2016-02:Katastrophenalarm

Aus grünes blatt
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Stefan Engel:

Katastrophenalarm

jb Der Autor ist Chef der MLPD, also einer streng marxistisch geprägten Partei mit eher mäßigen Wahlerfolgen. Seiner kommunistisch-rosa Brille bleibt er in vielen Phasen des Buches treu – etwa, wenn er verkündet, dass die Industrialisierung von Produktion, Energiegewinnung und Landwirtschaft in der alten Sowjetunion eine Vorreiterfunktion beim Umweltschutz gebildet hätte, Stalin also so etwas Ähnliches wie ein Ökoheld gewesen sei. Dass die gigantischen Umleitungen von Flüssen riesige Seen austrocknen ließen – kein Wort. Die Desaster der Großindustrialisierung – lässig übergangen. Doch diese realsozialistischen Tomaten auf den Augen machen das Buch nicht sinnlos. Im Gegenteil: Endlich greift ein orthodox-marxistischer Vordenker das Thema Umwelt beherzt auf – und das auch noch mit Bezug auf Marx. Der sei, so Autor Stefan Engel, nämlich gerade der Meinung gewesen, das Mensch UND Natur Objekt kapitalistischer Ausbeutung zwecks Profitmaximierung wären. Es sei gerade ein Fehler breiter Strömungen des Marxismus und der Sozialdemokratie, Marx hier immer falsch verstanden zu haben. Engel belegt seine These mit Zitaten von Marx und Engels, die überzeugen – auch wenn immer der Verdacht besteht, das sich aus einer derartigen Fülle von Texten, wie die beiden produziert haben, immer Argumente für mehrere Sichtweisen finden lassen. Für den Sinn des Buches ist das egal. Es ist zu hoffen, dass sowohl die gründliche Faktendarstellung zur Lage der Umwelt als auch die Kritik an den bürgerlichen Vorstellungen des Umweltschutzes dazu beitragen, dass die Interessen von Menschen an einem insgesamt guten Leben zusammen gedacht werden. Denn bei dieser Perspektiven fallen die Produktionsverhältnisse und Arbeitsbedingungen, der Schutz der Umwelt und die Fragen von Freiheit und Gleichberechtigung ohnehin zusammen.

2014, Verlag Neuer Weg in Essen, 332 S., 17,50 €