2004-03:Ecotopia-Biketour quer durch Europa

Aus grünes blatt
Zur Navigation springenZur Suche springen

Ecotopia-Biketour quer durch Europa

Auf die Räder, fertig, los

Eine Gruppe von 40 bis 50 AktivistInnen aus verschiedenen europäischen Ländern - u.a. Kroatien, Frankreich, Lettland, Portugal - und sogar aus Kanada, USA, Israel und Korea touren vom 1. Juli bis 15. August 2004 von Wien über Prag, Dresden, Berlin und das Wendland zum Ökologiefestival Ecotopia nach Gorinchem in den Niederlanden.

Die Idee hinter der Fahrradtour durch Europa ist, öffentlichkeitswirksam zu zeigen, dass lange Strecken auch auf eine umweltfreundliche Art zurückgelegt werden können. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen u.ä. soll auf die Verkehrproblematik und alternative Lebensstile aufmerksam gemacht werden. Seit 1989 wird die Ecotopia-Biketour von jungen Leuten organisiert, die Teil des europaweiten Netzwerks European Youth For Action (EYFA) sind. Um die Unterbringung und Verpflegung der internationalen RadlerInnen und die Planung der Aktionen in Dresden kümmerte ich mich.

Die Tour begann in Wien mit der spektakulären Zerstörung eines Autos auf einem öffentlichen Platz. In Prag fuhren die Aktiven mit bunt bemalten Körpern auf ihren Fahrrädern durch die Innenstadt. Für Furore sorgten die quirligen RadlerInnen in Dresden, als sie gemeinsam mit der BürgerInneninitiative gegen die Waldschlößchenbrücke nach einer Kundgebung an den Elbwiesen mit selbstgebastelten Plakaten und Instrumenten auf den Rädern im Stadtzentrum demonstrierten. Danach machten sie Musik und tanzten mit einem 30 Meter langen Banner vor dem Kulturpalast. Ziel der Aktion war darauf aufmerksam zu machen, dass die geplante Brücke zusätzlichen Lastverkehr anzieht und die Dresdener Elbwiesen - das von der UNESCO ausgerufene Weltkulturerbe - zerstört. In Berlin nahmen die Aktiven an der "Conference Towards Carfree Cities" teil und genossen ein paar freie Tage in der Hauptstadt. Etliche Kilometer weiter erreichten sie das Wendlandcamp, auf dem spannende Arbeitskreise, eine Tour zum End- und Zwischenlager in Gorleben und Diskussionen auf dem Programm standen.

Das Ende der Reise stellt das Camp Ecotopia im Naturreservat bei Schloss Loevestein in der Nähe von Gorinchem dar.

Entscheidungen während der Tour werden basisdemokratisch getroffen, alle helfen bei der Gestaltung des Programms mit und es gibt jeden Tag ein paar Teilnehmende, die sich als Kochgruppe zusammenfinden.

Auf dem Wendlandcamp interviewte ich Roeland aus den Niederlanden (Gesamtkoordinator der Biketour), Ko aus Korea, Janneke aus den Niederlanden (zuständig für Finanzen) und Vita aus Litauen.

Uli: Roeland, welche Schwierigkeiten hattest du bei der Organisation der Tour im Vorfeld? Roeland: Das größte Problem war die Visabeschaffung und alle notwendigen Infos dazu herauszubekommen. Außerdem war es schwierig, lokale OrganisatorInnen in den jeweiligen Ländern zu finden. Als problematisch erwies sich auch, Ökobauernhöfe und interessante Projekte zu finden. Es gab keine Datenbank o.ä., so erwies sich auch die Vernetzung der Projekte als schwierig. Was genau die Ecotopia- Biketour bedeutet, erfuhr ich eigentlich erst während unserer Fahrt. Und auch da gab es immer wieder Überraschungen, ich hatte mir einiges anders vorgestellt (z.B. fehlte teils das Umweltbewußtsein der Teilnehmenden). Uli: Was war das Schönste für dich während der Tour?

Dass Leute aus Serbien, Kroatien und Bosnien hier so friedlich zusammen arbeiten und die Radtour gestalten, gab mir ein sehr gutes Gefühl. Natürlich auch, dass wir verschiedene Projekte und Orsgruppen mit unserer Stimme und unseren Aktionen unterstützen konnten.

Uli: Was hast du in Bezug auf internationale Netzwerkarbeit gelernt?

Roeland: Wenn mensch etwas organisieren möchte, was bereits existiert und schon mehrmals durchgeführt wurde, sollte er/sie unbedingt auf ein Merkblatt mit Tipps und Tricks vom letzten Mal und was alles schief ging und gut lief zurückgreifen können. Beispielsweise sollte darin auch stehen, wie mensch Visa beantragt und welche Richtlinien für welche Nationalitäten gelten. Als eine internationale Gruppe ist es sehr wichtig, solche grundlegenden Infos zusammen zu stellen!

Uli: Ko, bist du das erste Mal in Europa? Wäre so eine Fahrradtour in Korea möglich?

Ko: Ja, es ist meine erste Reise durch Europa. In Korea hätten wir ein großes Problem, wenn es eine Biketour von 6 Wochen geben würde, denn jede arbeitende Person bekommt nur 4-5 Tage Urlaub im Jahr (!), außerdem bekämen wir nie so viel finanzielle Unterstützung von offizieller Seite. Auch die Berglandschaft in Korea könnte uns Probleme bereiten. Anmerkung: 6 von 8 teilnehmenden KoreanerInnen haben ihren Job aufgegeben, um hierher zu kommen

Uli: Janneke, wie hat das Orga-Team es geschafft, die unterschiedlichen finanziellen Hintergründe (v.a. aus den verschiedenen Herkunftsländern resultierend) zu überwinden? Sind die Teilnahmebeiträge für alle fair?

Janneke: EYFA hat schon seit langem die sogenannten Ecos eingeführt, deren System wir auch nutzen. Der Wert eines Ecos für das jeweilige Land wird jedes Jahr neu berechnet, indem z.B. Unterschiede im Wohlstand und Pro-Kopf-Einkommen des Landes berücksichtigt werden. Ein Beispiel: Für die Teilnahme an der Biketour zahlt jemand aus Deutschland umgerechnet 7,50 Euro pro Tag, jemand aus Litauen nur 2,10 Euro (beides entspricht 15 Eco pro Tag). Wir versuchen außerdem grundsätzlich allen die Teilnahme zu ermöglichen. Geld ist bei uns nie ein Grund, nicht kommen zu können.

Uli: Vita, warum nimmst du an der Biketour teil?

Vita: Es ist die beste Art, meine Ferien zu verbringen- viele supernette Leute zum schwatzen, politische Diskussionen führen und Aktionen gestalten. Fahrrad fahren ist bei uns Spaß und (direkte) Aktion!

Uli: Welcher war für dich der schönste Ort, den ihr als Gruppe erlebt habt?

Vita: Das war in der Ökoburg Lenzen. Da saßen wir so gemütlich beisammen und haben uns Spiele in der Natur ausgedacht. Und die ganze Gruppe hat mitgemacht!

Uli: Wo war der beste Übernachtungsplatz für dich?

Vita: Ganz klar, bei deinen Eltern in Dresden!

Uli: Möchtest du nächstes Jahr wieder teilnehmen?

Vita: Es ist nun die vierte Ecotopia- Biketour für mich. Ich hoffe, auch nächstes Jahr wieder dabei sein zu können.

Uli Lerche, Themensprecherin Internationales der Bundeskoordination Studentischer Ökologiearbeit (BsÖ)