2011-02:BioTechFarm schliessen

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Die Gentechnik-Seilschaften von Üplingen

BioTechFarm, Schaugarten Üplingen und die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz

Propaganda und Irreführung

  1. Der Schaugarten Üplingen dient der Propaganda für die Agrogentechnik. Geschäftsführer war zunächst der FDP-Landtagsabgeordnete Uwe Schrader, danach Kerstin Schmidt, die mit ihrer Firma biovativ GmbH auch die Versuchsanlage östlich von Rostock betreut. Sie sagte über den Zweck des Schaugartens: „Unser Unternehmen unterhält in Üplingen mit dem Schaugarten die europaweit erste Freilandausstellung. Mit der Kooperation bieten wir den Mitgliedern der Marketinginitiative an, ihre Produkte der modernen Pflanzenzucht dort der Öffentlichkeit zu präsentieren“ (Quelle: mz-web am 8.9.2009). Auf TransGen, einer Propagandaseite für Agrogentechnik, wird der Schaugarten so vorgestellt: „Der insgesamt fünf Hektar große Schaugarten bildet gewissermaßen eine öffentliche Bühne ... Wer sich ein eigenes Bild von Gentechnik und Pflanzenzüchtung machen möchte, wer interessiert und neugierig ist, kann sich zu einem Besuch im Schaugarten anmelden. Schulklassen und Gruppen sind besonders willkommen.“
  2. Bemerkenswertes Beispiel dieser Sonderstellung ist der BT-Mais MON810. Dieser ist seit 2009 in Deutschland wegen seiner Umweltauswirkungen verboten. LandwirtInnen dürfen ihn nicht pflanzen. Im Schaugarten war er aber 2009 und 2010 ohne besondere Sicherungen im Freiland als Werbebeet vorhanden.
  3. Ursprüngliches Ziel der Renovierung des Hofgutes und der Sanierung der Ortschaft Üplingen war der Gedanke der Nachhaltigkeit und des regionalen Wirtschaftens. Die mit dieser Intention investierten Gelder wurden ab 2008 für den Aufbau eines Schaugartens und des wichtigsten Treffpunktes der AgrogentechnikerInnen in Deutschland zweckentfremdet.
  4. Ab 2011 ist Üplingen auch Standort des Feldes mit der BASF-Kartoffel Amflora. Dieser Anbau dient ebenfalls nur politischen und Propagandazwecken. Denn die Amflora ist eine sehr alte gentechnische Sorte und wird von BASF gar nicht mehr weiter verfolgt. Das Feld dient allein der Durchsetzung von Gentechnikinteressen, aber nicht (mehr) der Erforschung der Amflora-Kartoffel.
  5. Von der Geschäftsführerin des Schaugartens werden auf Nachfragen Belege und Studien erfunden. So antwortete Kerstin Schmidt am 6.9.2010 auf die Frage einer Besucherin nach Fütterungsstudien mit gv-Mais bei Kühen: „Also da gibt's Tausende von ... Ich kann Ihnen ein paar Forschungsinstitute aus Deutschland nennen, das ist die RWTH Aachen, das ist die Biologische Bundesanstalt Braunschweig, heutzutage Julius-Kühn-Institut, das ist die FAL, die heißen von-Thünen-Institut oder teilweise Julius-Kühn-Institut.“ Das aber war frei erfunden. Bei allen genannten wurden nie solche Studien durchgeführt (Quelle: Mitschnitt der Führung durch den Schaugarten am 6.9.2010 und Recherche in den Forschungsdatenbanken der genannten Institutionen).

Betrug und Fälschungen

  1. Sämtliche Felder im Schaugarten sind als Freisetzungsversuche beantragt und genehmigt. Tatsächlich dienen sie aber der Propaganda und nicht wissenschaftlichen Untersuchungen. In Üplingen selbst sind weder Labore noch qualifizierte WissenschaftlerInnen vorhanden. Über gesicherte Transporte von Materialien in andere Labore ist in den Überwachungsakten beim Landesverwaltungsamt nichts zu finden.
  2. Die Felder sind Kopien von Versuchsfeldern an anderen Orten, die entweder von Firmen (KWS, BASF, Pioneer, Monsanto) durchgeführt werden und deren Interessen dienen oder als Scheinanmeldungen im Biosicherheitsprogramm dem Betrug mit Fördermitteln dienen. Die durchführende Firma biovativ GmbH erhält hierfür direkt oder indirekt Mittel aus einem Förderprogramm, das für die konkreten Versuche überhaupt nicht zutreffend ist. Dennoch werden die Gelder seit Jahren ausgezahlt.

Schlampereien und Verstöße gegen Sicherheitsauflagen

  1. Das Feld verfügte nie über eine durchgängige Mantelsaat. Eine Lücke von ca. 50 Metern wurde der Überwachungsbehörde, die die erforderlichen Kontrollbesuche vernachlässigte, im Jahr 2010 eher zufällig bekannt. Nach Rücksprache mit der Bundesgenehmigungsbehörde BVL beschloss sie aber, weder die Nichteinhaltung der Sicherheitsauflagen zu ahnden noch eine Nachbesserung einzufordern (Quelle: Aktenvermerk des Landesverwaltungsamtes vom 26.8.2010). Neben dieser Lücke gab es zudem den BesucherInneneingang, bei dem die Mantelsaat unterbrochen war (Quelle: Mitschnitt der Führung durch den Schaugarten am 6.9.2010).
  2. Auf dem Feld kam es mehrfach zu unkontrolliertem Durchwuchs. Dokumentiert sind das Aufkommen von Tabakpflanzen (Quelle: Aktenvermerk des Landesverwaltungsamtes vom 26.8.2010) und der Durchwuchs von Raps im RR-Rübenfeld (Quelle: Mitschnitt der Führung durch den Schaugarten am 6.9.2010).
  3. Für den Versuch mit gentechnisch verändertem Weizen wurde von einem 10 Jahre alten Versuch der Universität Zürich ein Genehmigungsantrag weitgehend wörtlich kopiert (á la Ex-Minister Guttenberg). Es ist folglich unwahrscheinlich, dass jemals der tatsächlich dort stehende Versuch beantragt und genehmigt wurde, sondern ein unbekanntes anderes Experiment. Hinweise auf das Plagiat sind im Antrag nicht vorhanden. Hier wurde sich nicht einmal die Mühe gemacht, eigene Anträge zu fälschen, sondern es wurden vorhandene Antragstexte aus anderen Zusammenhängen recycelt (Quelle: Hintergrundpapier von BUND und anderen am 18.4.2011).
  4. Der als Sicherheitsauflage vorgeschriebene Mäuseschutzzaun um das gv-Weizenfeld ist nicht geeignet. Als dieser Verstoß bekannt wurde, kommentierte das die Geschäftsführerin des Gartenbetreibers, Kerstin Schmidt, mit den Worten: „Wenn schon, was soll da passieren“ (Quelle: Mitschnitt der Führung durch den Schaugarten am 6.9.10).

Besondere Risiken

  1. Im Schaugarten stehen sehr viele und zum Teil wenig erforschte, gentechnisch veränderte Pflanzen. Dazu entsteht ein besonders starkes Risiko, da es bislang vor allem Felder mit Versuchspflanzen sind, von denen Auskreuzungsskandale ausgehen. Das hat auch nachvollziehbare Gründe, denn Versuchspflanzen enthalten in der Regel mehr gentechnische Veränderungen, zudem stehen oft mehrere verschiedene gv-Pflanzen in einem Beet. Welche Wirkungen diese Veränderungen in der Umwelt hinterlassen, ist oft unbekannt, zudem fehlen für diese seltenen Pflanzen vielfach Nachweismethoden. Durch Auskreuzungsskandale der Vergangenheit ist bekannt, dass selbst ausbreitungsschwache Pflanzen von einzelnen Versuchsfeldern weltweit überall eindringen können – wie es 2006 mit dem Bayer-Reis LL601 der Fall war.
  2. Der Standort des Schaugartens liegt in der Wiege der Saatzucht. Damit sind umliegende Betriebe, Saatgutbanken und Zuchtanlagen einer besonderen Gefahr ausgesetzt – und das nur zu Propagandazwecken.
  3. Der gentechnisch veränderte Mais wird in einer Biogasanlage in Schöningen verarbeitet, am 20.12.2009 erfolgte auch eine Lieferung an die Biogasanlage in der Üplinger Straße in Badeleben (Quelle: Akten des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt).

Örtliche und regionale Betroffenheiten

  1. Durch die Aussaat sehr vieler, unterschiedlicher und weitgehend unbekannter gv-Pflanzen sind die umgebende Landwirtschaft und vor allem Saatgutbetriebe massiv gefährdet. Eine Auskreuzung in der Region könnte die Börde als Herkunftsort in Verruf bringen.
  2. In das Dorf Üplingen sind erhebliche Mittel zur Sanierung investiert worden. Dieses geschah unter anderen Vorzeichen (Agenda-21-Dorf und Nachhaltigkeitsprojekt). Die jetzige Übernahme durch die Gentechnik-Seilschaften stößt auch deshalb auf geringen Widerstand vor Ort, weil die engagierten BürgerInnen der Agenda-21-Phase um die Früchte ihrer Arbeit fürchten. Denn der Schaugarten ist offensichtlich eine Falschverwendung der Fördermittel.
  3. Selbst der Treffpunkt (Versammlungssaal) der Gentechnik-Seilschaften wird aus Fördertöpfen finanziert, die eigentlich lokalen Aktivitäten zugute kommen sollen. Gleichzeitig ist z.B. der Dorfpark am Gut inzwischen für die öffentliche Nutzung gesperrt. Trotz anderslautender Zusagen und Absprachen ist die Zugangsbrücke einfach abgerissen worden.

Seilschaften der Agrogentechnik

  1. Das Hofgut in Üplingen mit dem angegliederten Schaugarten ist der deutschlandweit wichtigste Treffpunkt von LobbyistInnen, Konzernen und Überwachungsbehörden. Das jährliche InnoPlanta-Forum als Begegnungsraum zwischen GeldgeberInnen, Versuchsdurchführenden, Firmen und Genehmigungs- und Überwachungsbehörden ragt hier besonders heraus (Quelle: Buch „Monsanto auf Deutsch“ und www.biotech-seilschaften.de.vu).
  2. Neben den Rostocker Gentechnikkreisen um die Firma biovativ GmbH ist das Netzwerk um InnoPlanta am Schaugarten beteiligt. Gründungsvorsitzender von InnoPlanta ist Thomas Leimbach, der immer noch stolz auf seine Schöpfung ist. Heute ist er Chef des Landesverwaltungsamtes, das eigentlich unabhängige Überwachungsbehörde sein soll (Quelle: Buch „Monsanto auf Deutsch“ und www.biotech-seilschaften.de.vu).

Die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz (SBK) und der Schaugarten

  1. Die Flächen, auf denen der Gentechnik-Schaugarten und das Amflorafeld stehen, gehören zum Konsortium der Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz (SBK). Sie sind an die BetreiberInnen des Hofgutes bzw. des Schaugartens verpachtet. Die SBK weiß, dass diese zum Zwecke der Ausbringung von gv-Pflanzen und deren Bewerbung genutzt werden.
  2. Nach der Sanierung des Hofgutes Üplingen wurde am 18.12.2007 das angrenzende Ackerland an die Firma Monsanto verpachtet. Spätestens damit war klar, dass nun ein Gentechnikzentrum geplant war. Das Ackerland gehörte zum Konsortium der Stiftungen in der SBK. Sie stimmte der Verpachtung an Monsanto zu (Quelle: Akten beim Landesverwaltungsamt).
  3. Die SBK baut zur Zeit sogar selbst, aber unter dem Deckmantel eines Dorfgemeinschaftshauses den zentralen Versammlungsraum der Gentechnik-Seilschaften im Hofgut Üplingen.
  4. MitarbeiterInnen der SBK nehmen an den jährlichen Seilschaftentreffen „InnoPlanta-Forum“ teil.
  5. Die technische Umsetzung der Verpachtung liegt in den Händen der niedersächsischen Landesverwaltung, genauer in der Abteilung „LGLN“ mit Sitz in Braunschweig (Quelle: www.gll.niedersachsen.de).


Mehr Infos:

  • www.biogeldfarm.de.vu: Zum Schaugarten in Üplingen
  • www.bs-gentechfrei.de: Gentechnikfreie Region Braunschweiger Land
  • www.keine-gentechnik.de: Informationsportal zum Thema
  • www.kws-gentechnikfrei.de: Gentechnik und die Firma KWS Saat AG
  • www.biotech-seilschaften.de.vu: Behörden, Firmen, Lobbyverbände und Forschung
  • www.schaugarten-ueplingen.de: Die Seite der BioTechFarm-Betreiber selbst


Literaturtipp: „Monsanto auf Deutsch“ Das Buch zu den Gentechnik-Seilschaften ... 240 Seiten voller Informationen zu Personen und Organisationen. Über 2000 Quellen. Für 18 € bei www.aktionsversand.de.vu. „Organisierte Unverantwortlichkeit“ Broschüre mit einer kurzen Übersicht über die wichtigsten Teile der Gentechnik-Seilschaften, unter anderem der BioTechFarm in Üplingen. 32 Seiten, 2 €. Zum Thema bietet der Autor einen Vortrag als Ton-Bilder-Schau an (auch auf DVD erhältlich).


Wir brauchen endlich eine Initiative gegen die Gentechnik-Anlagen in Üplingen und der Börde. Machen Sie mit! Tragen Sie sich in die Listen ein oder melden Sie sich in der Projektwerkstatt. Von hier wird zu einem Gründungstreffen eingeladen. Kontakt: saasen@projektwerkstatt.de oder 06401/903283.


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