2010-02:Ultraleichttrekking

Aus grünes blatt
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Ultraleichttrekking

Jakob Trekking bedeutet das Reisen über etliche Tage hinweg unter weitestgehendem Verzicht auf den Komfort der Zivilisation - also Schlafen in der Natur, keine Einkehr in Gaststätten, usw. Meistens erfolgt so eine Reise zu Fuß, und darum wird es in diesem Artikel auch hauptsächlich gehen. Aber das Konzept der ultraleichten Ausrüstung lässt sich auch sinnvoll auf Fahrradtouren oder Fernwanderungen mit Übernachtungen in Herbergen anwenden, ebenso für Bahnreisen, Tramptouren sowie Camps und Kongresse.

Auch für Umweltaktivisten bietet eine ultraleichte Ausrüstung einige Vorteile. Durch einen kompakten, kleinen und leichten Rucksack ist man im Gelände sehr beweglich, durch das geringe Gewicht ist längeres Rennen und auch Sprinten gut möglich, im Wald bleibt man dabei weniger schnell irgendwo hängen, und auch ein unvorhergesehener 5-km-Marsch ist kein großes Hindernis. Oder aber man nimmt einen großen Rucksack und hat zusätzliche Kapazitäten für Gemeinschaftsmaterial und Verpflegung. Und die unten verlinkten Konservendosen-Kocher sind auch auf Besetzungen und ähnlichem sinnvoll und schnell hergestellt.

Bei ein- bis mehrwöchigen Unternehmungen sind 15 bis 20 kg Rucksackgewicht keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Durch die Wahl der richtigen Ausrüstung und das Befolgen einiger Grundregeln lässt sich das Basisgewicht, d.h. sämtliche Ausrüstung außer Wasser, Essen und Brennmaterial, im Extremfall auf unter 2,44 kg drücken. Kein Witz! Mit Rucksack, Zelt, Isomatte, Schuhen und allem drum und dran. Allerdings ist das bereits Super-Ultra-Leicht – und da gehört das Dehydrieren der genau portionierten Zahncreme vor der Tour genauso dazu wie das Heraustrennen sämtlicher Waschanleitungen aus der Kleidung. Und natürlich ist gerade Sommer...

Die Frage ist mehr: wie weit möchtest Du beim Gewicht sparen gehen? Je leichter die Ausrüstung wird, desto anfälliger wird sie in der Regel gegenüber Beschädigungen, manchmal leidet auch der Komfort.

Es gibt für jeden Menschen auf einer Trekkingtour ein optimales Gewicht, das sich wie folgt berechnet: Je mehr Gewicht man mit sich herumschleppt, desto angenehmer hat man es später im Lager; umgekehrt gilt, je weniger Gewicht man tragen muss, desto angenehmer und schneller fällt das Laufen. Bei 60 kg sind auch zwei Solarkochplatten, eine Auswahl an 7 Büchern und ein 5-Personen-Zelt mit Stehhöhe drin... nur, dass man sich während des Wanderns jeden Meter über sich selbst beschweren würde, schlussendlich aufgeben müsste. Wenn man auf der anderen Seite ganz ohne Rucksack unterwegs ist, fällt das Laufen leicht – aber vom Essen und Trinken mal abgesehen, müsste man sich als Nachtlager noch im Hellen einen großen Laubhaufen zusammentragen und seinen Schlaf mit zahllosen krabbelnden und stechenden Viechern teilen, ganz zu schweigen vom plötzlich einsetzenden Regen...

Es kommt also darauf an, für sich den Schnittpunkt zwischen Laufkomfort und Lagerkomfort zu finden. Für manche liegt dieser bei den erwähnten 2,44 kg, andere nehmen lieber etwas mehr und etwas stabilere Dinge mit und landen bei vielleicht 5 kg Basisgewicht.

Ja, und wie lässt sich so ein Gewicht jetzt erreichen? Also...

  1. Suche für alles die leichteste verfügbare Lösung. Es gibt, besonders in den USA, spezielle Händler für ultraleichte Ausrüstung, die klassischen großen Outdoorhändler haben fast nie wirklich Ultraleichtes. Shops für Adventure Racing oder Klettersport haben auch das ein oder andere.
  2. Nehme nur mit, was du auch unbedingt brauchst. Schreibe vor jeder Tour eine Packliste, wiege alles genau aus und überprüfe nachher, worauf du hättest verzichten können.
  3. Vermeide alles Wasser in Lebensmitteln und auch sonstwo – außer natürlich beim Trinkwasser. Vermeide soweit wie möglich Papier, das ist unglaublich schwer (eine A4-Seite wiegt ca. 5,5 Gramm – das summiert sich).
  4. Verabschiede dich von deinem großen Rambo-Survival-Messer, ebenso wie von deinem Zelt... hehehe... :-)
  5. Entferne alles Überflüssige an vorhandener Ausrüstung, solche Dinge wie nicht benötigte Taschen, Logos oder den Stiel deiner Zahnbürste und ersetze was möglich durch leichtere Varianten, z.B. dicke Kordeln durch dünne und metallene Reißverschluss-Schieber-Ösen durch kurze Schlaufen... lass alles da, was keinen Nutzen hat oder auch leichter geht!
  6. Verstaue Dinge wie Zahnpasta, Mückenmittel und Flüssigseife in möglichst kleinen Plastikgefäßen (nimm besser etwas feste d.h. wasserlose Seife)
  7. Viele der kleineren Dinge finden sich im Haushalt und müssen nicht teuer erstanden werden, wie z.B. Trekkinghandtücher – jedes frotteeartige Microfaser-Putztuch ist genauso gut. Und das leichteste Besteck ist Einweg-Plastikbesteck (natürlich ist kein komplettes Set erforderlich).
  8. Bau dir deine Ausrüstung selber, so erhältst du meist die leichtesten Dinge. Einige Dinge lassen sich sogar aus Müll herstellen, vor allem der Kocher.
  9. Ein Ding sollte möglichst viele Funktionen erfüllen, eventuell in Verbindung mit anderen Ausrüstungsteilen.
  10. Spare nicht an der falschen Stelle und verzichte nicht komplett auf Reiseapotheke und Reparaturzeugs. Dimensioniere sie lediglich klein und leicht.

Wenn du bereits über hochwertige Ausrüstung verfügst, die aber nicht gerade ultraleicht ist, bedeutet ein Neukauf natürlich eine ärgerliche Ausgabe, aber vielleicht kennst du ja jemanden, für den Teile deiner jetzigen Ausrüstung DAS Geschenk wären. Alle großen ultraleichten Ausrüstungsteile bestehen fast vollständig aus Erdöl, also achte darauf, nur dass zu holen, was du auch wirklich brauchst, und nicht gerade den letzten Schrott – wobei die meisten Outdoor-Artikel stark überteuert sind und „¼ des üblichen Preises“ kein Merkmal für schlechte Qualität ist. Naturmaterialien haben zwar viele Vorteile, das Gewicht zählt aber leider nicht dazu. Ich werde jetzt auf die „großen Vier“ sowie Ultraleicht-Bekleidung und Kochersystem eingehen und ansonsten auf Internetseiten und die eigene Kreativität verweisen.


I. Das Zelt

Wie oben erwähnt: auch ein „Leichtzelt“ ist viel zu schwer. Dieser Punkt hat großen Einfluss auf den Komfort und vielleicht bist du nicht bereit, hier großartige Abstriche zu machen. Nun, es gibt auch wirklich leichte Zelte, sowohl ein- wie auch zweiwändig. Bei großen Outdoorhändlern gibt es ein paar hochqualitative, super teure Modelle, die relativ leicht sind – ein doppelwandiges 1-Personen-Zelt, welches 1 kg wiegt, für 500,- Euro etwa. Von so etwas rate ich ab – Ultraleicht heißt nicht ultrateuer – im Gegenteil. Im Schnitt kommt man günstiger weg. Bei den spezialisierten Händlern gibt’s auch bezahlbare Zelte, die zudem teils noch weniger wiegen.

Die nächstleichtere Lösung ist, Gestänge und Boden sowie Doppelwand wegzulassen und zum Aufstellen Äste oder die eigenen Trekkingstöcke zu benutzen. Ein unten an die Zeltwand angenähter Streifen Insektengitter kann sinnvoll sein. Falls keine Äste verfügbar sind, reichen auch eine Schnur und ein bis zwei höhere Befestigungspunkte für diese.

Von dort aus ist es kein großer Schritt mehr zum Tarp. Eine Plane mit Ösen wird abgespannt und schützt vor dem meisten Wind und Regen. Es reicht auch, wenn es nur den Kopfbereich abschirmt, denn der Rest des Körpers bzw. des Schlafsacks wird durch einen wasserdichten, atmungsaktiven Biwaksack geschützt. Dieser verfügt entweder über ein Mückengitter, oder es braucht eine andere Lösung gegen alles, was kreucht und fleucht, z.B. eine Nachrüstung des Biwaksacks oder einen bis zum Boden reichenden Streifen Insektengitter am Tarp um den Kopfbereich herum. Das Gitter sollte nicht unterschätzt werden, es geht schließlich um Mücken, Bremsen, Zecken, Ameisen, Schnecken, … also um deinen ruhigen Schlaf! Daher sollten die Maschen auch nicht zu weit sein.

Es gibt auch kombinierte Tarp/Ponchos, welche natürlich den Nachteil haben, dass nach Aufbau des Lagers der Regenschutz mit verbaut ist. In der Praxis macht das aber nicht so viel, denn für eine Weile tut's auch die wasserabweisende Windjacke, und für sehr regenreiche Regionen sind Ponchos ohnehin nicht das Wahre.


II. Der Schlafsack

Daune ist bislang ungeschlagen, was das Wärme/Gewicht-Verhältnis angeht. Falls du auf Tierausbeutung verzichten möchtest, nimmst du hier auf jeden Fall ein deutliches Mehrgewicht in Kauf. Wenn du Daune nimmst, nimm auf jeden Fall hochwertige für lange Haltbarkeit, schon allein den Tieren zuliebe!!

Ein Schlafsack, der 1 kg wiegt, ist normalerweise zu schwer – es sei denn, seine tiefe Komforttemperatur rechtfertigt das höhere Gewicht. Bedenke beim Schlafsack, dass du in der kältestmöglichen Nacht der Tour mit allen Kleidungsstücken im Schlafsack liegen kannst. Um den Temperaturbereich deines Schlafsacks zu erweitern, hilft kein Inlett, aber eine Thermokombi. Wenn du einen Daunenschlafsack hast, kommt dieser in einen Kunstfaserschlafsack. Beide Schlafsäcke können leichte 1 bis 3-Jahreszeiten-Modelle sein, zusammen trotzen sie tiefsten Temperaturen!

Es wäre sehr praktisch, den Schlafsack als Basislager-Jacke verwenden zu können – abends wird es am kältesten, man bewegt sich kaum noch, will aber noch nicht gleich in den Schlafsack kriechen. Im Prinzip muss ein Schlafsack nur wenig umgeändert werden, um das zu ermöglichen: kleine Reisverschlüsse für die Arme zum herausstrecken und unten wird der Reisverschluss für die Füße von unten her geöffnet. Jetzt muss nur noch das unterste Ende etwas hochgebunden werden, um nicht im Dreck zu schleifen.

Ach übrigens: Es muss nicht unbedingt ein klassischer Mumienschlafsack sein. Es gibt Schlafsäcke mit integrierter Hängematte (meist nicht sehr leicht), Schlafsäcke zum selbst zusammenstellen, als Jacken zu tragende, rückenfreie Modelle (am Rücken nützt die Iso nichts, da sie plattgedrückt wird), Zweiteiler aus warmer Jacke und anzippbarer Sack für die Füße, … informiere dich!

III. Die Isomatte

Ohne isolierende Schicht geht’s nicht. Sowas machen nur irgendwelche komischen Typen in Herr der Ringe. Die wichtigste Anforderung an die Isomatte ist also, warm genug zu sein. Klassische 1- bis 2-schichtige aus offenporigem Schaum sind in kühleren Nächten oft nicht mehr warm genug, außerdem sind sie schnell „durchgelegen“ und isolieren dann deutlich schlechter. Dafür sind sie unempfindlich bzw. es macht nichts, wenn sich ein paar Dornen und ähnliches herein bohren. Selbstaufblasende Isomatten sind da sehr anfällig und die meisten leichten Modelle sehr teuer und immer noch ziemlich schwer. Wenn die Temperatur aber sinkt, sind sie nicht mehr zu schwer, da ihr Gewicht/Wärme-Verhältnis sehr gut ist. Nur daunen-/kunstfasergefüllte Luftmatratzen sind da besser, lohnen sich aber erst ab wirklich tiefen Temperaturen. Und nicht zuletzt soll die Isomatte auch gemütlich sein und Rückenschmerzen entgegenwirken.

Meine Empfehlung ist die „Artiach Skin Microlite“ in 120 cm Länge und 3 cm Dicke, zusammen mit einer Unterlage, die der Temperatur und dem Untergrund angepasst ist; bei warmen Verhältnissen und risikoarmen Untergrund reicht eine dünne Alu-Isomatte (keine Rettungsdecke), wenn die Gefahr von spitzen Ästen und Dornen größer ist, eine klassische Schaumstoff-Isomatte, im Winter eine dünne Isomatte aus Evazote (hochwertiger, geschlossenzelliger Schaumstoff, am besten mit Kontur wie z.B. die „Artiach Light Plus“). Diese Kombi ist recht günstig und deckt ein sehr weites Feld ab. Die Beine spüren den Unterschied an Wärme und Komfort praktisch gar nicht, und die Isomatte ist gleich auch noch gegen Beschädigung von unten geschützt. Und das Gewicht ist super, da man sich ziemlich genau an die Anforderungen anpassen kann. Übernachtet man zum Beispiel in einer Wohnung oder einer Schutzhütte, braucht man nur die selbstaufblasende Isomatte und legt einen Pulli unter die Füße.


IV. Der Rucksack

Für einen Rucksack sollte man sich erst spät entscheiden, denn das Modell hängt ganz wesentlich vom restlichen Gesamtgewicht ab, sowie vom Volumen. Das Zelt/Zeltsystem kommt übrigens in den Rucksack, das ist auch hauptsächlich der Grund, warum es so große 75-L-Modelle gibt. Ich persönlich nutze einen 35-L-Rucksack und das ist manches mal etwas knapp, wenn zur ganzen Ausrüstung auch noch das Essen und Trinken hinzukommt, aber wenn ich nur Nahrung für ca. 3 Tage benötige und Wasser für einen, reicht es noch gut. Und mit der Größe kann ich auch gut Trampen oder Einkaufen und auch für eine Wochenendtour ohne Schlafsack & co. ist er nicht völlig überdimensioniert. Aber 45 L aufwärts + Erweiterung sind für längere Touren und besonders für Wintertouren besser geeignet. Wenn man nicht am ganz unteren Rand der Gewichtstabelle angekommen ist, lohnt sich ein Innengestell/-platten-Rucksack mit Hüftgurt wahrscheinlich schon und das Mehrgewicht wird durch den Tragekomfort und die größere Vielseitigkeit ausgeglichen.

Auch eine Möglichkeit wäre, sich einen sportlichen Laufrucksack von einem Adventure-Racing-Händler zu holen. Diese sind zwar sehr klein, aber wenn man sich Turnschuhe anzieht, kann man jederzeit auf der Trekkingtour einfach Rennen... für Marathontrekker und solche, die es noch werden wollen.

Zur Bekleidung: Die allerbeste Outdoorbekleidung besteht aus Wolle. Wolle wirkt Geruch entgegen, hat, gut verarbeitet, ein gutes Wärme/Gewichts-Verhältnis und wärmt auch noch, wenn sie völlig durchnässt ist – jedenfalls mehr als alle anderen Materialien. Nachteile: Nicht jeder verträgt sie und sie stammt aus Tierausbeutung. Merinowolle kratzt kaum und ist bei weniger empfindlichen Menschen auch als Unterwäsche geeignet. Das leichteste an wärmenden Oberschichten ist natürlich unbestritten Daune, dicht gefolgt von Wattierung, also Kunstfaser. Diese beiden gehen oft mit einem wasser- und windabweisenden Außenstoff einher und sind dann praktische Allrounder. Sehr vielseitig, robust und trotzdem recht leicht ist winddichtes Fleece. Normales Fleece ist etwas leichter, sollte aber nur unter windschützender Kleidung getragen werden und fühlt sich dann auch öfters mal unangenehm stauend an. Aber gerade im Winter ist es eine wertvolle Zwischenschicht und in einem kleinen Packsack kann es sehr platzsparend verstaut werden.

Die Kleidung, die ich immer trage, also Unterwäsche, Hose, Schuhe, ignoriere ich persönlich einfach, da ich ihr Gewicht nicht auf den Schultern spüre. Aber gerade leichte Schuhe, die trotzdem den nötigen Halt geben, könnten sich sehr positiv auswirken, denn das Gewicht der Schuhe zählt ungefähr 3x so viel wie das auf dem Rücken, da die Füße sehr viel bewegt werden. Der nötige Halt ist jetzt übrigens geringer geworden durch das deutlich niedrigere Rucksackgewicht :-)

Wenn du etwas kochen möchtest: bis 30 L Heißwasserbedarf (gerechnet bis zum nächsten Auffüllen des Brennstoffvorrates) ist ein aus alten Konservendosen und Teelichtern gebauter Spirituskocher die beste Wahl. Die allerbeste ist ein selbstgebauter Hobo-Ofen oder offenes Feuer, denn dann muss man nur etwas Material zum Entzünden des Feuers mitschleppen (z.B: in Wachs gebadete Wattepads – ein Viertel genügt), allerdings muss das Wetter einigermaßen mitspielen und es geht nicht überall wegen Brandgefahr, Naturschutz oder schlicht und ergreifend Brennstoffmangel vor Ort. Als Topf wäre Titan ideal, aber leider sehr teuer. Hardonisiertes Aluminium käme dann als nächstes, normales Aluminium hat Abrieb und ist recht empfindlich, aber dafür leicht und billig. Noch billiger (aber schwerer) wird’s mit einer zweckentfremdeten Edelstahlschüssel/-schälchen, wie man sie manchmal in Billigläden findet. Braucht man nur noch eine Möglichkeit, den Topf vom Feuer nehmen zu können. Eine kleine Rohrzange ist eine schwere Lösung, ein Nachbau aus Holz wäre leichter, oder man nimmt die Ärmel. Dazu einen Deckel aus dicker oder mehrfacher Alufolie, fertig ist die Outdoorküche.


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