2007-02:Social Ecology Kongress in London - Reflektionen und Lehren
Am 17. März dieses Jahres fand im Osten Londons eine Konferenz mit dem Titel "An Ecology of Freedom - Creating Democratic Alternatives (Eine Ökologie der Freiheit - Demokratische Alternativen Schaffen)" statt. Das Treffen wurder von Social Ecology London, einer Lesezirkel und Lerngruppe initiert. Dementsprechend war von vornheitein klar, dass es relativ zentral um die Theorien vom Anarchisten Murray Bookchin (http://de.wikipedia.org/wiki/Bookchin) handeln wird. Trotz dieser Beschränlingen entschloss ich mich teilzunehmen da ich zuvor recht wenig von Bookchin bzw. über Social Ecology gelesen habe und mich viel von dem was ich wusste neugierig werden ließ. Nach der obligatorischen Vorstellungsrunde wurde mensch von einem Mitglied der Gruppe allgemein in die Theorie von Bookchin eingeführt. Sehr grob umrissen sieht das so aus:
1. Das Herrschaftsverhältnis über die Natur liegt in den sozialen Herrschaftsverhältnissen begründet. 2. Um diese sozialen Herrschaftsverhältnisse zu überwinden schlägt Bookchin direkte ("face-to-face") Demokratie vor die sich in lokalen Versammlungen zum Beispiel in Stadtteilen konstituiert die nach dem Mehrheitsprinzip funktionieren. Insofern unteeicht Bookchin die Wichtigkeit der sozialistischen Interpretationen im Anarchismus. Diese Zusammenkünfte bilden dann eine Föderation durch Delegationen. 3. Bookchin ist davon überzeugt das neue Technologien die momentan zur weiteren Ausbeutung der Menschhrstreit verwendet werden eine Möglichkeit bieten eine anarchistische Gesellschaftsordnung zu schaffen die sich diese Technologien angeeignet und zu Nutze machen wird. 4. Folgelogisch lehnt Bookchin in diesem Sinne jedweden Individualanarchismus oder Anarcho-Primitivismus mit seiner Technologiekritik als "Lifestyle-Anarchismus" ab. Auch Tiefenökologie wird als irrational und daher nicht emanzipatorisch abgelehnt.
Sehr vekürzt. Bringt aber das von mir Gelernte auf den Punkt. Danach durfte mensch sich auf zwei vordefinierte Workshops aufteilen. Ich entschied mich für den Titel "Gegen Hierarchien". Vielversprechend. Von den jeweiligen Organisatoren wurden nun verschiedene Thesen vorgelesen und Ecken definiert die entweder für Ablehnung oder Zustimmung standen. Auf diesem Spektrum hatte man sich zu positionieren. Die erste These lautete: "Es gibt ein primär wichtiges Hierarchieverhältnis das wichtiger ist als andere.". Das Ergebnis war vorhersehrbar. Jene die sich bereits in der Vorstellungsrunde als Marxisten vorgestellt hatten stimmten zu. Der Rest lehnte die These größtenteils ab. Ein Großteil der Diskussion artete dann in Debatten über die Wichtigkeit von "Klassenverhältnissen" als Hierachie und die "Ökonomische Herrschaft" durch die "kapitalistischen Produktionsverhältnisse" aus. Nicht das was ich mir erhofft hatte. Wenig Zeit blieb für die anderen zwei Thesen. Die zweite lautete: "Es liegt in der Natur des Menschen Dominanz über andere auszuüben". Auch hier stimmten die "Marxisten" zu während die anderen ablehnten. Wieder vorhersehbar. Im Laufe der Diskussion wurde der Interessante Vorschlag gemacht das Konzept "Natur des Menschen" ganz zu verwerfen. Andere hoben das kooperative und partizipative natürliche Verlangen im Menschen hervor und betonten das die egoistische "Natur des Menschen" durch die heutigen Herrschaftsverhältnisse künstlich geschaffen wird. Der dritten These, dass "Hierachy in jedem Fall unethisch" ist wurde generell zugestimmt, zwar unter schwerwiegenden Einschränkungen durch die Marxisten ("es kommt auf die Umstände an") aber immerhin.
Nach einem Mittagessen das von den Social Ecology Menschen für umsonst zur Verfügung gestellt wurde, was mir positiv auffiel (Geschenkökonomie) ging es in die zweite Diskussionsrunde. Der Titel: "Eine Bewegung für Veränderung Schaffen - Social Ecology in der Praxis und die Bewegung für eine "Demokratische Alternative" in Skandinavien". Wieder gab es lange Vorträge der Gruppenmitglieder zum Thema und eine kurze Schilderung der Initiative "Demokratische Alternative" von norwegischen Teilnehmern. Diese setzt sich für die oben beschriebene "face-to-face" Demokratie ein. Auf meine Frage ob denn die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit keine Hierachie darstelle wurde gesagt, das in diesen "wirklich" demokratischen Institutionen eine so "demkratische" Diskussion geführt wird, dass die Minderheit schon Akzeptanz zeigen wird. Ausserdem ließen sich komplexe Dinge wir Schule oder Gesundheitssystem nicht mit dem System der "freien Menschen in freien Vereinbarungen" das ich vorschlug realisieren. Diese Vereinbarungen seien zu unsicher und unzuverlässig.
Der dritte und letzte Teil sollte aus verschiedenen Workshops die von Teilnehmern im vorhinein vorgeschlagen wurden bestehen. Diese Element der Selbstorganisation wurde nicht wirklich genutzt und so gab eine dritte Workshopreihe die wieder von den Gruppenmitgliedern geleitet wurde. Diesmal sollte es um die Wirtschaftstheorie "ParEcon" (http://de.wikipedia.org/wiki/Parecon) gehen. Ich setzte mich aber mit einer Kleingruppe für eine offene Diskussion ab, die mehr durch den direkten Kontakt zu den Teilis sehr viel eher zusprach. Leider waren wir schon über dem "Zeitplan" und mussten die Räumlichkeiten verlassen als es gerade began wirklich interessant zu werden. In diese letzten Diskussion ging es etwas detaillierter um die Zusammenhänge zwischen sozialen und ökologischen Herrschaftsverhältnissen.
Fazit: Sehr viele interessante und inpirierende Menschen kennengelernt mit denen ich sicher in Kontakt bleiben werde. Leider war das ganze für mich etwas zu "eng" und dogmatisch. Wenig Platz für Kritik und Selbstreflektion. Es zeigt mir aber auch das als selbst-orga, hierachien-kritischer Mensch immer offen und augeschlossen gegenüber neuen Ideen seien muss, auch wenn seine eigenen vielleicht als "Lifestyle-Anarchimus" denunziert und abgelehnt werden. Es sollte eine Stärke sein nicht ähnlich wie der Gegenüber "Freie Menschen in Freien Vereinbarungen" also Dogma zu glorifizieren. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass wir mehr konkrete und vor allem langlebige Projekte brauchen die "Freie Menschen in Freien Vereinbarungen", Hierachiefreiheit und Selbstorganisation in die Praxis umsetzen. Ausserdem müssen die Projekte die sich mit einem solchen Anspruch definieren kritisch reflektiert werden. Warum ist die Projektwerkstatt in Saassen zum Beispiel so wenig beliebt in der lokalen Bevölkerung. "Alles Spießbürger" würden jetzt manchen schreien. Das hieße aber, dass der "Otto-Normal-Verbraucher" zu "dumm" ist um die Projektwerkstatt zu verstehen. Das wiederum ist höchst elitär. Auch der Jukss ist für mich ein großartiges Experiment. Aber es bleibt eben beim zwei wöchigen Experiment. In diesem Sinne glaube ich das die Projekte "365-Tage Jukss" oder "Leben nach dem Jukss" oder auch das "Nomaden-Netzwerk" hoffentlich in der Zukunft für solche lebbaren Alternativen sorgt.
