2008-03:Für ein ganz anderes Klima – in der Klimabewegung

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Für ein ganz anderes Klima – in der Klimabewegung!

Überlegungen zur Mobilisierung gegen den Weltklimagipfel und zu Alternativen für eine emanzipatorische Klimabewegung.

Floh Im Dezember 09 findet in Kopenhagen die Weltklimakonferenz statt, auf der das Nachfolgeprotokoll von Kyoto verabschiedet werden soll. Kritik daran gibt es genügend und verschiedenste: Dass die Klimaschutzziele nicht weit genug gehen würden, à la Greenpeace, dass durch den Emissionshandel lediglich mit der Luft ein weiteres Produkt vermarktwirtschaftlicht wird, oder auch eine grundlegende emanzipatorische Kritik an einem Klimaschutz von oben.

Von daher hat die Weltklimakonferenz in Kopenhagen durchaus eine Berechtigung als Ort für Proteste der Klimabewegung. Beim Vergleich zu anderen Orten oder Strategien für Klimaprotest stellt sich aber die Frage, ob es sinnvoll ist sich auf große Gipfel zu konzentrieren oder zu beschränken, wie es die Globalisierungskritische Bewegung getan hat. Überall gibt es Angriffspunkte gegen klimazerstörende Projekte: Vattenfall-Werbung, Tankstellen, Kohlekraftwerke, Kohletransporte, Tierhaltungsanlagen, Straßen, Autos, Flughäfen, Steckdosen, die Liste von sinnvollen Angriffspunkten ist unendlich. Von daher besteht keine Notwendigkeit, die Proteste auf Gipfeltreffen zu bündeln.

Die Anti-Atom-Bewegung der 80er Jahre hatte z.B. das Problem, dass sie nur die Bauplätze der Atomkraftwerke als Orte für direkte Aktionen hatte. Diese wurden schnell von den Bullen uneinnehmbar abgesichert und es gab kein Durchkommen mehr. Die Anti-Atom-Bewegung rannte sich an den Bauzäunen ab, steckte eine Niederlage nach der anderen ein und verlor innerhalb von einigen Jahren ihre Stärke und ihr revolutionäres Potential. Auch damals gab es z.B. von den Revolutionären Zellen Vorschläge, direkte Aktionen auszuweiten auf andere Angriffspunkte, die aber von der Mehrheit nicht angenommen wurden, was dazu führte, dass die Bewegung in der Bedeutungslosigkeit verschwand.

Die Masse der sinnvollen Angriffspunkte für direkte Aktionen ist also gerade die Chance für eine Klimabewegung von unten. Zum Beispiel die Waldbesetzung gegen die Landebahn Nord-West in Frankfurt hat gezeigt, dass durch erfolgreiche direkte Aktionen schnell Bezugsgruppen entstehen können, die auch längerfristig zum Thema Klima (oder auch anderen) aktiv sind.

Noch gibt es in Deutschland keine ernstzunehmende Klimabewegung. Aber da davon auszugehen ist, dass das Thema in den nächsten Jahren noch präsenter wird und sich auch immer mehr Menschen vom Klimawandel direkt betroffen fühlen werden, wird auch die Linke Szene nicht an diesem Thema vorbeikommen und eine größere Klimabewegung ist wahrscheinlich.

Die Frage ist nur, wie diese Bewegung ausgerichtet sein wird. Ob es eine Bewegung aus gut vernetzten Bezugsgruppen sein wird, die sich viele Fähigkeiten aneignen (Aktions- und Blockadetechniken, inhaltliche Vermittlung, ...) und so klimaschädliche Projekte direkt verhindern können, in Diskurse eingreifen können und dem Ablauf eines kapitalistischen, klimafeindlichen Alltags Steine in den Weg legen können, und ihn im Idealfall abschalten können...

...oder ob es eine Bewegung wird, in der einige Eliten Großereignisse organisieren, wie Proteste gegen die Klimakonferenz oder das Klimacamp in Hamburg, bei denen Menschen nur die Funktion der Masse übernehmen, damit Eliten wie Alexis von Attac in der Presse für eine Bewegung sprechen können. Während diesen Großereignissen wird nicht an einer Vermittlung von Fähigkeiten gearbeitet und Vernetzung oder der Aufbau von Bezugsgruppen für Aktionen danach ist Fehlanzeige. Inhaltlich ist die Vermittlung sehr schwammig. Zwar haben viele Menschen, die sich an solchen Protesten beteiligen, eine weitgehende Kapitalismus- und Herrschaftskritik, doch gerade die Eliten, die in der Presse wahrgenommen werden, sind sich oft nicht zu blöd einfach mehr Klimaschutz von oben zu fordern. Genau für so eine Art von Bewegung steht die Mobilisierung nach Kopenhagen.

Die internationale Mobilisierung ist zwar sehr vielfältig und teilweise bestimmt radikaler als die aus Deutschland, aber sogar sich selbst als radikal bezeichnende Initiativen wie KlimaX fordern klar Klimaschutz von oben. Sie wollen die UN-Delegierten in ihrem Tagungshaus einschließen (also die Ausgänge blockieren), bis sie ein besseres / ordentliches Abkommen unterschrieben haben. Also ein offensives Einfordern von Politik von wenigen für die ganze Welt. Das ist unvereinbar mit emanzipatorischen Ansprüchen. In Deutschland wird die Mobilisierung hauptsächlich vorangetrieben von den gleichen Menschen, die schon den Prozess für das Klimacamp in HH vereinnahmt haben. Eliten von Attac, Solid und weiteren hierarchischen Gruppen. Sie wollen gesteuerte Massenproteste, um in der Öffentlichkeit für die gesamte Bewegung sprechen zu können. Bei vielen dezentralen, selbstorganisierten Aktionen wäre das nicht möglich, da die Aktionsgruppen sich selber um die Vermittlung kümmern würden, und eine Vereinnahmung nicht akzeptiert werden würde.

Für eine Klimabewegung von unten gibt es als Beispiel gerade die Idee ein rising-tide Netzwerk zu gründen, in dem sich Gruppen vernetzen, die zu emanzipatorischem Klimaschutz arbeiten wollen. Es soll sowohl inhaltlich gearbeitet werden als auch Aktionen geplant und durchgeführt werden. Eine andere Idee ist, 2009 wieder ein Klimacamp zu organisieren, bei dem aber frühzeitig aufgepasst wird, das eine Vereinnahmung durch NGO-Chekker nicht möglich ist, bei dem es keine Trennung oder Hierarchie zwischen Vorbereitungsgruppe und Teilnehmenden gibt, bei dem Pressearbeit offen ist, und das politische Ziel neben der direkten Aktion und der direkten Vermittlung vor Ort, das Stärken von selbstorganisierten Bezugsgruppen ist.

Sowohl rising-tide als auch die Vorbereitung des Klimacamps sind gerade personell stark unterbesetzt und werden nur umgesetzt werden können wenn sich mehr Menschen daran beteiligen. Von daher soll dieser Artikel kein Aufruf sein nicht nach Kopenhagen zu fahren. Das kann durchaus sinnvoll sein, wenn mensch eigene Aktionen plant und nicht bloß Masse ist. Sondern er soll ein Aufruf sein auch vor Ort zu arbeiten, eigene Konfliktorte zu schaffen und anzugreifen, oder sich halt bei den beschriebenen Projekten einzubringen.