2016-02:Ressourcenkonflikt lähmt Klimaschutz

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Ressourcenkonflikt lähmt Klimaschutz

kardan Kein Frieden mit der NATO. Während wir zu grünem Konsum und Stromsparen erzogen werden, konzentriert die NATO Raketenbasen an der EU-Ostgrenze und Obama sieht die Verteidigung Europas als Priorität des Transatlantischen Bündnisses an. Die NATO-Politik macht Europa nicht sicherer, sondern sorgt für Spannungen mit Rußland: „Moderne" Zivilisationen sehen Energiesicherheit als Schlüssel für Stabilität: Kohle als „Brückentechnologie“, langfristig den Zugang zu Gas siche rn. Die Konkurrenz um fossile Energie ist Hauptpriorität. Ein doppelt gefährliches Konzept.

Was eine Zivilisation ausmacht ist nicht explizit emanzipatorisch: Arbeitsteilung, Urbanisierung, Nationalismus, hierarchische Verwaltung und institutionalisierte Rechtssprechung. Diese dominierenden Konzepte zu delegitimieren sollte zum Repertoire von Klimabewegungen gehören.

„Wenn der globale Temperaturanstieg tatsächlich auf deutlich weniger als 2°C, möglichst sogar 1,5°C, begrenzt werden soll, wie im Paris-Abkommen beschlossen, dann reicht unser globales CO2-Budget nur noch wenige Jahre"[1] Solche Sätze hören wir häufig von NGOs wie powershift. Der ehemalige NATO-Generalsekretär Rasmussen war 2010 deutlicher: „Selbst wenn wir morgen alle Emissionen stoppen, erwarten wir bis 2040 eine Erwärmung um 2 °C."[2]. Es gehe nicht mehr um die Senkung von Emissionen, sondern Beratung, sich an die globale Erwärmung anzupassen und mit Sicherheitskrisiken fertig zu werden.

Heutige Konfliktgebiete wie Ukraine und Syrien unterliegen auch der Konkurrenz um Gas, speziell die Transportwege. Harvardprofessor Mitchell Orenstein sieht den Krieg in Syrien als Konflikt über die Frage, ob Gas aus dem Iran über Syrien zum Mittelmeer, oder von Qatar über die Türkei nach Europa geliefert werden soll[3]. Rußland drängte Assad 2009 einen Vertrag mit dem von US-Truppen besetzten Quatar zu verweigern. Das 2011 angekündigte Alternativprojekt sollte 2016 fertig werden, der Vertrag zwischen Iran, Irak und Syrien wurde 2012 unterzeichnet. Doch der Arabische Frühling kam dazwischen. 2013 stoppte Rußland einen UN-legitimierten Putsch in Syrien[4]. Hintergrund war Frankreichs (vermutlich fingierter) Vorwurf, Assad habe die Bevölkerung mit Giftgas bombardiert. Stattdessen entschied Putin, unter dem Vorwand, gegen den IS zu kämpfen, die Opposition in Syrien zu bombardieren.

Der „Krieg gegen den Terror" läuft auf Hochtouren und ist für viele in der Region unerträgliche Realität. Gleichzeitig rüsten NATO-Staaten ein Raketenabwehrsystem auf: Radar in der Türkei und Norwegen (NATO-Partner), Raketen gespickte Schiffe aus Spanien und stationäre Abfangraketen in Rumänien und Polen. Die USA verschieben F-22-Jäger ans Schwarze Meer. Putin stationiert ein Radar auf der Krim, Atomraketen nahe Kalinigrad und Moskau, mobile S400-Raketenabwehrsysteme von St. Petersburg bis Khmeimim (Syrien) - 56 Bataillone bis 2020[5]. Wer hat da Kapazitäten für Klimaschutz?

Schon wieder Kalter Krieg?

Nach dem Abschuss einer SU-24 im November 2015 an der türkisch-syrischen Grenze kündigte Rußland das bilaterale Visa-Abkommen und zog eigene Truppen aus der Türkei ab[6]. 25 Jahre nach dem Totrüsten der Sowjetunion beobachten wir eine neue Blockbildung mit alltäglichem Kräftemessen – ein erneutes bedrohliches Wettrüsten. Polen, Estland, Lettland, Littauen und Rumänien sind inzwischen auf Seite der NATO, Georgien und Montenegro erwarten dem Bündnis beizutreten.

In der Ukraine streiten verschiedene Gruppen seit Jahren um Hegemonie. Die NATO verstärkt die Präsenz in der Region und kündigt an, dass der Status der Krim nicht hinnehmbar sei. Vier Bataillone (4.000 Uniformierte) werden ab 2017 in Nachbarschaft zu Rußland stationiert: Vier „Führungsnationen" nehmen auf unbestimmte Zeit Stellung in Estland (UK), Lettland (Kanada), Littauen (Deutschland) und Polen (USA).

Was war passiert? Die Orange Revolution hatte einen prowestlichen Präsidenten an die Macht gebracht. Über Jahre wurde ein Freihandelsabkommen mit der EU vorbereitet, um vom historischen Bruder unabhängig zu werden, mit dem es immer wieder Streit über die Bezahlung von Gas gab. Der prorussische Nachfolger stoppte die Verhandlungen und löste damit gewaltsame Aufstände in Kiev aus, die Regierung wurde gestürzt und Neuwahlen vorbereitet. Westliche Kräfte stehen im Verdacht, dabei eng mit nationalistischen Gruppen zusammen zu arbeiten. Gleichzeitig sickerten russische Spezialkräfte in die Region um Donets und Krim ein und übernahmen diese. Das war 2013.

Am 13. Juli 2016 erklärt der NATO-Generalsekretär Soltenberg, der anhaltende Zustand sei nicht länger hinnehmbar („profound and persistant disagreement“)[7]. Wiederkehrend ist von der „Aggression Russlands“ und „Annexion der Krim" die Rede. Bündnispartner NATO nimmt zu Recht Anstoß daran, dass Rußland, die Grenze eines anderen Landes missachtet und dessen Souveränität verletzte. Doch mit der Argumentation gibt es ein Problem, denn was tut „der Westen"?

150 Mio. Euro fließen jährlich in parteinahe Stiftungen in Deutschland, welche damit Weiterbildungen finanzieren. Auch bei der Vernetzung mit Elite- und Oppositionsgruppen spielen sie eine wichtige Rolle, z.B. mit Veranstaltungen für Marktwirtschaft und Demokratie nach westlichem Modell, oder Unterstützung nationaler Kräfte wie in der Ukraine. Als die Regierung Ecuadors 2014 Transparenz über die Ziele und Finanzierung von Projekten der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) forderte, wurde aus Protest das Büro geschlossen.

Im März 2013 wurden in Moskau und St. Petersburg Büros der KAS durchsucht, der Büroleiter Andreas Jacobs habe sich in „Angelegenheiten des Landes eingemischt und gezielt Zwietracht gesät“.

Die Grüne Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) gab „sich „besorgt“ über die „unerfreuliche Erscheinung“, dass in Medienberichten der Stellenwert ukrainischer Rechtsradikaler in den Protesten „überbewertet“ werde. [...] Andreas Umland, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Euro-Atlantische Kooperation Kiew, schrieb in einem Beitrag der Stiftung, Begriffe wie „Faschisten“ oder „Nazis“ seien zur Bezeichnung der Swoboda-Anhänger unangebracht.“. Umlands Büro, von der HBS finanziert (der Tradition des Atomwaffengegners Böll verpflichtet), bezeichnete die Entscheidung der Ukraine, 1994 ihre Atomwaffen abzuschaffen, als Fehler: „Solange ein Land keinen nuklearen Schutzschirm hat – entweder seinen eigenen oder den eines engen Verbündeten – stehen seine Integrität, sein Territorium und seine Unabhängigkeit infrage.[8]

Eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kommt zu dem Schluss: „Beim derzeitigen Stand des Völker(-gewohnheits-)rechts erscheint ein Völkerrechtsverstoß der politischen Stiftung bzw. Auslandsvertretung selbst nicht konstruierbar. Vor diesem Hintergrund scheint eine staatliche Verantwortlichkeit über eine Zurechnung (Attribution) im Einzelfall als einzig möglicher Weg. Eine solche Zurechnung ist nur in engen Ausnahmefällen denkbar. Hier kommt es entscheidend auf das Näheverhältnis zwischen der Stiftung und deutschen Staatsorganen und die Kontrolle im Einzelfall an; eine führende staatliche Rolle bei Planung, Organisation, Koordinierung der konkreten Auslandsaktivität müsste – in der Praxis unwahrscheinlich – nachgewiesen werden.“[9].

Auch wenn eine juristische Verantwortlichkeit „nicht konstruierbar“ sein mag, so kann doch erhebliche Einflussnahme auf die Politik angeblich souveräner Nationen ausgemacht werden[10]

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass Clintons Außenpolitik aggressiver werden wird als die Obamas (Trump würde sich nach eigenen Aussagen eher um Zäune in Amerika kümmern, als um Krieg in Europa). Fossile Industrie, Militär und der Kampf um fossile Ressourcen hängen untrennbar zusammen. Militär bietet keine friedliche Lösungsoption für Ressourcenkonflikte, sondern resultiert immer in Ressourcenverschwendung und verkürzt den Klima-Countdown. Doch Militär ist wie Polizei nur Exekutive, die Befehlskette beginnt in Parlamenten als Interessenvertretung der Industrie. Um die Situation in den Griff zu bekommen, braucht es Entscheidungen gegen Militär, den Kurs der NATO und das Primat der Energiesicherheit in der Außenpolitik. Aus emanzipatorischer Perspektive bietet sich Klima- und Friedensbewegungen im Bündnis gegen Militär die Chance, parlamentarische Entscheiden durchzusetzen, mit Erneuerbaren den globalen Wettlauf um Energie zu überwinden. Mehr dazu auf den folgenden Seiten.

Anmerkungen und Verweise