2017-01:Rezensionen

Aus grünes blatt
Version vom 7. Februar 2017, 15:02 Uhr von Falk (Diskussion | Beiträge) (+Autor*in +kat)
(Unterschied) →Nächstältere Version | Aktuelle Version ansehen (Unterschied) | Nächstjüngere Version← (Unterschied)
Zur Navigation springenZur Suche springen

Bücher vorgestellt

Planka.nu
VerkehrsMachtOrdnung
(2015, Unrast in Münster, 115 S., 9,80 €)
jb Das Buch ist eine Kulturanalyse. Es geht nicht um Verkehrskonzepte und ökologische Folgen des überbordenden Autoverkehrs, sondern um dessen ideologischen Grundlagen. „Du wirst nicht als Autofahrer geboren, du wirst dazu gemacht“ steht am Anfang des Textes – die folgenden Seiten erklären, wie die Manipulation des Denkens in Richtung automobiler Gesellschaft funktioniert. Das Buch ist eine Übersetzung aus dem Schwedischen, was für die Arbeit mit den Quellen einigen Zusatzaufwand bedeuten würde – aber es lohnt sich auch so.

Slavoj Zizek
Der neue Klassenkampf
(2015, Ullstein in Berlin, 96 S., 8 €)
jb Groß steht der Autorenname auf dem Buch, klein und kaum lesbar der Titel. So kommt es, wenn ein Mensch berühmt wird und dann zum Fließbandautor wird, dessen Bücher über den Namen und nicht wegen des Inhalts beworben werden. Dabei stellt Zizek eine wichtige Frage, was eigentlich zu den aktuellen Flüchtlingsströmen geführt hat und weiter führen wird. Aus seiner Sicht sind es die starken ökonomischen Unterschiede, das Reichtumsgefälle und noch mehr die strukturellen Ungleichheiten im Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten. Zizek sieht das Wiederaufleben der Klassengegensätze – eine zwar etwas veraltete und eingeschränkte Interpretation, aber ein wichtiger Beitrag zur Debatte. Schade, dass dem Buch anzusehen ist, dass hier ein Starautor schnell etwas heruntergeschrieben hat. Denn Präzision hat seine Analyse nur an wenigen Stellen.

Bettina von Clausewitz
Wer, wenn nicht wir!
(2016, Peter Hammer in Wuppertal, 174 S., 19,90 €)
jb Zwölf Interviews mit politischen Aktivist_innen aus sehr verschiedenen Ecken, Strömungen und Themen. Sie stellen auch sehr unterschiedliche Charaktere dar – einige agieren schon sehr lange, strategisch, zum Teil als Unternehmer_innen. Andere sind eher ohne große Vorab-Organisation in ihr Engagement gestolpert. Das Buch zeigt mehr die Personen und ihre Motive. Es gibt kaum Hinweise, wie mensch selbst aktiv werden kann und welche Stolpersteine es gibt. Dass politische Bewegung heute zu einer Sache von Hauptamtlichen und Apparaten geworden ist, wird nicht reflektiert. Es kommen auch kaum „einfache“ Basisleute zu Wort, sondern überwiegend solche, die schon viel in den Medien wahrgenommen wurden.

Markus Metz/Georg Seeßlen
Bürger erhebt euch!
(2012, Laika in Hamburg, 378 S., 24,90 €)
jb Der Rückentext beschreibt das Buch recht passend. Es geht um „das Recht auf Kritik, Dissidenz, Einspruch, Widerstand und zivilen Ungehorsam in einer Gesellschaft, in der postdemokratisches Regieren und neoliberales Wirtschaften Bürger- und Menschenrechte bedroht.“ Die verschiedenen Kapitel drehen sich um Formen, mehr aber noch die gedanklichen Grundlagen des zivilen Ungehorsams, der sich laut Autoren bildet, weil „Brüche zwischen Rechtspraxis und Gerechtigkeit, Freiheit und Staat, Politik und Menschlichkeit“ und kaum noch Integrität seitens der politischen Klasse zu sehen sind. Die Sprache routinierter Politdebatte mag manche Leser_innen abschrecken, aber das Lesen lohnt – auch wenn die alberne Losung „es entsteht gerade eine neue soziale Bewegung“ Schwächen in der Analyse zeigt. Solche verkaufsfördernden Populismen füllen seit Jahrzehnte etliche linke Bücher – und machen sie ein Stück weit unseriös.

Thies Gleiss, Inge Höger u.a.
Nach Goldschätzen graben, Regenwürmer finden
(2016, Papyrossa in Köln, 256 S., 14.90 €)
jb Eine Vielzahl von eher links orientierten Mitgliedern schreiben über „Die Linke und das Regieren“ (Untertitel). Hinzu kommen Einschätzungen aus linken Parteien anderer Länder. So entsteht ein kritischer Blick auf Nutzen, Schaden und vertanen Chancen linker Beteiligung am Gerangel der Macht. Was fehlt, ist der Blick aus der Opferperspektive. Denn die Ressourcen, die ständig in Aufbau und Aufrechterhaltung von NGO- und Parteiapparaten gesteckt werden, fehlen in unabhängigen Basisbewegungen und Netzwerken. Sie im Buch zu vergessen, ist dann auch für kritische Linken-Politiker_innen nur konsequent.