieren muß; da sind z.B. Unverträglichkeiten bestimmter Gefangener untereinander und vieles andere mehr zu bedenken. So ist der Wunsch, nach "Arbeit" segregieren zu wollen, Ausdruck einer gewissen Überforderung und Verwirrung, welche beide gewöhnlich in Fanatismus münden, hier in Arbeitsfanatismus. Als die Anstalt nach einiger Zeit bemerken mußte, wie undurchführbar jener Wunsch war. trieb der Fanatismus das Oldenburger Team 4 dazu, jene Segregation zu erzwingen, indem die "Nichtarbeiter" in ihre Hafträume eingeschlossen wurden, kurz bevor die "Arbeiter" aus den Werkstätten und Betrieben zurück auf ihre Haftstationen kehrten.

"Gute" und "schlechte" Haftstationen

Nun ein leichtes zu erklären, wie "schlechte" Haftstationen entstehen. Da die am meisten gehandicapten und/oder gestörten Gefangenen nicht arbeiten können, sammeln sie sich unweigerlich auf einer "Nichtarbeiterstation". In Oldenburg war das die Station C4, wo auch der Verfasser untergebracht war. Da die gewünschte Trennung in "Arbeiter" und "Nichtarbeiter" mißraten mußte und dann mittels des Notbehelfs frühzeitigen "Nichtarbeitereinschlusses" (um 15.45 Uhr) erzwungen worden war, verringerten sich die Kontaktmöglichkeiten der "Nichtarbeiter" auf ihre eigene Kaste. Zu letzterer zählten auf der Station C4 acht Gefangene, die fortan auf sich allein angewiesen waren, zumal die Mehrzahl dieser acht Untermenschen nicht zum Hofgang oder zum Sport gehen konnte oder wollte. 24 Stunden täglich und 365 Tage im Jahr hockten diese acht nun aufeinander und spielten "Warten auf Godot". Hinzu kommen Disziplinarstrafen wegen fortgesetzter Arbeitsverweigerung, kein Taschengeld, , und so wird jede Zigarette ein Ereignis, unter Umständen Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen. Ein Irrenhaus entsteht. Zumal die Gefangenen, selbst die weniger hellen, genau verstehen, wie äußerst übel ihnen da mitgespielt wird. Wie Mehltau legt sich auf eine solche Station das Gefühl völliger Verzweiflung.

Im Juli 2006 war der Verfasser zu einem Häufchen Elend geworden und völlig überreizt. Er suchte Hilfe beim Ärztlichen Dienst, dessen Neurologe ihm eine 3-wöchige Kur mit einem Psychopharmakon verschrieb. Einen Tag vor Ende dieser Kur beschloß der Verfasser, seinen Haftraum fortan nicht mehr zu verlassen, da er nicht von Psychopharmaka abhängig werden wollte. Anfang September 2006 wurde er endlich nach Sehnde verlegt, wo er völlig traumatisiert eintraf. Den Wunsch nach Verlegung in eine andere Anstalt hatte er bereits im März 2005 geäußert, wenige Tage nach Ankunft in der JVA OL. Wer Strafvollzug nur ein wenig kennt, liest in der JVA OL auf jeder Wand und über jeder Tür ein in großen Lettern geschriebenes "Hier endet der Einflußbereich des Strafvollzugsgesetzes". Die JVA OL ist verrückt. Denn wie werden Menschen genannt, die das Gegenteil dessen tun, was zu tun sie überzeugt sind und bekunden? In einem von der Antstaltszeitung "Tr§tzdem", Nr. 34, Ausgabe September 2006, mit dem Assistenten der Vollzugsabteilung des Team 4, dem "Abteilungshelfer" Herrn Flur, geführten Interview warf letzterer sich wie folgt in die Bresche: "Ich warne vor den >Sittichstationen<!" ("Sittiche" nennt der Gefangenenjargon wegen Sittlichkeitsdelikten verurteilte.) Laut Herrn Flürs eigenem Bekunden war die Einrichtung von "Nichtarbeiterstationen" sowie des sich anschließenden frühzeitigen Nachteinschlusses um 15.45 Uhr ein allerdings von Team 4 eigenständig gefaßter Beschluß. Fanatismus macht blind, manchmal bösartig.

Solcher Fanatismus ist die Folge maßloser Überforderung seitens des Justizministeriums, mit welcher dieses seine Justizvollzugsbediensteten nachgerade mißbraucht. Letztere sind keine Sklaven, die jeglichen Rechtsbruch ihres Dienstherrn eifrigst mitzuvollziehen hätten. Und tatsächlich regt sich unter Bediensteten - wenn auch versteckt - Protest. So hing in der JVA Sehnde eines Tages ein Bastelensemble in einem Stationsbüro: ein Gefangener in traditioneller Streifenkluft als ca. 0 cm hohe und an einem Galgen hängende Stoffpuppe, an deren einem Fuße eine schwarze Eisenkugel an einer Kette baumelte. Selbstverständlich gab es Gefangenenbeschwerden, und das Bastelensemble verschwand als bald, doch ist seine Botschaft eindeutig und eindeutiger Protest gegen den HS-Vollzug in Niedersachsen. Zumindest zu den Gefangenen "schlechter" Stationen, und auch wenn sich letztere in Sehnde ohne einen totalen Arbeitsfanatismus weit weniger krass ergeben, müssen Bedienstete ein sonderbares Verhältnis entwickeln, der Art, wie freie Menschen es über "Todgeweihten" nun einmal haben müssen. So wohl zu ihrem seelischen Schutz, wechseln die Bediensteten alle paar Tage auf andere Stationen - Abstand halten zu denen, die eine nachträgliche Sicherungsverwahrung voraussichtlich wohl erhalten werden/sollen oder die jene "SV" vom Strafgericht bereits ausgesprochen erhalten haben, sowie Abstand halten zu den Lebenslänglichen, denen Vollzug heutzutage kaum noch eine Chance auf Freiheit gibt, was für all diese Gefangenen heißen muß: Haft bis zum Einsetzen fortgeschrittenen körperlichen oder geistigen Verfalls oder bis zum Tode. So geht die Vollzugsabteilungsleitung bereits fest davon aus, der Verfasser werde nach Haftende in Sicherungsverwahrung genommen werden. Wieso sonst wäre er auf der "schlechtesten" Station? Das allein beweist, daß er die "nachträgliche SV" verdient, nicht?! Manch einer mag sich mit dem Lesen von Buchstaben schwertun, die Sprache der Bilder und Zeichen versteht jeder.

Narzißtische Borderline-Persönlichkeiten im Strafvollzug ("Narbos")

Der bis hierhin beschriebene Horror "schlechter" Stationen vervielfacht sich, sobald dort ein "Narbo" eintrifft. Dieser muß zwingend früher oder später der "schlechtesten" Haftstation landen, weil eine jede Station versuchen wird, einen Narbo loszuwerden. Schnell wird er ans Ende durchgereicht. Die psychisch stärkeren Gefangenen "guter" Stationen dulden einen Narbo nicht und werden sich als letztes Mittel gegen einen Narbo zusammenrotten und ihn krankenhausreif schlagen, nur um ihn irgendwie los zu sein.

Die Rede ist hier von Gefangenen mit einer ausgeprägten Borderline-Persönlichkeitsstörung, die mit einer gleichfalls narzißtischen Persönlichkeitsstörung einhergeht. Diese Störungskombination ist äußerst selten, dafür umso extremer. Vermöge eines pathologisch hoch aufgeladenen und maßlos zwanghaften Kontroll- und Dominanzstrebens, wird ein Narbo "schwache" Gefangene unablässig terrorisieren. Auf "schlechten" Stationen findet er reiche Beute, da er von traumatisierten und ihm körperlich unterlegenen Gefangenen, wenn diese zugleich im vollzuglichen Zwangsgemeinschaftsleben isoliert sind und keinen "Gruppenschutz" genießen, unwiderstehlich angezogen wird und sich sodann regelrecht verbeißt.

Ein Narbo wähnt sich einen überlegenen und großartigen Gott, den alle anderen zu bedienen und zu bewundern haben. Menschen sortiert er in verfügbare und nicht verfügbare "Stücke". Nimmt er zu einem "verfügbaren Stück" Kontakt auf, mißrät ihm dieser zwingend zu einer potentiellen oder tatsächlichen Geiselnahme. Ergriffen von sich selbst und seiner Großartigkeit, kann ein Narbo über den Stationsflur wandeln und mit vor blöder Begeisterung bebender Stimme wiederholt ausrufen: "Ich bin Gott!" Er meint das ernst. Die medizinische Fachwelt hält Narbos für moralisch schwachsinnig, und das sind sie sicherlich. Jenseits von Gut und Böse, ist einem Narbo alles, das er tut, "doch nur Spaß!". Über alles und jeden will ein Narbo beständig informiert sein, und er steckt seine Nase bevorzugt in Dinge, die er nicht versteht und die ihn viel weniger noch etwas angehen. Er benötigt sein göttliches Allwissen, um damit zu intrigieren und sich bei überlegenen lieb Kind zu machen. Narbos gelten ausnahmslos als übergriffig und gewaltbereit, als Narzißten sind sie leicht kränkbar und entwickeln maßlose Rachegelüste. Allerdings sind sie impulsgesteuert und ihre Impulse, denen sie die Bedeutung höherer Eingebungen beizumessen neigen, währen meist nur kurz. Ist ein Narbo Unterlegenen gegenüber ein Gott, wird er Überlegenen und so auch dem Justizvollvollzugspersonal gegenüber zu einem braven und dienstbaren Hündchen. Als Narziß Schauspielerpersönlichkeit bzw. Schmierenkomödiant, gelingt ihm das Umsteuern verzögerungslos: von Gott zu Hündchen in 7 Millisekunden! Wegen der für Borderliner symptomatischen chronischen Übererregtheit des Gehirns ist er denkunfähig und Reiz-Reaktions-Apparatur. Mit solcherlei Talenten gesegnet, werden ihm bisweilen von der Anstalt vollzugliche Vertrauensaufgaben übertragen, da insbesondere die Hausarbeiterstelle einer Haftstation. Nun für die Essensausgabe und etliches andere Wichtige zuständig, läßt sich Dominanz und Kontrolle ausüben. Indem er zudem dessen Räumlichkeiten reinigt, gewinnt ein Hausarbeiter-Narbo engeren Kontakt zum Vollzugspersonal, wovon er sich weitere Macht- und Einflußmöglichkeiten verspricht.

So war der Verfasser baß erstaunt, in dem letzten für ihn in der JVA OL erstellten Vollzugsplanungskonferenzprotokoll all das dümmliche Geschwätz und sämtliche der banalen Allgemeinplätze wiederzufinden, die ihm der Hausarbeiter unermüdlich und tagtäglich immer wieder ungebeten zum besten gegeben hatte: "Tue dies, das und jenes nicht, denn das kommt bei der Vollzugsabteilungsleitung und bei den Beamten ganz furchtbar schlecht an." Der Verfasser maß diesem Geschwätz keine Bedeutung zu. Ein Irrtum, war ein Narbo doch offensichtlich zu einem Berater der Vollzugsabteilungsleitung geworden bzw. Mitverfasser des VPK-Protokolls eines Mitgefangenen. Dies zeigt, wie sehr das Oldenburger Vollzugspersonal schwimmt. Und es kam zu einem weiteren unglaublichen Vorfall. Zwei Monate vor Erstellung besagten VPK-Protokolls belästigte jener Hausarbeiter einen zutiefst traumatisierten Mitgefangenen massiv, was den Verfasser veranlaßte, den Narbo zwar energisch doch sachlich aufzufordern, jenen Mitgefangenen in Frieden zu lassen. Der so aufgeforderte lenkte ein und bat um ein kurzes Gespräch unter vier Augen. Neugierig wurde der Waschraum der Station aufgesucht. Dort erhielt der Verfasser unvermittelt einen Kopfstoß gegen die Oberlippe und wurde belehrt, es stehe ihm nicht zu, ihn (den Narbo) im Beisein noch weiterer Gefangener zu kritisieren. Dieses wurde von Mitgefangenen durch die Glastür des Waschraums hindurch beobachtet und an die Anstaltsleitung, das Justizministerium und die Staatsanwaltschaft berichtet. Üblicherweise reicht die Meldung eines solchen Vorfalls,um den Aggressor wegzuverlegen, zumindest bis der Vorfall abschließend ermittelt ist. Nichts geschah. Anderntags entschuldigte sich der Angreifer, und als die Staatsanwaltschaft den Verfasser viel später fragte, ob er aussagen wolle, verneinte dieser. Für die Anstalt war dies entlastend, da ein Strafverfahren gegen den Narbo dessen spätere Abschiebung ins Heimatland verzögert haben würde. Die ganze Sache hätte also einvernehmlich vergessen werden können. Was nur hat die Vollzugsabteilungsleitung dann später geritten, dem Verfasser ein VPK-Protokoll mit blamablem und herabsetzendem Inhalt zu schreiben? Ein Irrenhaus.

Anscheinend hält der Vollzug Gefangene, die sich - so wie der Verfasser - nicht an den ihnen angebotenen Resozialisierungsmaßnahmen beteiligen und nicht arbeitswillig sind, für böswillige Saboteure und Feinde. Doch hat der Verfasser für sein Verhalten gute Gründe. Resozialisierung darf nicht erzwungen werden, denn das Persönlichkeitsrecht Gefangener ist gesetzlich verbrieft. Dieses Recht versucht der Vollzug mit offenbar „kreativen" Mitteln zu brechen und faßt rechtlich orientierte Gefangene als persönlichen Affront auf. Wie auch sollte ein von einem maßlos rechtswidrigen Vollzug wie dem in der JVA OL maßlos überfordertes Justizpersonal nicht eine hauchdünne Haut bekommen?!

Je mehr ein Vollzug durch die Vorgaben des Justizministeriums mit dem Rücken an die Wand gedrückt wird,muß er mit seinen Gefangenen in ernste Konflikte geraten. Auf der Haftstation des Verfassers in der JVA Sehnde gibt es zwar ein Prachtexemplar der Gattung Narbo,doch sind diesem weder eine Hausarbeiterstelle noch andere Vertrauensaufgaben übertragen. Jener Oldenburger Hausarbeiter mag für den dortigen Vollzug eine Art Fuchs gewesen sein,der den Stationshühner= stall dauernd unter Druck hält. Vermöge seiner besonderen Talente nötigt ein Narbo ihm „verfügbare" Gefangene,mit ihm eine „Gruppe" zu bilden,die er dann einsetzt,um seine Dominanz auf weitere Gefangene auszudehnen. Mithin nötigt er eine Station,sich in gegen ihn und sein Fußvolk gerichtete defensive Gruppen zu organisieren,womit die Station fraktioniert wird. Ohne dem Vollzug zu nahe zu treten, ist ihm letzteres sicherlich willkommen. Denn einvernehmlich kooperativen und solidarischen Gefangenen gelingt es, ihre Rechte zu behaupten bzw. durchzusetzen,was einem Vollzug viel Arbeit und Unannehmlichkeiten macht: Besprechungen,Schreibarbeiten,Verfassen von Stellungnahmen für die StVK oder fürs Justizministerium,schlimmstenfalls werden sogar Medien kritisch aufmerksam. Auf Gefangene, ie sich mit ihren Schreiben an rechtliche oder sonstige zivilgesellschaftliche Instanzen draußen wenden, st das geflügelte Wort gemünzt: „Wer schreibt, der bleibt!", heißt: bleibt bis zum richterlich festgesetzten Endstrafenentlassungszeitpunkt in Haft, und eine „nachträgliche SV" droht!

Da sie ihre Probanden nur kurz zu Gesicht bekommen, können selbst forensische Gutachter einen Narbo kaum diagnostizieren („Hündchen"). Doch wissen Vollzüge in aller Regel mehr. Da Narbos regelmäßig bereits frühzeitig straffällig geworden sind, kennt der Vollzug sie und ihr Verhalten aus vorhergegangenen Haftzeiten. Allein unerfahrenes oder durch Überforderung desorientiertes bzw. bösartig gewordenes Vollzugspersonal macht einen Narbo zum Hausarbeiter — oder zu seinem Diensthund!

Schlussbetrachtung

Größtmögliche Ausbruchssicherheit und größtmögliche Drogenfreiheit und größtmögliche Durchsetzung der Arbeitspflicht sind Maßgaben, welche die neuen niedersächsischen Hochsicherheitsgefängnisse zu Strafvollzügen machen, die sich vom Strafvollzugsgesetz des Bundes abkehren. Mittels kleiner hermetisch voneinander abgetrennter Haftstationen findet in Verbindung mit dem alles überragenden vollzugsleitenden Ziel der Erfüllung der Arbeitspflicht eine gezielte Insassensegregation statt, die vom Justizministerium verharmlosend als „Binnendifferenzierung" ausgegeben wird. Tatsächlicher Effekt jener „Binnendifferenzierung“ ist, allein denjenigen Gefangenen (spärlich) Resozialisierung anzubieten, welche die geringsten Hemmnisse und Handicaps für deren Erfolg aufweisen. Dabei scheint die JVA Oldenburg Bemühungen um eine Resozialisierung ihrer Gefangenen beinahe völlig aufgegeben zu haben bzw. hat sie diese noch nie gezeigt. Oldenburg ist ein Verwahrvollzug, der die am meisten gehandicapten bzw. kranken Gefangenen wegsperrt; häufig scheinen medizinische Indikationen vorzuliegen, die eine teurere Unterbringung in spezialisierten Einrichtungen erforderlich machen würde. In Sehnde und Oldenburg sind Stationen entstanden, die von Aussichtslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Isolierung bestimmt sind; auch da geht die JVA OL negativ voran.

Die neuen niedersächsischen HS-Vollzüge passen sich nahtlos in den ideologischen Mainstream der Gesellschaft ein bzw. zelebrieren sie diesen geradezu. Die bisherige und überall akzeptierte uralte Binsenweisheit „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" wird an die Verhältnisse einer Industriegesellschaft angepaßt, die aufgrund wechselnder wirtschaftlicher Konjunkturen und insbesondere aufgrund neuartiger und weitreichender weltpolitischer und -wirtschaftlicher Umbrüche - Globalisierung! - vor allem einfache Arbeit nicht mehr anbieten kann bzw. diese nicht mehr in der BRD nachfragt. Nun nicht mehr profitabel verwertbare Menschen werden zu Belastungen des Staatshaushalts: Wer nicht arbeitet, erhält zwar noch zu essen, verliert jedoch den Schutz von Recht und Gesetz. Entlang der Achse Arbeit scheiden sich Gut und Böse in einem offenbar moralischen Sinne. Staat und Behörden scheinen in die Rolle der moralisch Guten geschlüpft zu sein, welche die moralisch Bösen, die „Nichtarbeiter" bestrafen sollen/müssen/dürfen. Dabei ermächtigen sich Staat und Behörden zusehends, Parlament und Justiz vorzugreifen. Es offenbart sich, wie sehr selbst die späte moderne Gesellschaft einem vormodernen, quasi religiösen Staatsverständnis verhaftet geblieben ist. Mehr noch scheint dies heute religiöser denn je. Kannte das vormoderne Verständnis immerhin die Reihung aus Gott, Papst, Kaiser, Staat/Behörden und Untertan, hat der Verlust von Papst und Kaiser Staat und Behörden in offenbar unmittelbarste Nähe zu der moralischen Über-Instanz Gott gerückt/verrückt. Letzteres bewies sich erst unlängst in der Bestrebung, das Amt des Bundespräsidenten, des höchsten Repräsentanten des Staates, durch Direktwahl aufwerten zu wollen. Näher zu Gott: Köhler for Kaiser!

Die Landesjustizministerien dürfen ihre Richterschaften örtlich und fachlich umsetzen. Unter Hinweis auf ihre verfassungsnotwendige Unabhängigkeit kämpft die Richterschaft gegen dies Mittel ihrer Disziplinierung bisher leider erfolglos. Der StVK Hildesheim liegt seit Dez. 2006 ein Antrag des Verfassers auf Entscheid gegen die Beschränkung der von der JVA Sehnde in seinem Haftraum zugelassenen Bücherzahl auf fünf vor. Der gerichtliche Beschluß steht bis heute hin aus. Mit Hartz IV brach draußen nicht allein jener große Rechtsdamm der Achtung von Zwangsund Pflichtarbeit (BGBl. H 1956,640),sondern auch jener viel schwächere Damm des Strafvollzugsgesetzes des Bundes. Wie sonst hätten im Jahre 2005 Zwangsverlegungen von Strafgefangenen in eine Untersuchungshaftanstalt, die JVA OL, beginnen können! Das Strafvollzugsgesetz des Bundes überdauerte das BGBl. IE 1956,640 um nur wenige Monate. In Haft und draußen ein religiöses Irrenhaus.