2008-01:War was, Eva?

Aus grünes blatt
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Rezension:

War was, Eva?

fb Der erste Teil des Buches wirkt grausig: sehr einseitige Sichtweisen auf Geschlechterrollen und Männerbild prägen den Einstieg in Karin Deckenbachs Werk. Obwohl, oder vielleicht auch gerade weil ich mich als für Genderfragen sehr sensibilisiert wahrnehme, waren die ersten Seiten wirklich ätzend zu lesen. "Warum diese oberflächliche Polemik?", hat es in mir geschrien. Gemischt mit der Verärgerung darüber, warum Menschen, die kritisch die patriarchale Gesellschaft aufrollen wollen, immer wieder nur ins Gegenteil verkehren wollen, was sie kritisieren. Das erste Lesen war daher von starker Distanz geprägt. Umso mehr spricht es für das Buch und seine Autorin, dass sich das negative Bild beim weiteren Lesen sehr zum Positiven gewandelt hat.

Vielleicht sollte der Beginn auch provozierend wirken. Oder es lag an den "Gesprächen", mit denen die Autorin einen Einblick in das Geschlechterbild verschiedener Frauen und Männer gibt. Diese werden zum Teil derb oberflächlich dargestellt, entwickeln sich teilweise im Verlauf des Textes auf eine etwas differenziertere Ebene zu. Das Bild, das die AutorIn von ihren Beispielfrauen zeichnet, stellt diese als karrieristisch, sexistisch und wenig reflektiert dar. Das ist schade, zumal Deckenbach die differenzierenderen, nachdenklicheren Beiträge in Männermund legt. Sie nennt die Frauengespräche aber auch selbst "Stammtisch", was deren Oberflächlichkeit ein Stück weit begründet.

Das Buch ist in Form abwechselnder Gesprächsauszüge und Kommentare verschiedener (vermutlich fiktiver) Personen in Mischung mit Hintergrundtexten und Einschätzungen der Autorin aufgebaut. Es liest sich dadurch sehr angenehm und vermittelt doch eine Menge Wissen und Eindrücke aus der Geschichte der feministischen Bewegungen. Auch bezüglich der geschlechterkritischen Bewertung der aktuellen Politik gibt Deckenbach interessante Denkanstöße. So führt sie vor, wie die geltenden steuerrechtlichen Bedingungen und Leistungen des Staates die patriarchale Rollenverteilung stützen oder gar bedingen. Ihre Schlussfolgerungen muten allerdings katastrophal an: verkürzt gesagt sollen Bezüge und Steuererleichterungen verändert und großteils gestrichen werden, um zu erzwingen, dass Frauen arbeiten gehen müssen, um ihre Familie ernähren zu können. Wenn erstmal kaum noch eine Möglichkeit besteht, dass Männer und Frauen sich hinter Einkommens- und Steuervorteilen verstecken können, soll die Gesellschaft emanzipierter werden. Aber es ist wohl wenig emanzipatorisch zu fordern, dass die Bedingungen für Menschen allgemein verschlechtert werden sollen, um sie zu ihrem Glück zu zwingen...

Ein anderer, in einem genderkritischen Buch als Einseitigkeit auffallender, Aspekt ist die Fixierung des Blicks auf heterosexuelle Paare. Deckenbach reproduziert permanent das Bild trauter Zweisamkeit von Mann und Frau. Es wird nicht einmal angedeutet, dass es da noch Anderes gibt. Zusammen mit ihren antiemanzipatorischen, wohl aber "realpolitischen", Forderungen stellt dieses Defizit das wesentliche Manko dieses ansonsten empfehlenswerten Buches dar.

Karin Deckenbach: War was, Eva? Wer sich nicht wehrt, endet am Herd. Droemer Verlag, München 2006. 300 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag. ISBN 978-3-426-27414-9