2014-01: Update zum Fall Mark Kennedy

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Update zum Fall Mark Kennedy

Gerichtlicher Kampf gegen Intimität zwischen Spitzeln und Bespitzelten als Mittel zur Vertrauensgewinnung

Rowena Sieben Jahre lang war Mark Kennedy als Mark Stone in England, aber auch Frankreich, Deutschland und Dänemark eingesetzt. Während dieser Zeit hatte er mit mindestens zwei Aktivistinnen intimen Kontakt, wobei er mit einer von ihnen¹ über fünf Jahre eine Beziehung führte.²


Dass in emanzipatorischen Bewegungen eingesetzte Verdeckte Ermittler Beziehungen eingehen, ist keine Seltenheit und scheint in Großbritannien sogar eher die Regel zu sein: Bei acht von den neun in 2011 und 2012 eingesetzten und bekannten Verdeckten Ermittlern war dies der Fall.³ Es ist wohl tatsächlich ein effektives Mittel, um sich das Vertrauen von Einzelpersonen und Gruppen zu erschleichen und dabei für die bespitzelten Aktivist_innen potenziell besonders traumatisierend.

Klage

Im Oktober 2011 starteten acht Frauen ein Klageverfahren gegen fünf Polizisten der „Metropolitan Police“, die als Aktivisten getarnt zwischen 1987 und 2010 intime Langzeit-Beziehungen eingingen:

„Wir sind der Meinung, dass unser Fall den institutionalisierten Sexismus in der Polizei verdeutlicht. Es ist unglaublich, dass für eine Hausdurchsuchung ein richterlicher Beschluss nötig ist, aber wenn sie einen Beamten schicken wollen, der in den Wohnungen von Aktivistinnen lebt und mit ihnen schläft, dann ist das ohne weitere Prüfung möglich. … Wir klagen, weil wir wollen, dass die sexuelle und emotionale Gewalt gegen AktivistInnen und andere durch verdeckte Ermittler aufhört.“⁴


Dieser Fall betrifft den Einsatz von fünf der Cops, die sozial- und umweltpolitische Kampagnen infiltriert haben – Mark Kennedy ist einer von ihnen. Die Frauen meinen, dass die Tätigkeiten der Spitzel ihre Rechte bricht, die von der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt sind (Artikel 3 und 8). Die Frauen bringen auch Vorwürfe nach allgemeinem Recht vor: Betrug, tätlicher Übergriff, Treuepflichtverletzungen im öffentlichen Amt und Pflichtvergessenheit.

Das Klageverfahren wurde vorläufig auf die Punkte der Europäischen Menschenrechtskonvention beschränkt und wird im Geheimen geführt. Das heißt, dass die Frauen weder ein automatisches Recht auf eine mündliche Anhörung und ein Kreuzverhör der Zeug_innen haben, noch werden sie die Beweismittel der Polizei gegen sie selbst oder – falls sie das Verfahren verlieren – die Urteilsbegründung lesen dürfen.


Bob Lambert⁵ hat in den 80er Jahren als Verdeckter Ermittler mit einer Aktivistin ein Kind gezeugt⁶. (Dieser Fall wird separat verfolgt.) Später hat er eine weitere Beziehung angefangen mit einer bis dato nicht politisch aktiven Frau, um den Aktivist_innen persönliches Umfeld und somit die Plausibilität seiner Person suggerieren zu können.⁷


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Ausreden===

„Die Öko-Aktivismus-Szene ist ausgesprochen promisk. Ich musste Beziehungen haben um meinen Auftrag erfüllen zu können. … Ich wusste, dass ich zu weit ging, indem ich Sex hatte mit den Personen, die ich infiltrierte, aber es fühlte sich an, als hätte ich wenig Wahlmöglichkeiten.

Ein_e Aktivist_in sagte: 'Wenn ein Mann nicht auf sexuelle Angebote reagiert, ist er wahrscheinlich ein Cop oder Informant,'“ so Kennedy.⁸


Er selbst klagt auch – von der Metropolitan Police will er 50.000 – 100.000 Pfund Schadensersatz für persönliche Verletzungen und daraus folgende Verluste und Schäden wegen Fahrlässigkeit seiner Vorgesetzten.⁹ Sie hätten ihn davor beschützen sollen, sich zu verlieben.


Seit Beginn der Debatten um Verdeckte Ermittler 2011 haben hochrangige Polizisten betont, dass Verdeckte Ermittler nie angewiesen oder befugt sein sollten, sexuelle Beziehungen einzugehen. Das Gesetz sagt, Polizeibeamt_innen dürften „persönliche oder andere“ Beziehungen führen, während sie verdeckt ermitteln.² ¹⁰ Vor Gericht behauptete die Metropolitan Police, das bedeute, dass es den Beamten erlaubt gewesen sei, „intime und sexuelle“ Beziehungen zu führen.

2012 äußerte der englische Innenminister Nick Herbergt, dass ein Verbot sexueller Aktivitäten einen einfachen Test für verdächtige Neulinge bieten würde und daher abzulehnen sei.¹¹


1) [1]

2) http://www.indymedia.org.uk/en/2013/06/%20510728.html

3) http://www.theguardian.com/uk/2013/jan/17/spies-sexual-relations-activists-routine

4) policespiesoutoflives.org.uk/

5)www.channel4.com/news/undercover-police-bob-lambert-exclusive

6) www.theguardian.com/uk/2012/jan/20/undercover-police-children-activists

7) www.dailymail.co.uk/news/article-2080733/I-sex-eco-warriors-cover-Undercover-officers-lovers-sue-degrading-deceit.html

8) www.theguardian.com/environment/2012/nov/25/spy-mark-kennedy-sues-police

9) policespiesoutoflives.org.uk/our-stories/jennys-story/

10) www.theguardian.com/uk-news/2013/oct/15/undercover-police-legal-battle-appeal

11) www.bbc.co.uk/news/uk-england-london-20518106