2009-01:Kein Flughafenausbau in London

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Anti-Flugverkehrsproteste in London

Kelsterbach, Bürgerhalle: 200 Leute haben sich versammelt um sich ein Resümée des bisheriegen Widerstandes gegen die neue Landebahn in Kelsterbach anzuhören. Von allen Seiten wird er über 2 Staunden lang beleuchtet. Dann betreten Paul und Tilly aus London die Bühne. Bei ihren Ausführungen über den dortigen Widerstand gegen eine neue Startbahn wird deutlich was hier alles fehlt an widerständischem Potential: 60 AktivistInnen die eine Startbahn blockieren und sich auf dieser festketten, auch betagte AnwohnerInnen die sich neben “Berufsaktivisten” festketten, Poliiker und Manager die geschleimt werden (vergleihbar mit torten) und insgesamt ein qualitativ und quantitativ vie massiverer Widerstand.

Heathrow ist Europas größter Flughafen. Aber nicht der einzige in London. 5 Großflughäfen gibt es dort insgesamt. Und Heathrow ist nicht der einzige der ausgebaut werden soll. Bis zu den Olympischen Spielen 2012 sollen alle ausgebaut werden.

Aber anders als im deutschsprachigen Raum gibt es in England eine radikale, aktivistische Umweltszene und anders als hier ist das Thema Flugverkehr für sie ein Thema. Leo Murray von Plane stupid sagt: “Heathrow ist die wichtigste Frontlinie im Kampf gegen den Klimawandel geworden. Aktivisten mit viel Erfahrung treffen auf jüngere AktivistInen um zusammen dem Widerständigen vor Ort zu helfen ihre Häuser und Gärten zu verteidigen. Wir haben aus den Erfahrungen der Anti-Autobahn-Bewegung gelernt. Vorbereitungen für den Widerstand haben viel früher begonnen als das damals in Twyford Down oder Newbury der Fall war. Wenn die Pläne einer dritten Startbahn nicht fallen gelassen werden wird die Regierung es mit einer gut vorbereiteten Kampange zu tun bekommen”

Im Januar wurde das Projekt 3. Landebahn in Heathrow von der Regierung beschlossen. Die Starts und Landungen würden in Heathrow mit der neuen Bahn von 480 000 auf 700 000 steigen. 27 Millionen Tonnen CO2 würde der Flughafen jährlich ausstoßen. Doch noch ist das Projekt zu verhindern. Der rechtliche Weg hat bessere Chancen als im Normalfall, da z.B. die konservative Partei, und der Bürgermeister von London gegen diesen Ausbau sind. Und der Widerstand von unten ist entschlossen.

Doch nicht nur radikale KlimaaktivistInnen leisten Widerstand gegen die Ausbaupläne, sondern auch die AnwohnerInnen haben die Schnauze voll. Die alte Allianz von Grau- und Langhaarigen also mal wieder. 700 Häuser des Dorfes Sipsons müssten für die Startbahn weichen. Tausende Menschen wären von Abgasen und Lärm betroffen. Ihr neuester Plan: Sie haben eine Wiese gekauft auf Startbahnfläche. Diese wurde in tausend kleine Stücke unterteilt und an andere FlughafengegenerInnen verkauft. So müssen erst alle Tausend enteignet werden.

Neben vielen aktiven “freien Radikalen” ist die ebenfalls radikale und aktivistische Gruppe “plane stupid”, mit dem doppeldeutigen Slogan: ”bringing the aviation industry back down to earth” der Ausgangspunkt für zahlreihe Aktivitäten. Beeindruckend ist vor allem die Schlagzahl an Aktionen: kleinere Blockaden, lustige, kreative Straßenaktionen, Klein- und Großsabotage. Fast täglich passiert etwas. Und zwischendurch auch immer wieder wirklich beachtliche Aktionen: Am 10. Juni beispielsweise wurde die Startbahn des innerstädtischen Flughafens "London City Airport" über mehrere Stunden blockiert indem sich 5 AktivistInnen um ein auf der Landebhn befindliches kleineres Flugzeug ketteten, mit Metallrohren. In “London Stansted” fand eine ähnlich Aktion mit 60 AktivistInnen statt, wie bereits erwähnt.

Der Flugverkehr macht etwa 6% der globalen Emissionen aus. Fliegen ist die klimaschädlichste Fortbewegungsmethode die es gibt. Das hat mehrere Gründe. Zum einen haben Flugzeuge einen extrem hohen Energieverbrauch. Sie benötigen etwa das 3-fache an Energie wie Busse oder Züge. Zum anderen wird bei der Verbrennung von Kerosin nicht nur Co2 freigesetzt, sondern auch die noch klimaschädlicheren Emissionen Wasserdampf und Stickoxide. Hinzu kommt, dass diese Treibhausgase in der Höhe in der sie beim fliegen ausgestoßen werden etwa 3 mal so wirksam sind wie direkt am Boden. Nach Schätzungen des neuesten IPCC-Berichtes ist die gesamte Klimawirksamkeit beim Fliegen 1,9 bis 4,2 mal so hoch wie der alleinige Co2-Ausstoß. Doch das Problem sind nicht nur die klimarelevanten Wirkungen pro Kilometer im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln, denn mit anderen Verkehrsmitteln würde nie die Menge an Kilometern zurückgelegt werden. Urlaubsreisen für zwei Wochen nach Indien würden mit Zug oder Auto nicht unternommen werden. Genusowenig die Geschäftsreisen um die ganze Welt, und auch Politiker würden sich nicht öfters im Jahr für die gemeinamen Familienphotos treffen.

Und es ist auch eine soziale Frage: Denn die Massen an Touristen aus dem globalen Norden, die die Länder des globlen Südens stürmen, aber weder an den Menschen noch an ihren sozialen Problemen und Kämpfen interessiet sind, sondern nur an Sonne Strand Hotel und weiteren ekelhaften bekannten Ekszessen des Massentourismus'. Wer ernsthaft interess an Land und Kultur, an Menschen und ihrer Situation hat, wer soziale Kämpfe unterstützen will oder eine Vernetzung aufbauen will, der/die nimmt auch mehrtägige Reisen dafür in Kauf. Der existierende Massentourismus ist aber ausgerichtet auf ausgepowerte LohnarbeiterInnen die in einem Minimum an Zeit ein Maximum an Entspannung brauchen. Nur in diesem Zusammenhang machen Flugverkehr und Tourismusindustrie Sinn. Die Ursachen der Flughafenerweiterungen sind also auch an Fließband, Stechuhr und Arbeitsamt zu suchen.

Durch den steilen Anstieg der Flugkilometer wird dieser Sektor in Zukunft eine wichtige Rolle beim bekämfen des Klimachaos spielen. Etwa alle 10 Jahre verdoppeln sich die geflogenen Kilometer. Diesen Trend heißt es zu stoppen. Dafür ist es wichtig Flughafenausbaupläne zu verhindern, oder wenigstens nicht ohne Widerstand durchgehen zu lassen. Nicht nur in Lndon und Frankfurt werden Flughäfen ausgebaut sonder in vielen anderen Städten auch. Massenhaft Regionalflughäfen entstehen oder werden vergrößert. Widerstand tut Not. Und sich an der englischen Bewegung zu inspirieren ist vielleicht gar nicht so schlecht, da es dort Dynamiken gibt die nicht nur von den Eliten inszeniert weden.