2016-02:Kapitalismusbegrünung. Das Märchen von Nachhaltigkeit mit Wachstum und Konsum: Unterschied zwischen den Versionen

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===Das Märchen von Nachhaltigkeit mit Wachstum und Konsum===
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'''''Das Märchen von Nachhaltigkeit mit Wachstum und Konsum'''''
=Kapitalismusbegrünung=
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== Kapitalismusbegrünung ==
'''''jb'' Offenbar dämmert es einigen Strateg_innen der Weltverbesserung per Wählen und Einkaufen, dass 20 Jahre Begrünung des Kapitalismus ins Leere gelaufen sind. Ergebnis ist, „dass Haushalte mit niedrigem Einkommen und Menschen, die sehr sparsam und achtsam mit ihren Dingen umgehen, oft nachhaltiger leben als konsumfreudige LOHAS“.'''
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jb '''Offenbar dämmert es einigen Strateg_innen der Weltverbesserung per Wählen und Einkaufen, dass 20 Jahre Begrünung des Kapitalismus ins Leere gelaufen sind. Ergebnis ist, „dass Haushalte mit niedrigem Einkommen und Menschen, die sehr sparsam und achtsam mit ihren Dingen umgehen, oft nachhaltiger leben als konsumfreudige LOHAS“.'''
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Letztere Abkürzung bezeichnet das bioladenorientierte Reichensegment dieser Gesellschaft: „Lifestyle of health and sustainability“. Es war der Höhepunkt des Märchens, sich eine bessere Welt zusammenkaufen zu können. Übrig geblieben ist das bessere Gewissen, welches durch ethisch erscheinenden Konsum entstand (je mehr, desto besser wird die Welt). Oft gepaart war es mit Fertig-Emails bei Bewegungsagenturen, Wahlkreuzchen bei Grünen und Spenden an passende NGOs. Ewiggestrige wie die Grünen-Europapolitiker Bütikofer und Giegold versuchen noch heute, mit immer neuen Kombinationsangeboten von Wachstum und Umweltschutz („Green New Deal“) den Kapitalismusbock zum Ökogärtner zu machen. Das ganze Nachhaltigkeitgedöns reduziert den Kapitalismus auf ein ethisches Problem der Kaufentscheidung (vgl. Konicz, „Kapitalismus mit menschlicher Fratze“ unter  http://exit-online.org/textanz1.php?tabelle=aktuelles&index=1&posnr=653). „Nachhaltiger Konsum ist ein Statussymbol geworden – für diejenigen, die es sich leisten können“. Mit Umweltschutz hat das alles kaum noch etwas zu tun. Der Kapitalismus hat aus guten Ideen Branchen mit Profitgier gemacht: Aus Direktvermarkterläden Öko-Supermärkte, aus Ökoanbau landaufkaufende Öko-Globalplayer. Zwei aktuelle Bücher aus dem Ludwig-Verlag (München) zeigen das Dilemma. Mit Friedrich Schmidt-Bleek (2014, „Grüne Lügen“, 302 S., 19,99 €) und dem Gespann Christine Ax/Friedrich Hinterberger (2013, „Wachstumswahn“, 367 S., 17,99 €), aus deren Buch obige Zitate stammen, bejammern genau diejenigen die ausbleibende Trendwende, die vor vielen Jahren selbst der Begrünung des Kapitalismus das Wort geredet haben. Und selbst jetzt noch zeigen sie sich lernresistent. Sie erkennen zwar die Aussichtslosigkeit der Weltrettung per Konsum, schildern mit deutlichen Worten die negativen Wirkungen, aber verbleiben mit ihren Vorschlägen genau auf dem alten Pfad: Vorschriften für ökologischere Produkte und Umweltrettung durch technische Innovation. Das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, deren Unterdrückung bis Vertreibung per brutaler, staatlicher Macht die rücksichtslose Ausbeutung von Mensch und Natur erst möglich macht, wird mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen finden sich absurde Phantasien, dass der Staat nichts anderes sei als die Menge der Menschen in ihm usw. Mit nachhaltig eingekauften Tomaten auf den Augen lässt sich die Welt aber nicht retten. Eigentlich hatten die Autor_innen das auch klar. Vielleicht sollten sie die erste Hälfte ihrer Bücher nochmal lesen und dann den Schluss neu schreiben. Für alle gilt: Der Anfang ist lohnenswert – danach können die Texte als Abschreckung gelten: Für Mutlosigkeit, Inkonsequenz und Widersprüchlichkeit auf hohem Niveau.
  
Letztere Abkürzung bezeichnet das bioladenorientierte Reichensegment dieser Gesellschaft: „Lifestyle of health and sustainability“. Es war der Höhepunkt des Märchens, sich eine bessere Welt zusammenkaufen zu können. Übrig geblieben ist das bessere Gewissen, welches durch ethisch erscheinenden Konsum entstand (je mehr, desto besser wird die Welt). Oft gepaart war es mit Fertig-Emails bei Bewegungsagenturen, Wahlkreuzchen bei Grünen und Spenden an passende NGOs. Ewiggestrige wie die Grünen-Europapolitiker Bütikofer und Giegold versuchen noch heute, mit immer neuen Kombinationsangeboten von Wachstum und Umweltschutz („Green New Deal“) den Kapitalismusbock zum Ökogärtner zu machen. Das ganze Nachhaltigkeitgedöns reduziert den Kapitalismus auf ein ethisches Problem der Kaufentscheidung (vgl. Konicz, „Kapitalismus mit menschlicher Fratze“ unter  http://exit-online.org/textanz1.php?tabelle=aktuelles&index=1&posnr=653). „Nachhaltiger Konsum ist ein Statussymbol geworden – für diejenigen, die es sich leisten können“. Mit Umweltschutz hat das alles kaum noch etwas zu tun. Der Kapitalismus hat aus guten Ideen Branchen mit Profitgier gemacht: Aus Direktvermarkterläden Öko-Supermärkte, aus Ökoanbau landaufkaufende Öko-Globalplayer. Zwei aktuelle Bücher aus dem Ludwig-Verlag (München) zeigen das Dilemma. Mit Friedrich Schmidt-Bleek (2014, „Grüne Lügen“, 302 S., 19,99 €) und dem Gespann Christine Ax/Friedrich Hinterberger (2013, „Wachstumswahn“, 367 S., 17,99 €), aus deren Buch obige Zitate stammen, bejammern genau diejenigen die ausbleibende Trendwende, die vor vielen Jahren selbst der Begrünung des Kapitalismus das Wort geredet haben. Und selbst jetzt noch zeigen sie sich lernresistent. Sie erkennen zwar die Aussichtslosigkeit der Weltrettung per Konsum, schildern mit deutlichen Worten die negativen Wirkungen, aber verbleiben mit ihren Vorschlägen genau auf dem alten Pfad: Vorschriften für ökologischere Produkte und Umweltrettung durch technische Innovation. Das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, deren Unterdrückung bis Vertreibung per brutaler, staatlicher Macht die rücksichtslose Ausbeutung von Mensch und Natur erst möglich macht, wird mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen finden sich absurde Phantasien, dass der Staat nichts anderes sei als die Menge der Menschen in ihm usw. Mit nachhaltig eingekauften Tomaten auf den Augen lässt sich die Welt aber nicht retten. Eigentlich hatten die Autor_innen das auch klar. Vielleicht sollten sie die erste Hälfte ihrer Bücher nochmal lesen und dann den Schluss neu schreiben. Für alle gilt: Der Anfang ist lohnenswert – danach können die Texte als Abschreckung gelten: Für Mutlosigkeit, Inkonsequenz und Widersprüchlichkeit auf hohem Niveau.<br>
 
 
Positiver  formuliert es die „taz“ als Haus- und Hofblatt des Ökobildungsbürger_innentums und Vorreiter bei der Gleichschaltung von Umwelt- und Wirtschaftsredation in einer Rezension des Buches „Grüne Lügen“, veröffentlicht unter http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2014/06/06/a0116.
 
Positiver  formuliert es die „taz“ als Haus- und Hofblatt des Ökobildungsbürger_innentums und Vorreiter bei der Gleichschaltung von Umwelt- und Wirtschaftsredation in einer Rezension des Buches „Grüne Lügen“, veröffentlicht unter http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2014/06/06/a0116.
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[[Kategorie: Herbst 2016]]
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[[Kategorie: Artikel]]
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[[Kategorie: Rezensionen]]
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[[Kategorie: Konsum]]
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[[Kategorie: NGO-Kritik]]
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[[Kategorie: Theorie & Praxis]]

Version vom 10:04, 20. Sep 2016

Das Märchen von Nachhaltigkeit mit Wachstum und Konsum

Kapitalismusbegrünung

jb Offenbar dämmert es einigen Strateg_innen der Weltverbesserung per Wählen und Einkaufen, dass 20 Jahre Begrünung des Kapitalismus ins Leere gelaufen sind. Ergebnis ist, „dass Haushalte mit niedrigem Einkommen und Menschen, die sehr sparsam und achtsam mit ihren Dingen umgehen, oft nachhaltiger leben als konsumfreudige LOHAS“.

Letztere Abkürzung bezeichnet das bioladenorientierte Reichensegment dieser Gesellschaft: „Lifestyle of health and sustainability“. Es war der Höhepunkt des Märchens, sich eine bessere Welt zusammenkaufen zu können. Übrig geblieben ist das bessere Gewissen, welches durch ethisch erscheinenden Konsum entstand (je mehr, desto besser wird die Welt). Oft gepaart war es mit Fertig-Emails bei Bewegungsagenturen, Wahlkreuzchen bei Grünen und Spenden an passende NGOs. Ewiggestrige wie die Grünen-Europapolitiker Bütikofer und Giegold versuchen noch heute, mit immer neuen Kombinationsangeboten von Wachstum und Umweltschutz („Green New Deal“) den Kapitalismusbock zum Ökogärtner zu machen. Das ganze Nachhaltigkeitgedöns reduziert den Kapitalismus auf ein ethisches Problem der Kaufentscheidung (vgl. Konicz, „Kapitalismus mit menschlicher Fratze“ unter http://exit-online.org/textanz1.php?tabelle=aktuelles&index=1&posnr=653). „Nachhaltiger Konsum ist ein Statussymbol geworden – für diejenigen, die es sich leisten können“. Mit Umweltschutz hat das alles kaum noch etwas zu tun. Der Kapitalismus hat aus guten Ideen Branchen mit Profitgier gemacht: Aus Direktvermarkterläden Öko-Supermärkte, aus Ökoanbau landaufkaufende Öko-Globalplayer. Zwei aktuelle Bücher aus dem Ludwig-Verlag (München) zeigen das Dilemma. Mit Friedrich Schmidt-Bleek (2014, „Grüne Lügen“, 302 S., 19,99 €) und dem Gespann Christine Ax/Friedrich Hinterberger (2013, „Wachstumswahn“, 367 S., 17,99 €), aus deren Buch obige Zitate stammen, bejammern genau diejenigen die ausbleibende Trendwende, die vor vielen Jahren selbst der Begrünung des Kapitalismus das Wort geredet haben. Und selbst jetzt noch zeigen sie sich lernresistent. Sie erkennen zwar die Aussichtslosigkeit der Weltrettung per Konsum, schildern mit deutlichen Worten die negativen Wirkungen, aber verbleiben mit ihren Vorschlägen genau auf dem alten Pfad: Vorschriften für ökologischere Produkte und Umweltrettung durch technische Innovation. Das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, deren Unterdrückung bis Vertreibung per brutaler, staatlicher Macht die rücksichtslose Ausbeutung von Mensch und Natur erst möglich macht, wird mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen finden sich absurde Phantasien, dass der Staat nichts anderes sei als die Menge der Menschen in ihm usw. Mit nachhaltig eingekauften Tomaten auf den Augen lässt sich die Welt aber nicht retten. Eigentlich hatten die Autor_innen das auch klar. Vielleicht sollten sie die erste Hälfte ihrer Bücher nochmal lesen und dann den Schluss neu schreiben. Für alle gilt: Der Anfang ist lohnenswert – danach können die Texte als Abschreckung gelten: Für Mutlosigkeit, Inkonsequenz und Widersprüchlichkeit auf hohem Niveau.

Positiver formuliert es die „taz“ als Haus- und Hofblatt des Ökobildungsbürger_innentums und Vorreiter bei der Gleichschaltung von Umwelt- und Wirtschaftsredation in einer Rezension des Buches „Grüne Lügen“, veröffentlicht unter http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2014/06/06/a0116.