2008-02:Chronik

Aus grünes blatt
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David gegen Goliath

Die Geschichte von Macht und Gier - und wie es dennoch geht ...

  • 3. April 2006: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsichert (BVL) genehmigt der Universität Gießen einen Versuch mit Gerste. Die Pflanzen hat es so noch nie gegeben, sie sind künstlich zusammengebastelt worden in einer Kooperation von Uni Gießen und Washington State University. In der Genehmigungsbehörde BVL arbeiten Lobbyisten der Gentechnikkonzerne. Einer von ihnen heißt Dr. Buhk. Er unterzeichnet die Genehmigung für den Gießener Versuch. AnwohnerInnen, KleingartenbesitzerInnen und ImkerInnen in der Umgebung werden nicht informiert. Die BVL verhängt Sofortvollzug, d.h. Einwendungen haben auch keine Wirkung.
  • Kurz danach: Einige Menschen kündigen an, den Versuch spätestens Pfinsten 2006 eigenhändig wieder zu beenden. Art und Weise der Durchsetzung sei eine Unverschämtheit. Bis Pfingsten laden GentechnikkritikerInnen zu Gesprächen ein. Die Uni Gießen rückt von ihren Plänen aber nicht mehr ab. *Am 25. April wird ausgesät - begleitet von einer Propagandaoffensive, in der vor allem Projektleiter Prof. Kogel mit vielen Lügen aufwartet, z.B. dass die Gerste eine sichere Pflanze sei. Mehrere Sicherheitsauflagen des ohnehin schwachen BVL-Bescheides werden nicht eingehalten.
  • Pfingsten 2006: Trotz intensiven Vorplanungen und Sicherheitskonzepten bei Uni und Polizei gelingt vier Personen das Unglaubliche. Sie gelangen am Freitag, den 2.6. auf die Anlage. Kurz darauf erreichen Polizeikräfte das Feld und greifen die FeldbefreierInnen an. Wieviel Schäden bei welchen Vorgängen entstehen, wird nie mehr geklärt werden.
  • Die Tage danach: Kogel phantasiert 500.000 Euro Schaden herbei, die Polizei sperrt vier Personen wütend und rechtwidrig ein. Teile des Versuches müssen abgebrochen und das Feld frühzeitig geerntet werden.
  • Das ganze Jahr: Parteien, Politik und Umweltverbände schlafen ...
  • Herbst 2006: Die Stadtverordnetenversammlung fällt einen absurden Beschluss. Gießen soll gentechnikfrei sein - Ausnahme das Genfeld. Der Gefälligkeitsbeschluss wird auf Initiative der SPD gefällt, die mit Projektleiter Kogel eine gute Verbindung hält. Der für Eliteuniversitäten eintretende Professor ist häufiger Gastredner bei der sogenannten Sozialdemokratie. Grüne und CDU sind in Gießen ohnehin an der Macht, die Linke bemerkt den fatalen Absatz gar nicht.
  • Frühjahr 2007: Das Chaos nimmt seinen Lauf. Jetzt will auch Prof. Friedt einen Genversuch machen - mit Mon810-Mais. Monsanto ist aber des Deutschen verhassteste Firma. Außerdem wurde der Versuch im Stadtverordnetenbeschluss nicht als Ausnahme genannt. Das bringt Ärger. Die karrierebewusste grüne Bürgermeisterin Weigel-Greilich versucht noch, das Experiment zu verschweigen. Aber irgendwann hilft auch das nicht. Die SPD, wenige Monate vorher noch wichtigster Kogel-Fanclub, inszeniert sich jetzt als wichtigster Kritiker - Friedt ist halt nicht SPD-nah. Doch das Parlament bringt gar nichts auf die Reihe. Oberbürgermeister Haumann gesteht sogar öffentlich ein, dass die Stadt nichts machen könne. Die Uni ist mächtiger. Mais und Gerste werden ausgesät, Gießen hat nun 2 Genfelder, ein drittes betreibt die Uni in Groß Gerau.
  • März 2007: Unbekannte veröffentlichen einen BekennerInnenbrief. Der Boden am Gentechnikfeld sei so verändert worden, dass ein Versuch nicht mehr auswertbar sei. Was genau geschehen ist, steht in dem Text nicht. Prof. Kogel trifft eine bemerkenswerte Entscheidung: Die Sache wird gar nicht überprüft, sondern sofort ausgesät. Es kommt der Verdacht auf, dass hier gar nicht an Bodenorganismen geforscht wird, sondern andere, verschwiegene Forschungsziele bestehen. Dieser Verdacht erhärtet sich ab diesem Zeitpunkt Woche für Woche durch weitere Recherchen. Kogel und sein Team sind nicht nur Global Player in Sachen Gentechnik, sondern auch eiskalte Zocker.
  • Der Protest zeigt nun zwei Seiten: Umweltverbände und wenige andere erwachen aus dem sonst üblichen Dornröschenschlaf und kritisieren das Genmaisfeld. Zur Gerste, dem viel riskanteren und weltweit bedeutenden Genversuch schweigen sie weiter. So machen auch dieses Jahr FeldbefreierInnen die entscheidenden Handlungen, diesmal aber zweimal nachts ...
  • 1. April 2007: Beeindruckende Demonstration nervöser Bewachung am Gengerstenfeld. Ein Journalist wird festgenommen, als er von der Straße aus ein paar Fotos macht ...
  • 20. Mai 2007: Das Feld mit Mon810-Mais im Westen Gießens wird zerstört. Der Versuch wird abgebrochen. Einige Mutige wie die Grüne Jugend und ein Aktionsbündnis gegen Gentechnik bejubeln das Aus des Feldes.
  • 13. Juni 2007: Das Gengerstenfeld am Alten Steinbacher Weg wird zerstört. Wie das technisch gelingt, ist unklar. Denn das Feld ist massiv bewacht - mit Wachhund, Sicherheitsbeamten ständig auf dem Grundstück, Flutlicht und Kameraüberwachung.
  • 2. September 2007: Überraschender Fund am Gengerstefeld. Das Feld ist nicht mehr gesichert, es gibt keine Vogelschutznetze und keine Wildschutzzäune mehr. Gerste steht aber auf dem chaotisch hinterlassenen Feld trotzdem herum. Klar ist spätestens jetzt: Bei dem Versuch herrscht Schlamperei pur!