2009-01:Erneuter Löserfall in Morsleben

Aus grünes blatt
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Erneuter Einsturz in der Atommüllkippe Morsleben:

Die katastrophale Atompolitik beenden!

Morsleben/Magdeburg Der gestern kurz vor Redaktionsschluss vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bekannt gegebene erneute Deckeneinsturz in einem Hohlraum im Zentralteil des Endlagers für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM)[1] macht deutlich, dass der Betreiber der gefährlichen Atomanlage das Problem der Standsicherheit nicht im Griff hat - so das Fazit aus dem unabhängigen Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der Geschichte des Endlagers Morsleben, Falk Beyer. Obwohl das BfS genau in diesem Bereich der Schachtanlage, im Zentralteil, seit mehr als fünf Jahren Sicherungsmaßnahmen durchführt, die fast zum Abschluss gelangt sind, hat sich erneut ein sogenannter "Löserfall" ereignet. Über den Umfang der herabgestürzten Deckenteile macht die vom BfS herausgegebene Presseerklärung keine Aussage. Vor etwa acht Jahren, 2001, als sich zuletzt ein solcher Einsturz der Decke des maroden Salzbergwerks ereignete, bei dem mehrere Tausend Tonnen Salzgestein herunterbrachen, löste dieser Vorfall die sogenannten "Vorgezogenen Versatzmaßnahmen" zur Gefahrenabwehr im Zentralteil des ERAM aus.

"Es ist unverantwortlich diesen zum Teil über mehr als eine Million Jahre strahlenden Atommüll zu produzieren", meint auch die Anti-Atom-Aktivistin Hanna Poddig. "Es gibt keine sichere Entsorgung für dieses Material - weder in Morsleben noch sonst irgendwo. Der neuerliche Löserfall in Morsleben zeigt einmal mehr, dass nicht nur die Atomtechnologie unbeherrschbar ist, sondern auch die Entsorgung ihrer Endprodukte immer wieder mit Risiken verbunden ist."

In seiner Presseinformation erklärt das BfS, dass keine Gefahr für die Sicherheit bestand und betont, dass Löserfälle in alten Salzbergwerken auf der Tagesordnung stehen. Damit erinnert diese Öffentlichkeitsarbeit an die Presseverlautbarungen, die mit fast jedem Unfall in Atomanlagen verbunden ist - es habe zu keiner Zeit eine Gefahr für die Öffentlichkeit bestanden. Oft wurde mit solchen Erklärungen von der Problematik abgelenkt, dass jeder Zwischenfall in einer Risikoanlage höchst gefährlich ist, zeigt er doch die Grenzen der künstlich erzeugbaren Sicherheit auf. In Morsleben kann derzeit von außen kaum eingeschätzt werden, welche Sicherheitsrelevanz dieser Löserfall hat - mangels detaillierter Information der Öffentlichkeit kann hier nur spekuliert werden, oder der Einschätzung der Betreiber des Atommülllagers vertraut werden. Angesichts der zweifelhaften Informationspolitik dieser Behörde in der Vergangenheit schadet ein gesundes Misstrauen sicher nicht.

"Morsleben sei mindestens 10.000 Jahre langzeitsicher, garantierte die damalige Umweltministerin Angela Merkel und setzte mit dieser Begründung die Fortsetzung der Einlagerungen in der umstrittenen Atomanlage durch[2]", erzählt Beyer. "Das Gegenteil war bereits 1969 bekannt, also vor der Errichtung des Endlagers in Morsleben. Und in der Amtszeit Merkels wurden weitere Sicherheitsdefizite bekannt - u.a. etliche Wasserzutrittsstellen, die bis dahin nicht veröffentlicht worden waren. Spätestens der Löserfall 2001, bei dem etwa 4.000 Tonnen Salzgestein von der Decke eines Hohlraums im Zentralteil des Endlagers herabstürzten, strafte Merkel Lügen. Wer will angesichts dieser Chronologie Leuten in solchen Machtpositionen vertrauen?"

Das Forschungsprojekt hat sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der umstrittenen Morslebener Atomanlage aufzuarbeiten - unabhängig von Interessengruppen, deren Hauptaugenmerk auf den ungestörten Betrieb des Endlagers setzt. Die Recherchen haben bereits über 2.800 Dokumente aus einem Dutzend öffentlichen und privaten Archiven zutage gebracht. Seit 2003 arbeitet das Projekt und hat bereits mehrere Broschüren und eine von mehr als 20.000 Personen besuchte Ausstellung hervorgebracht.[3] Die unabhängige Forschung ist notwendig, da die Geschichte Morslebens und anderer Atomanlagen zeigt, dass weder den Beteuerungen von Atomfirmen, die vom Betrieb nuklearer Anlagen profitieren, noch den Behörden, die dieses immer wieder ermöglichen und durchsetzten, die Geschichtsschreibung überlassen werden sollte.

Medieninformation des Morsleben-Forschungsprojekts vom 03.04.2009


Quellen

  1. http://www.bfs.de/de/bfs/presse/pr09/pr0915.html vom 02.04.2009
  2. taz, die tageszeitung vom 26. August 1995: "Atomlager Ost verstopft. Die Umweltministerin des Landes Sachsen-Anhalt untersagt die Einlagerung mittelradioaktiver Abfälle im Kalibergwerk von Morsleben"
  3. http://greenkids.de/morsleben