2014-01: "Therapieunterbringungsgesetz" – nachträgliche Sicherungsverwahrung 2.0?

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"Therapieunterbringungsgesetz" – nachträgliche Sicherungsverwahrung 2.0?

Thomas Meyer-Falk Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht unter Ziffer 5.1:

"Zum Schutz der Bevölkerung vor höchstgefährlichen, psychisch gestörten Gewalt- und Sexualstraftätern, deren besondere Gefährlichkeit sich erst während der Strafhaft herausstellt, schaffen wir die Möglichkeit der nachträglichen Therapieunterbringung.“¹

Das bisher gültige Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) wurde im Eilverfahren als Antwort auf mehrere Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) geschaffen. Der EGMR stellte fest, die BRD habe die Menschenrechtskonvention verletzt, als sie zum einen die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung einführte, aber auch, als sie zum anderen rückwirkend die bis dato auf 10 Jahre begrenzte (erste) Unterbringung in der SV faktisch auf „lebenslang“ verlängerte.²

In Folge der Urteile aus Strasbourg kamen dutzende Verwahrte auf freien Fuß. Um angesichts der Medien, die einige der Entlassenen auf Schritt und Tritt verfolgten, so dass der Mob vor deren Wohnungen aufzog (exemplarisch die Vorgänge in Insel³), solche Freilassungen künftig zu vereiteln, wurde vom Bundestag ein Gesetz beschlossen, welches die weitere Inhaftierung ermöglicht, sofern auf Grund eines Urteils des EGMR feststeht, dass die bisherige Inhaftierung menschenrechtswidrig ist.

Da im Zuge einer Reform zumindest teilweise die nachträgliche SV abgeschafft wurde, will nun der Gesetzgeber das ThUG ausweiten, und damit die vom EGMR für menschenrechtswidrig erklärte nachträgliche Verhängung der Sicherungsverwahrung unter neuem Namen wieder einführen.

Hiergegen formiert sich Widerstand aus der Fachwelt⁴: 39 ProfessorInnen, AnwältInnen [auch Richter und ein Staatsanwalt], SozialarbeiterInnen und ein Pfarrer lehnen mit Nachdruck diese Pläne ab. In ihrem Offenen Brief⁴ bringen sie ihre zehn zentralen Kritikpunkte vor:

Die Pläne der Koalition seien unter anderem evident menschenrechtswidrig, es sei auch gar nicht möglich, zuverlässig zu entscheiden, wer tatsächlich „gefährlich“ und wer „ungefährlich“ sei. Die nachträgliche Unterbringung würde durch die Haft bedingte psychische Schäden durch weitere Freiheitsentziehung bestrafen, das Klima in den Gefängnissen würde sich (weiter) verschlechtern. Außerdem würden psychisch Kranke stigmatisiert, da hier ein Missbrauch der Psychiatrie erfolge, da psychische Krankheit mit Gefährlichkeit gleichgesetzt werde.


(Dieser Artikel wurde gekürzt)

Vollständige Version unter https://freedomforthomas.wordpress.com/2014/01/01/repression-durch-grose-koalition/

Thomas Meyer-Falk

c/o JVA (Sicherungsverwahrung)

Hermann-Herder-Str. 8

D-79104 Freiburg


https://freedomforthomas.wordpress.com/


1) S.145 http://www.tagesschau.de/inland/koalitionsvertrag136.pdf

2) http://www.abc-berlin.net/thomas-meyer-falk-urteil-zur-sicherungsverwahrung

3) http://www.abc-berlin.net/thomas-meyer-falk-hetzjagd-in-insel-sachsen-anhalt

4) http://www.strafvollzugsarchiv.de/index.php?action=archiv_beitrag&thema_id=4&beitrag_id=667&gelesen=667

Ein Interview dazu:

http://www.taz.de/Sicherungsverwahrung!131306/