2015-03:Ticker Agrogentechnik

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Ticker: Agrogentechnik und ihre Seilschaften

jb Kampagne „Monsanto auf Deutsch“
c/o Projektwerkstatt, Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen, 06401/903283
saasen@projektwerkstatt.de, www.biotech-seilschaften.de.vu

Verwilderte Gentechnik

Gentechnisch veränderte Pflanzen wachsen auch in Ländern, in denen sie eigentlich gar nicht angebaut werden dürfen. Zum Beispiel, weil beim Transport Samenkörner verloren gehen. Ein neuer Bericht fasst zusammen - und warnt vor noch schnellerer Verbreitung, wenn neue Techniken der DNA-Manipulation wie CRISPR-Cas angewendet werden. Ob in Europa, Nordamerika, Asien oder Afrika - vielerorts gibt es Meldungen über ungewollte Ausbreitung von gentechnisch veränderten Organismen. Der Verein Testbiotech aus München beobachtet die Lage seit Jahren. Er wertet Forschungsergebnisse, Berichte von Behörden und Medien aus. Auf www.keine-gentechnik.de/nachricht/31181/ sind verschiedene Beispiele aufgelistet.

Veranstaltungsmitschnitte im Netz

Am 6.7.2015 fand in der Waldorfschule Offenburg eine Gentechnik-Podiumsdiskussion statt mit spannender Zusammensetzung. Denn erstmals prallten ein Spitzenfunktionär der Gentechnikseilschaften in Deutschland und ihr schärfster Kritiker aufeinander. Es diskutierten: Klaus-Dieter Jany (Ex-Spitzenbeamter der Lebensmittelüberwachung, zudem aktiv bei InnoPlanta und um WGG), Veronika Schwarz (BUND Ortenau), Jörg Bergstedt (Feldbefreier und Autor von „Monsanto auf Deutsch“) sowie Wilhelm Arntz (Waldorflehrer). Aufzeichnung zu finden unter http://youtu.be/OfYWEvVpOlI.
Schon vor einem Jahr wurde in Halle die Veranstaltung „Den Kopf entlasten“ mitgeschnitten - einschließlich einer recht kontroversen Debatte über Verschwörungstheorien: http://www.youtube.com/watch?v=W4dEeCiZtbo.

Glyphosat im Kreuzfeuer der Kritik - nichts als Ablenkung?

Ablaufende Patente und Kritik an Umweltwirkungen einerseits, heimliche Markteinführung neuer Produkte andererseits - so gestaltet sich zur Zeit der Markt von Kombinationen aus Totalherbizid und toleranter gemachter Gentechnikpflanzen. Die Tage der berühmtesten gv-Saatgut-Spritzmittel-Verbindung scheinen dabei gezählt, denn zumindest die ersten Varianten von Roundup Ready stehen neuerdings ohne Patentschutz da. Der Wirkstoff selbst, Glyphosat, ist ohnehin schon länger nicht mehr geschützt. Ohne Patent aber bringt ein Spritzmittel oder Wirkstoff nur noch wenig Geld. Ist es ein Plan im Auftrag der Konzerne selbst, Glyphosat jetzt zu verbieten? Warum kommen genau jetzt Behörden, die bisher weggeguckt haben, auf die Idee, das Spritzmittel zu bekämpfen? Das Deutschlandradio Kultur bot Udo Pollmer, einen der industriellen Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung nahestehenden Dampfplauderer und Vielfach-Schriftsteller in Sachen Nahrung, die Plattform, 21.10.12 seine Wertung dazu abzugeben: „Warum steht dann das Glyphosat in der Kritik? Ganz einfach. Das Patent läuft aus, die Preise gehen in den Keller und der Gewinn der Chemiefirmen schmilzt. Unter der Billigkonkurrenz leiden alle Anbieter von Herbiziden. Glyphosat schadet nicht so sehr der Umwelt sondern dem Umsatz. Über die dubioseren Tallowamine redet komischerweise kaum jemand. Die braucht man ja noch. Ähnliches widerfuhr vor Jahren dem Atrazin, ebenfalls ein Totalherbizid. Auch damals geriet das Mittel ins Visier von Umweltschützern, als der Patentschutz abgelaufen war. Als es schließlich zu einem Chemieunfall kam, bei dem erhebliche Mengen in den Rhein gelangt sein sollen, war ein Verbot nicht mehr aufzuhalten. Unter Fachleuten hält sich hartnäckig das Gerücht, dass es den Chemieunfall niemals gegeben habe. Mit der - wie es heißt - fingierten Pressemeldung sei es der Branche wieder gelungen, richtig Geld zu verdienen. Sollte es etwa hinter den Fassaden ein feines Zusammenspiel zwischen den Agrochemiekonzernen und den Spendensammelorganisationen geben - etwa zum gegenseitigen Vorteil? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Mahlzeit!“
Tatsächlich haben sich deutsche NGOs auf Glyphosat eingeschossen. Pollmers These, dass sie dabei vor allem auf billige Erfolgsmeldungen und Spendenbereitschaft setzen, bestätigt sich dadurch, dass sie die gleichzeitige Entwicklung neuer Wirkstoffe und Kombinationen aus gv-Saat und Totalherbizid komplett verschweigen. Dabei sind sogar zwei deutsche Player ganz vorne dabei: Bayer mit LibertyLink (z.B. LL-Reis) und ganz aktuell BASF mit Cultivance, welches jetzt die Zulassung in Südamerika erhielt. Die Angst vor der Gentechnik ist in Zeiten gewinnorientierter Protestkultur halt ebenso profitabel wie die Gentechnik selbst.

Ein Krimi zur Technik im Kreuzfeuer zwischen Seilschaften und kreativem Widerstand

Die Story des Romans baut auf einem alten Menschheitstraum auf: Nicht zu altern und nicht zu sterben. Mit einer bahnbrechenden Entdeckung in den Laboren der Spezialfirma BioGeronto scheint er Wirklichkeit zu werden. Doch Komplikationen treten auf. Die Technik wird teuer - und es bedarf der Forschung an Embryonen. Gesellschaftlicher Widerstand regt sich - üblicherweise kein Problem für die FirmenmanagerInnen. Denn soziale Bewegungen sind handzahm geworden. Doch diesmal verläuft die Sache anders. Die Branche gerät unter Druck - und macht Fehler. Laborbaustellen werden besetzt, dann zerstört. Die Polizei nimmt ihre GegnerInnen auch zu leicht. Und muss lernen. Eine Sonderkommission ermittelt. Das Drama nimmt seinen Lauf. Zwischen Spurensicherung, Vernehmungen, öffentlichen Debatten und Strippenziehen hinter den Kulissen der Finanzförderungen entwickelt sich ein Krimi der besonderen Art. Das Buch heißt „Hinter den Laboren“ und stammt von Jörg Bergstedt. Genießt die spannenden, mitunter witzigen Abläufe - aber glaubt ja nicht, die phantastische Erzählung könnte irgendwie wahr sein. Die Daten: 10 € ++ ISBN 978-3-86747-056-8 ++ SeitenHieb-Verlag und http://www.aktionsversand.de.vu ++ dort gibt es übrigens auch den Film „Aufstieg und Fall einer Patentlösung“ als Dokumentation einer Widerstandskultur, die schon Vergangenheit ist.

Videosammlungen zum ökologischen Landbau

Der aid-Infodienst Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz e.V. (Heilsbachstr. 18, Bonn, www.aid.de) hat mehrere DVDs herausgebracht, auf denen Info- und Lehrfilme zu Themen des ökologischen Landbaus zu finden sind. Drei haben wir getestet: „Erfolgreiche Ökolandwirte in Deutschland“ (2006, 85min Laufzeit), „Der Feind meines Feindes - natürliche Schädlingskontrolle“ (2011, 80min) und, schon etwas älter, „Ökologischer Landbau“ (2002/2008, 53min). Beide enthalten mehrere Filme, im Fall der Portraits landwirtschaftlicher Höfe sogar sehr viele. Es sind kurze und ganz kurze Vorstellungen, jeweils nur wenige Minuten. Bilder vom Hof wechseln mit Interviewsequenzen. Die Kürze der Beiträge erlaubt keinen intensiven Einblick - insofern ist der Lehr- und Nährwert der DVD fraglich. In einem Extra-Ordner befinden sich einige Textdokumente zum weiteren Studium. Die neueste DVDs enthält nur sechs, dafür längere und intensivere Filme zu verschiedenen Methoden und Anwendungsgebieten natürlicher Schädlingsbekämpfung. Das hilft schon als praxisnahe Informationsquelle, auch mit etwas speziellerem Wissen. Eher eine allgemeine Einführung für die breite Öffentlichkeit bietet der 2002 produzierte Streifen „Ökologischer Landbau“. Allgemeinverständlich werden die Grundprinzipien zu chemiefreiem Pflanzenschutz, zur Haltung von Tieren und zum Umgang mit dem Boden geschildert. Den Abschluss bilden Hinweise zur Selbstvermarktung ökologischer Produkte.

Landwirtschaft neu aufbauen - ökologisch, vernetzt, solidarisch

Es ist - weiterhin - die Zeit des Höfesterbens, obwohl in der gesellschaftlichen Debatte das Thema Landwirtschaft und Lebensmittel einen bedeutenden Stellenwert eingenommen haben. Offenbar scheuen Menschen den Sprung in das Ungewisse, selbst ein Stück Utopie zu realisieren und jenseits der Marktzwänge ökologische Landwirtschaft in gemeinschaftlicher Organisierung aufzubauen. Auf der anderen Seite kleben Landwirt_innen an ihrer Scholle, klammern sich an letzte Strohhalme für Hofnachfolge oder eigene Perspektiven. Beides zusammen lässt alternative Modelle wie solidarische Landwirtschaften immer noch exotisch erscheinen. Dabei wäre es wichtiger denn je, neue Hofprojekte zu starten oder bestehende zu wandeln. Damit das Höfesterben aufhört und eine andere Struktur der Landwirtschaft entsteht - ohne die tückische Bindung an Privateigentum, ohne die Ausrichtung auf den ruinösen Markt, sondern als lebendiger Teil einer Kultur direkter Beziehungen, freier Vereinbarungen und solidarischer Kultur.
Viele Veröffentlichungen, von Büchern über Filme bis zu Internetseiten, helfen bei der Umsetzung. Das gilt für die kleinen Büchlein aus der Reihe „AgrarPraxiskompakt“ im DLG-Verlag (Frankfurt, je ca. 120 S. und 7,50 €) und für die vielen Bücher, Datensammlungen und Praxisratgeber der KTBL (Darmstadt). Ihr Vorteil: Sie sind sehr nahe an der konkreten Praxis verfasst und reichen von übersichtliche Einführungen in die ganz grundlegenden Fragen bis zu Aspekten der Hofführung. Zu ersteren gehört der DLG-Band „Landwirtschaft für Quereinsteiger“, geschrieben von Christina und Martin Ziron (2015). Dort erfahren Laien quasi von Null an, was alles zu einem erfolgreichen Hofmanagement gehört. Zu den speziellen Fragen informiert „Direktvermarktung vom Hof“ (DLG, Autorinnen: Luise Richard und Gerburgis Sommer, 2012). Das Buch zeigt nicht nur Vertriebswege und Marketingstrategien auf, sondern schildert Hygiene- und andere Rechtsvorschriften, kalkulatorische Voraussetzungen und wichtige Adressen. Wer noch detaillierter in das Thema eintauchen will, erhält mit der KTBL-Datensammlung „Direktvermarktung“ (4. Auflage 2011, 108 S., 24 €) präzise Kalkulaktionsdaten in vielen Tabellen zu Anschaffungskosten von Geräten oder Herstellungskosten verschiedener Lebensmittel. Der DLG-Band „Hofübergabe“ von Matthias Tann (2014) beschränkt sich leider auf die Erbnachfolge innerhalb einer Familie und beschreibt Konflikte und Lösungen dort - so manche Information dürfte aber auch für diejenigen interessant sein, die ohne Erbschaft einen Hof übernehmen oder neu aufbauen wollen. Viele der Ratgeber beschäftigen sich mit speziellen Anbauformen einschließlich eher neuer Kulturen, z.B. „Sojaanbau in der EU“ aus der Feder von Volker Hahn und Thomas Miedaner (2013, DLG). Umfangreicher sind die Werke aus der KTBL. In den Büchern „Ökologischer Feldgemüseanbau“ (2013, 376 S., 26 €) und „Energiepflanzen“ (2. Auflage 2012, 368 S., 25 €) reihen sich Tabellen mit vielen, vielen Zahlen aneinander, um eine präzise Planung, Kalkulation und Durchführung zu ermöglichen. Beide Bände eröffnen zudem den Zugang zu den umfangreichen KTBL-Datenbanken zum Thema.

Newsletter

Den früheren Newsletter über die Agrogentechnik-Seilschaften gibt es nicht mehr, da viele dubiose Kleinstfirmen und Förderprogramme weg-protestiert wurden. Das Thema ist fortan Bestandteil des neuen Umweltschutz-von-unten-Newsletter - siehe http://www. projektwerkstatt.de/mailing.html.