2007-03:LeserInnenbrief von Werner Bräuner

Aus grünes blatt
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Leserbrief von Werner Bräuner, Gefangener in der JVA Sehnde

Die letzen Wochen waren mit Arbeit angefüllt, vor allem Abtipp- und Versandarbeit (HS-Vollzug in Niedersachsen und anderes), und da bin ich wenig zum Lesen gekommen. Das meiste ist nun geschafft, und so freu ich mich sehr aufs neu grüne blatt. Gleich den ersten Beitrag über den Social Ecology Congress in London fand ich sehr interessant und da fand ich vieles von den Auseinandersetzungen wieder, die auch ich mit Marxisten habe (bzw. mit Sozialdemokraten; Marxisten und Sozialdemokraten sind 2 verschiedene christliche Orden; sind Marxisten da die "Jesuiten", sind Sozialdemokraten etwa die "Franziskaner" oder "Dominikaner"!). Den Vorwurf eines "Life-Style-Anarchismus" finde ich klassisch sozialdemokratisch! Oder sogar vornapoleonisch, und zwar unmittelbar im militärstrategischen Sinne: Die Truppe hat geschlossen auf den Klassenfeind zuzulaufen. Erstens steckt darin eine Repersonalisierung von Herrschaftsverhältnissen (Klassenfeind), anstatt diese in ihrer besonderen (modernen) Form als aus der Kultur des Christentums hervorgekommen zu betrachten. Zweitens sind geschlossene Kampfverbände heutzutage die beste Garantie, einen Krieg zu verlieren. Aufgelöste, selbständig und vielfältig agierende Verbände sind Trumpf, zumal allein sie im Kampf bereits die Qualitäten entwickeln, welche sie befähigen, die Früchte eines Sieges zu ernten bzw. erfolgreich am Frieden zu bestehen. Ein Anarchismus, der nicht "Life-Style-Anarchismus" oder sogar ein "Wellness-Anarchismus" ist ( Geist werde Fleisch!), muß sich zwangsläufig logisch in Sozialdemokratismus (Fleisch werde Geist!) auflösen. Die Frage, was denn wohl wäre, "wenn das alle so machen würden" oder "wer denn dann die Mülltonnen leeren soll", ist plumpester Disziplinierungs-, Verblödungs- und Vermassungsversuch. Wer die Mülltonnen leeren wird, falls "das alle so machen würden", wird sich spätestens herausstellen, wenn es "alle so machen"! Könnte sein, daß es dann keine Mülltonnen mehr brauchen und geben wird, Herr Oberrat Sozialdemokrat! Wobei ich mir den Hinweis nicht verkneifen kann, historisch seien Mülltonnen und Sozialdemokraten gleichzeitig aufgekommen. Immerhin ist das eine Tatsache.