2008-01:Der Müll mit der Menstruation

Aus grünes blatt
Version vom 11. März 2008, 18:27 Uhr von Zymth (Diskussion | Beiträge) (Rechtschreibkorrektur)
(Unterschied) →Nächstältere Version | Aktuelle Version ansehen (Unterschied) | Nächstjüngere Version← (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen

Der Müll mit der Menstruation

kim Wegwerfbinden und -tampons sind die am häufigsten verwendeten und wohl bekanntesten Menstruationshygieneartikel. Sie sind in Supermärkten, Apotheken und Drogerien erhältlich sowie als Werbung in Zeitschriften, Fernsehen und auf Plakaten präsent. Dort werden sie als sauber, sicher, praktisch und diskret angepriesen. Von der Menarche, der ersten Monatsblutung, bis zur Menopause, der letzten Blutung, verwendet eine Menstruierende etwa 10.000 Tampons und/oder Binden¹.

Um sich zu fragen, woher die Rohstoffe für Tampons und Binden kommen, muss mensch wissen, woraus sie eigentlich bestehen. Meine Produktanfragen bei ein paar in Deutschland vertretenen Tampon- und Bindenfirmen sowie Internetrecherchen ergaben:

Konventionelle Tampons bestehen hauptsächlich aus gepresster Viskosewatte, mittlerweile nur noch selten oder nur in kleineren Anteilen aus Baumwollwatte und Binden bestehen aus Zellstoff. Zusätzlich sind Binden und Tampons mit einer Plastikschicht, die z.B. aus Polypropylen oder Polyethylen besteht, umgeben. Manche Binden enthalten auch saugfähiges Plastikgranulat.

Die Rohstoffe

Viskose wird durch verschiedene chemische Prozesse aus Zellstoff hergestellt. Zellstoff wiederum wird aus Industrierestholz hergestellt, welches z.B. bei der Möbelindustrie anfällt. Es ist nicht klar, wo genau das Holz herkommt. Es kann sowohl von Buchen und Fichten als auch von Pinien, Eukalyptus und anderen Baumarten stammen.

Baumwolle gilt als das Agrarprodukt mit dem höchsten Einsatz an Düngemitteln und Insektiziden. Auch der Wasserverbrauch, der durch die Bewässerung der Anbauflächen entsteht, ist enorm hoch. China, die USA, Indien und Pakistan sind die Länder mit dem größten Weltmarktanteil in der Baumwollproduktion - zusammen rund 60%. Der Anteil an gentechnisch veränderter Baumwolle liegt in China bei 60%, in den USA bei 79% und ist weltweit am steigen. Der Bio-Baumwollanteil auf dem Weltmarkt liegt derzeit bei 0,1%.

Kunststoffe wie Polypropylen und Polyethylen werden aus Erdöl gewonnen und sind so gut wie nicht kaputtzukriegen, daher werden aus Polypropylen auch Sachen hergestellt, die möglichst nicht so einfach verrotten sollen, wie z.B. Kabelummantelungen, Rohrleitungen oder Seile.

Erdöl wird weltweit über weite Entfernungen transportiert. Der Transport von den Förderstätten zu den Verbrauchern geschieht auf dem Seeweg mit Öltankern, über Land überwiegend mittels Rohrleitungen (Pipelines). Mit der Ölförderung sind immer wieder katastrophale Folgen für die Umwelt verbunden. Beispielsweise, wenn eine Ölquelle sich entzündet oder wenn wieder einmal Strände und Meeresteile durch ein Tankerunglück mit einem schwarzen Teppich überzogen werden.

Umweltverträglichkeit

Konventionelle Binden und Tampons sind Einwegprodukte und landen nach ihrer Benutzung im Müll (oder in der Toilette, wo sie die häufigste Verstopfungsursache darstellen). Jährlich gelangen Unmengen an Wegwerfmonatshygieneartikeln auf Deponien oder in Müllverbrennungsanlagen. Bei der Verbrennung entsteht Kohlendioxid, das den Treibhauseffekt weiter verstärkt.

Wegwerfprodukte erzeugen schon allein deshalb einen hohen Energieverbrauch, weil sie nicht wiederverwendbar sind. Zur Herstellung werden ständig neue Rohstoffe wie Holz, Baumwolle und Erdöl für die Kunststoffe benötigt und für die einzelnen Verarbeitungsschritte wiederum Chemikalien z.B. zum Aufschließen des Holzes zu Zellstoff, zum Bleichen des Zellstoffs oder zur Viskoseherstellung benötigt.

Gesundheitliche Aspekte

Für Tampons und Binden gelten die gesetzlichen Grenzwerte für Hygienepapiere, die auch für Taschen- oder Kosmetiktücher gelten. Anders als diese sind aber Tampons oder Binden über viele Stunden in engem Kontakt mit dem Körper und sollten daher eigentlich eher wie Lebensmittel oder andere Produkte, die längere Zeit im oder am Körper verbleiben, eingestuft werden.

In verschiedenen Tamponmarken waren bei Tests Chemikalien wie das als krebserregend geltende Formaldehyd sowie andere halogenorganische Verbindungen nachweisbar, die laut Herstellern Rückstände des Bleichprozesses sind (Ökotest Jahrbuch 2008).

Bis aus den Rohstoffen einmal Tampons oder Binden werden, unterlaufen diese viele verschiedene chemische Behandlungen, bei denen kleine Mengen an Chemikalien in den Endprodukten verbleiben und so mit menschlichen Körpern in Kontakt kommen.

Die Benutzung von Tampons birgt ein geringes Risiko einer Erkrankung am Toxischen Schocksyndrom (TSS), das durch Bakterien ausgelöst werden kann, welche in im Tampon aufgefangenen Blut einen guten Nährboden finden.

Und die Alternativen?

Es gibt Wegwerfbinden und -tampons, die aus Bio-Baumwolle bestehen. Sie sind in Bioläden erhältlich. Allerdings gibt es auch unter den Bio-Binden und -Tampons Herstellungsfirmen, die Kunststoffe z.B. als Verpackung für die Tampons verwenden. Und auch ein Bio-Wegwerfprodukt ist eigentlich nicht wirklich ökologisch.

Außerdem gibt es verschiedene wiederverwendbare Menstruationshygieneartikel. Ähnlich wie Tampons funktionieren Naturschwämme, die aber nach Gebrauch ausgespült und wiederverwendet werden. Sie sind 4-6 Monate verwendbar, danach lösen sie sich auf. Die Schwämme werden aus Korallen, Tieren die auf dem Meeresgrund in Riffen leben, hergestellt und damit nicht für VegetarierInnen und VeganerInnen geeignet.

Der sogenannte menstrual cup (Menstruationstasse) ist ein aus Gummi oder Silikon bestehender Becher. Er wird in die Scheide eingesetzt, wo er das Menstruationsblut auffängt. Nach spätestens 8 Stunden soll er entnommen, entleert und ausgespült werden und kann danach wieder eingesetzt werden. Die Becher sind laut Herstellern bis zu 10 Jahre verwendbar, was den im Vergleich hohen Anschaffungswert von rund 30 € ausgleicht. Menstruationsbecher und Stoffbinden sind in Deutschland über Online-Versand sowie in manchen Bioläden und Frauengesundheitszentren auf Bestellung erhältlich.

Wiederverwendbare Monatsbinden bestehen aus Baumwolle, Hanf oder Seide. Sie können nach Benutzung einfach in der Waschmaschine gewaschen und wiederverwendet werden. Mit ein wenig Aufwand kann mensch sich auch selbst Binden nähen und an seine Bedürfnisse anpassen.


zu ¹: 4 Hygieneprodukte pro Tag x 6 Blutungstage x 12mal im Jahr x 35 Jahre von der ersten bis zur letzten Blutung = 10080 Menstruationshygieneprodukte


verwendete Literatur:

Ökotest zu Tampons: http://oekotest.de/cgi/ot/otgs.cgi?doc=65688

Wikipedia-Artikel zu Baumwolle, Viskose, Zellstoff, Polypropylen, Polyethylen, Menstruationsbecher auf http://de.wikipedia.org