2008-02:Feldbesetzung bei Bütow

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BASF-(Gen)Feld bei Bütow besetzt

alle In der Nacht zum 30. April haben UmweltaktivistInnen in Bütow (Mecklenburg-Vorpommern) einen Kartoffelacker von BASF besetzt. Nach Feldern in Gießen, Nürtingen, Northeim, Forchheim und Groß-Gerau war dies die sechste Feldbesetzung in diesem Jahr (http://www.gentech-weg.de.vu). Mit einer spektakulären zweistöckigen Holzkonstruktion wollten die BesucherInnen auf dem Feld weithin sichtbar und vor einer schnellen Räumung gesichert sein. Erfahrene KletterInnen könnten sich auf der Spitze anketten und wären so nur mit großem Aufwand wieder loszueisen.

Auf diesem Acker sollten gentechnisch veränderte Kartoffeln der Sorte Amflora zur Vermehrung ausgebracht werden. Die Kartoffeln produzieren eine größere Menge der für die Industrie verwendbaren Amylopektin-Stärke. Noch in diesem Jahr soll die EU-Kommission über die kommerzielle Zulassung der „Stärke“-Kartoffel entscheiden. Bis dahin hat BASF schon einmal die Erlaubnis erhalten, Feldversuche und Saatgutvermehrungen an verschiedenen Standorten durchzuführen.

„Die BASF-Versuchsfelder waren in den vergangenen Jahren schon des öfteren wegen unverantwortlicher Versuchsdurchführungen negativ in der Presse aufgefallen. Nach der Ernte blieben kiloweise Kartoffeln ungeschützt auf den Äckern liegen und niemand kontrollierte, ob sich nicht Tiere über die Reste hermachten. Trotzdem erhält das Unternehmen die Erlaubnis, für weitere Versuche Tausende Knollen in die Umwelt zu bringen“, argumentiert eine Umweltaktivistin. Mit der Besetzung des Kartoffelackers wollten die AktivistInnen die Pläne des Unternehmens empfindlich stören. Schon am 13. April musste BASF nach einer Aktion des Barnimer Aktionbündnis gegen Gentechnik in Falkenberg seine Versuchspläne zurückschrauben (http://www.de.indymedia.org/2008/04/213360.shtml?c=on#c495408).

„Außerdem wollen wir auf dem Acker ein Forum schaffen, auf dem sich AnwohnerInnen, LandwirtInnen, Interessierte und SkeptikerInnen treffen und miteinander ins Gespräch kommen können,“ erklären die AktivistInnen. „Bei Entscheidungen über eine derartige Risikotechnologie sollen alle mitreden. Schließlich betrifft es ja auch alle Menschen dieser Erde. Bisher entscheiden undurchsichtige Gremien aufgrund fragwürdiger Grundlagen. In diese Vorgänge wollen wir uns einschalten.“

„Wir glauben nicht, dass diese Stärke-Kartoffel irgendjemandem nutzt: Von Seiten der Industrie war bisher zu hören, dass sie Stärke aus gentechnisch veränderten Kartoffeln nicht verarbeiten will. Zur Minderung von weltweitem Hunger trägt sie schon gar nichts bei, und außerdem enthält sie ein umstrittenes und längst überholtes Antibiotikaresistenzmarker-Gen. Und dass BASF mit dem Zulassungsantrag der Kartoffel als Futtermittel gleichzeitig die Zulassung als Lebensmittel beantragt hat, stimmt uns alle sehr misstrauisch,“ meinen die BesetzerInnen.

In den nächsten Tagen wollen die BesetzerInnen sich selbst und weiteren BesucherInnen die Zeit mit einem interessanten Informations- und Kulturprogramm vertreiben:


Presse-Info über die Räumung

Polizei räumt Genfeldbesetzung in Dambeck
Aktivist_innen kündigen Mahnwache und weitere Aktionen an

besetzi Dambeck Am Nachmittag des 30.4. räumte die Polizei die zunächst erfolgreiche Besetzung des Versuchsfeldes für gentechnisch veränderte Kartoffeln der Sorte Amflora bei Dambeck im Landkreis Müritz (Mecklenburg-Vorpommern) Die drei Personen, die sich auf 8 Meter hohen Holzdreibeinen angekettet hatten, wurden durch das Vorgehen der Polizei z.T. stark gefährdet, auch gegen die restlichen der etwa 30 Besetzer_innen wurde gewaltsam vorgegangen.

Für die nächsten Tage haben die Aktivist_innen unter anderem eine Mahnwache am Genfeld geplant, damit wollen sie die bevorstehende Aussaat kritisch begleiten.


Nachdem in den letzten Wochen mehrere Feldbesetzungen mit der Aufgabe der Genversuche geendet hatten, reagierten Landwirt Niehoff und die örtlichen Polizei unerwartet hart. Um den Schutz der besetzten Ackerfläche zu gewährleisten, schien ihen fast jedes Mittel recht. Das Camp auf dem Acker wurde zunächst von Bereitschaftspolizei umzingelt und nach sehr kurzer Zeit damit angefangen, die anwesenden etwa 30 Personen vom Acker zu schleifen. Einige von ihnen wurden auch mit Kabelbindern gefesselt. Ein Journalist vom Offenen Kanal Berlin wurde nicht nur am Filmen gehindert, sondern von mehreren Polizeibeamten zu Boden geworfen und brutal abgeführt, seine Kamera wurde dabei zerstört. Ähnlich ging es dem Rechtsanwalt der Besetzer_innen, der mit Polizeigewalt daran gehindert wurde, den Acker auch nur zu betreten, geschweige denn Kontakt zu den Festgenommenen aufzunehmen.


Von der Räumung der drei acht Meter hohen Holztürme waren die anwesenden Polizeikräfte offensichtlich technisch überfordert. Statt jedoch Spezialkräfte anzufordern, wurde einfach ausprobiert. Auch die Aktivist_innen die sich als Kontaktpersonen erklärten und wichtige Informationen vermitteln wollten, wie die Polizei möglichst vorsichtig die Aktivist_innen auf den Türmen räumen kann, wurden brutal abgeführt."Herr Niehoff war persönlich anwesend und hat sich durch besonders rücksichtslose Vorschläge hervorgetan; überhaupt schien es teilweise, als sei er der Einsatzleiter", berichtet Philipp Grunwald, der auf einem der Türme saß. "Aber auch von den Polizisten kamen immer wieder Sprüche, dass ich ja selber verantwortlich bin, wenn ich runterfalle."

Während der zweistündigen Räumung des ersten Turmes wurden ihm u.a. Rucksack und Klettergurt einfach zerschnitten und mehrmals ein Umfallen des Turmes sowie ein Reißen oder Brechen der ganzen Konstruktion riskiert. "Weil die Aufhängung des Rohres und später auch meine Sicherung zerschnitten wurde, hing ich lange Zeit direkt am Rohr. Dadurch wurden meine Arme abgeklemmt, aber den angeblich mich schützenden Polizisten war das egal.", berichtet er weiter.

Alle Festgenommenen wurden in der Polizeistation in Röbel für mehrere Stunden festgehalten. Gegen das Vorgehen der Polizei würden sie Anzeige wegen versuchter und tatsächlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung erstatten, kündigten die Besetzer_innen an.

Auf dem Flurstück bei Dambeck hatte Landwirt Niehoff im Auftrag der BASF Plant Science 20 Hektar für die Vermehrung von gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffeln angemeldet. Diese Kartoffeln beinhalten im Gegensatz zu herkömmlich Kartoffeln nur die Stärkeart Amylopektin. Damit soll der Industrie ein Arbeitsschritt erspart werden, da zur Herstellung von Klebstoffen oder Textilien nur Amylopektin benötigt wird. Die umstrittene Amflorakartoffel ist aktuell in der Diskussion. Die EU-Kommision will noch dieses Jahr über eine Genehmigung zur kommerziellen Verbreitung entscheiden. Beratschlagen tut sie diesbezüglich in der folgenden Woche. Dies wäre seit der Zulassung des Monsanto Bt-Maises die erste weitere Genehmigung einer gentechnisch Veränderten Pflanensorte und könnte der Agro-Gentechnik den Durchbruch erleichtern.

In der Nacht zum 30. April war der Acker in Dambeck von etwa 30 Umweltaktivist_Innen mit mehreren 8 Meter hohen Holztürmen und Zelten besetzt worden. Die Besetzer_innen hatten angekündigt, so lange bleiben zu wollen, bis der Versuch aufgegeben würde. Hoffnung auf Erfolg machten ihnen die erfolgreichen Besetzungen von Genversuchsfeldern in Oberbohingen bei Stuttgart, Gießen und Groß-Gerau bei Frankfurt, die in den letzten Wochen besetzt worden waren und mit der Aufgabe der Versuche geendet hatten. Ebenfalls aufgegeben wurde ein Versuch in Falkenberg im südlichen Brandenburg, auf dem etwa 70 Menschen öffentlich Biokartoffeln gesetzt hatten. Die Aussaat auf zwei Versuchsfeldern in Forchheim bei Karlsruhe und Northeim bei Göttingen wurde trotz Besetzungen mit Polzeigewalt durchgesetzt.

In Dambeck ist für die nächsten Tage eine Mahnwache am Genfeld geplant, damit soll die bevorstehende Aussaat kritisch begleitet werden.