2009-01:Chuitna Kohletagebau gefährdet unberührte Feuchtgebiete in Alaska
Chuitna Kohletagebau gefährdet unberührte Feuchtgebiete in Alaska
fb Nahe Anchorage, mit knapp 280.000 EinwohnerInnen der größten Stadt in Alaska[1], soll inmitten weitgehend unberührter Natur[2] ein riesiger Steinkohle-Tagebau entstehen. Auf einer Fläche von über 2.000 Hektar soll der als "Chuitna
Coal Project" bezeichnete Bergbau im Wassereinzugsgebiet des Chuitna River errichtet werden. Der Tagebau wird etwa 18 Kilometer reichhaltiger Lachs-Ströme[2] zerstören, die wichtige Laichgebiete darstellen. Außerdem werden Tausende Hektar Feuchtgebiete vernichtet. 95 % der BewohnerInnen der Gegend von
Tyonek[3], dem nächstgelegenen Dorf, haben sich gegen den Tagebau ausgesprochen. Das hält das Unternehmen PacRim nicht davon ab, das
umweltzerstörende[4] und die Existenzgrundlage der dort lebenden Menschen gefährdende Projekt[5] weiter voranzutreiben.
Ein gefährlicher Präzedenzfall droht in Alaska zu entstehen, denn niemals zuvor wurde im nördlichsten Bundesstaat der USA die Errichtung eines Tagebaus mitten in einen Lachsstrom
Borealer Wald
Der boreale (Nadel-)Wald ist die am nördlichsten gelegene Vegetationszone der Erde, in der das Wachstum von Wäldern möglich ist. Dieser Waldtypus entsteht in der kaltgemäßigten Klimazone
und existiert daher ausnahmslos auf der Nordhalbkugel. Nördlich der borealen Nadelwaldzone befindet sich die Tundra; im Süden schließen sich kühlgemäßigte sommergrüne Laubwälder oder
Waldsteppen an. Das Ökosystem der borealen Nadelwaldzone bildet die größten zusammenhängenden Wälder der Erde.[7]
Die Flora wird durch Nadelwälder gekennzeichnet, die in südlicheren und ozeanisch beeinflussten Gebieten mit Birke und Espe durchsetzt sind. Der boreale Nadelwald ist in seinen Kerngebieten
oft durch nur eine oder zwei Baumarten bestimmt und zählt daher zu den weniger artenreichen Wäldern. Dies liegt in erster Linie an der kurzen Vegetationsperiode von nur 2 bis 4,5 Monaten.
Im Süden geht der boreale Nadelwald in gemäßigten Mischwald mit sommergrünen Laubbäumen über. Zu den Charakterarten zählen nicht nur Bäume, sondern auch Sträucher und Kräuter. Dies sind
Heidel- und Preiselbeere, Wald-Wachtelweizen, Siebenstern, Blaue Heckenkirsche, Moosglöckchen, Sprossender Bärlapp und Tannen-Bärlapp, außerdem zahlreiche Moose, die allesamt Säurezeiger
sind.[7]
Im borealen Nadelwald leben mehr als 300 Vogelarten. Außerdem ist dies der Lebensraum von vielen Säugetieren wie Elch, Wolf, Vielfraß, Bison, Karibu, Bären, Luchs, Fuchs, Hase, Marder,
Otter, Biber, Stinktier, Flughörnchen, Lemming und Kojote. Flüsse und Seen der borealen Nadelwälder sind Lebensraum für zahlreicher Fischarten, darunter viele Lachsarten. Trotz der Kälte
gibt es relativ viele Arten von Amphibien und Reptilien.[7]
Zwei Drittel der borealen Nadelwälder stehen auf Dauerfrostboden, auch bekannt als Permafrostboden. Der Permafrost taut erst im Frühsommer oberflächlich auf (bis in Tiefen von 0,5 - 1 m)
und neigt durch das anstehende Wasser zur Versumpfung. Die Wurzelmasse der Bäume ist daher kaum tiefer als 20 - 30 cm im Boden verankert. Die Versumpfung bedingt auch hier aufgrund des
Sauerstoffmangels eine unvollständige Zersetzung der organischen Masse sowie eine ungenügende Mineralisierung der in ihr gebundenen Nährstoffe. So bilden sich vielerorts auch Moore.[7]
"Chuitna Coal"-Tagebau
Das sogenannte Chuitna Coal Project ist ein Übertage-Bergwerk, das im Beluga Coal Field etwa 70 Kilometer westlich von Anchorage in Süd-Zentral-Alaska an der Westseite des Cook
Inlet gelegen ist[8][9]. Direkt betroffen sind davon das Dorf Tyonek und die Gemeinde Beluga[4]. Alaska besitzt
mehr als die Hälfte der Kohlereserven der USA. Mit dem Steigen der Kohlepreise steigt auch die Nachfrage nach Alaskas Kohle, so dass kostspielige Großprojekte wie die Chuitna-Mine
attraktiver werden[10]. In dem Tagebau soll Fettkohle (engl. "sub-bituminous coal"), eine Steinkohlen-Art mit Feuchtigkeitsgehalt von etwa
20%[11], abgebaut werden. Das Einzugsgebiet des Chuitna River bedeckt auch große Reserven an Fettkohle geringer
Qualität; Alaska hat Tausende Hektar Kohlepachtverträge in diesem Gebiet vergeben[6]. Märkte für die minderwertige Fettkohle werden wahrscheinlich asiatische
Kohlekraftwerke sein[8].
Die aktuelle Projektbeschreibung umfasst einen Tagebau und damit verbundene Anlagen, ein kilometerlanges Transportband, Wohngebäude für die Beschäftigten, Start- und Landebahn-Anlagen, ein
Logistik-Zentrum und ein Kohle-Export-Terminal. Dem Industrieprojekt wird eine Laufzeit von mindestens 25 Jahren vorhergesagt mit Produktionsmengen von bis zu 12 Millionen Tonnen Kohle pro
Jahr.[12] PacRim Coal will Ladd Landing-Grundstücke nutzen, um Kohlelager und
Exportanlagen für den angekündigten Chuitna-Kohletagebau zu errichten. Diese werden kommerzielle Fischerei-Bereiche direkt verdrängen und beeinträchtigen[2]. Anderthalb
Kilometer von der Three Mile Creek Subdivision entfernt werden Kohlehaufen unbedeckt für den Transport nach China gelagert werden. Dieser Hafen wird die Landnutzung und den Charakter
der Gemeinden Beluga und Tyonek für immer verändern.[13]
Zur Bedienung der Großfrachtschiffe, die die Kohle nach Asien transportieren sollen, ist der Bau eines 3 Kilometer langen Docks vorgesehen, das wichtige Lachs-Wander-Korridore
beeinträchtigen und somit auch die Netzfischerei beeinträchtigen wird.[4] Die massiven Gezeiten und starken Strömungen im Cook Inlet erzeugen im Zusammenspiel mit den
bekanntlich rauhen, windigen und eisigen Bedingungen dieser Buch ein hohes Risiko von Katastrophen in einem erstklassigen Lachslebensraum.[2]
Start- und Landebahnen sowie die Wohnanlagen für die MitarbeiterInnen des Kohleprojekts werden südlich des Abbaugebiets an der Zufahrtsstraße zum Tagebau liegen. Es werden dort
Einzelwohnanlagen, Müllverarbeitungseinrichtungen und ein Kasino entstehen. Außerdem werden die Leitungs- und Verwaltungsbüros hier Platz finden.[14]
PacRim hat 3-4 Einzelgenehmigungen für Teilprojekte beantragt und einen Gesamtantrag für die Beurteilung der Gesamtauswirkungen des Kohle-Projekts eingereicht.[14]
Das Chuitna Coal Project befindet sich in einem fortgeschritten Genehmigungsstadium. Der Antragsteller, PacRim, hat bereits viele der Antragsunterlagen, bestehend aus Bergbau- und
Renaturierungsplänen und Basis-Studien, eingereicht. Das Unternehmen arbeitet gerade am Zusammentragen von zusätzlichen Grundlagen zur Wasser-Tierwelt und kulturellen Ressourcen. Bisher
wurde das vollständige Unterlagenpaket für das Chuitna Coal Project noch nicht bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, der Abteilung für Bergbau, Land und Wasser (engl.: Division
of Mining, Land & Water[15]) des Ministeriums für Natürliche Ressourcen Alaskas (DNR - engl.: Alaska Department of
Natural Ressources[16]), eingereicht. Es wurden auch noch keine formalen Sichtungen der Unterlagen durch die Behörde
eingeleitet. Wenn die vollständigen Unterlagen einmal eingereicht sind, findet eine Beurteilung der Vollständigkeit des Antrags und der Gesamtfolgen des Projekts statt. Die
Vervollständigung des Antrags war zum Ende 2008/Anfang 2009 von der zuständigen Abteilung im Ministerium für Natürliche Ressourcen erwartet worden. Allerdings war dies bis Ende Juni
2009 nicht erfolgt.[12]
Das Ministerium für Natürliche Ressourcen Alaskas ist die leitende staatliche Stelle, die an der Genehmigung von Kohleprojekten in Alaska beteiligt ist. Eine Arbeitsgruppe für große
Bergbauprojekte (Large Mine Project Group) wurde vom DNR ernannt und mit VertreterInnen der verschiedenen beteiligten Stellen (insbesondere das Ministerium für Natürliche
Ressourcen, das Ministerium für Umweltschutz, das Ministerium für Fischerei und Jagd und das Ministerium der Justiz) besetzt, um die Genehmigungsverfahrens-Aktivitäten für das
Chuitna Coal Project zu koordinieren.[12][14] Leitende Bundesbehörde für die ergänzende Umweltfolgenstudie (engl. "Supplemental Environment Impact
Statement") ist die EPA. Bereits im 2. oder 3. Quartal 2007 sollte die finale Fassung der Studie veröffentlicht werden; dies ist noch immer nicht geschehen. Ursprünglich war der
Produktionsbeginn im 3. Quartal 2009 geplant gewesen.[14]
350 Arbeitsplätze sollen durch dieses Monsterprojekt geschaffen werden.[14]
Unberührte boreale Wald- und Feuchtgebiete in Gefahr
Der Chuitna River stellt ein wichtiges Habitat für Subsistenz-Fischerei und Jagd dar[6]. Er fließt von seinen Quellen am Fuße der Alaska
Ranges[17] 40 Kilometer ungehindert in das Cook Inlet[2]. Ein großer Teil
der Nahrungsquelle für die Menschen im ländlichen Raum Alaskas wird durch Fisch gebildet. Landwirtschaftliche Nahrungsmittel machen nur einen geringen Anteil aus[18].
Der Chuitna River und seine Nebenflüsse beherbergen alle 5 Spezies der wildlebenden pazifischen Lachse: den Buckellachs (Oncorhynchus
gorbuscha)[19], den Rotlachs (Oncorhynchus
nerka)[20], den Königslachs (Oncorhynchus
tshawytscha)[21], den Ketalachs
(Oncorhynchus keta)[22] und den Silberlachs (Oncorhynchus
kisutch)[23]. Außerdem lebt hier der Dolly Varden (Salvelinus malma malma -
Saiblingsart)[24] und die Forelle. Einige bedeutende hier vorkommende Vogelarten sind
Weißkopfseeadler, Trompetenschwan und Kanadakranich sowie Küstenvögel und Singvögel. Darüber hinaus umfasst das Wassereinzugsgebiet des Chuitna River wichtige Habitate für Schwarzbär
und Grizzly[6], Elche, Biber und andere jagdbare Tiere, auf die die BewohnerInnen dieser Gegend hinsichtlich Eigenversorgung, zum kommerziellen und persönlichen Nutzen
angewiesen sind. Die Nonprofit-Organisation American Rivers[25] führte den Chuitna River 2007 als einen der "Top Ten Most Endangered Rivers" in den Vereinigten Staaten aufgrund der
Gefahren, die durch den großflächigen Tagebau dargestellt werden.[4][2]
40 % der Fläche, die der Tagebau zuerst einnehmen wird, sind Feuchtgebiete.[2]
In der ersten Phase werden mehr als 2.000 Hektar, einschließlich etwa 18 Kilometer natürlicher Lachs-Laich- und Aufzuchtsgebiete des Middle Creek, eines Nebenarm des Chuitna River,
abgetragen werden[4].
Kohle hat im Wasserhaushalt eine wichtige Funktion als Filter. Sie wird daher von einigen Indigenen als die "Leber der Erde" bezeichnet.[10] Pro Tag wird PacRim eine durchschnittliche Menge von über 26 Millionen Liter Bergbau-Abwässer pro Tag in den Chuitna River und seine Nebenflüsse entsorgen und damit das
Wassersystem pro Jahr mit 9,5 Millionen Kubikmetern Bergbau-Abwässern weiter belasten[4][2].
Der Bergbau wird lebendige und unberührte Fisch- und Wildtier-Habitate zerstören[2] und nachhaltige Einwirkungen auf BewohnerInnen, JägerInnen, FischerInnen, TouristInnen
und SelbstversorgerInnen haben[5][2]. Eine Renaturierung, wie sie von PacRim angekündigt wird[12], kann dieses Ökosystem nicht wieder
herstellen. Grundsätzlich ist es unmöglich die Komplexität von über Tausende von Jahren gewachsenen Biotopen künstlich nachzubilden. Es kann höchstens eine billige Kopie der Vielfalt
erwartet werden, die bei genauerer Betrachtung einem Vergleich mit der zerstörten Natur nicht standhält. Im speziellen Fall kommt noch hinzu, dass die Renaturierung von Bergwerken besonders
in Feuchtgebieten und im hier vorherrschenden kalten Klima problematisch ist[5]. Eine solche Maßnahme wurde noch nie erfolgreich in einer so feuchten, kalten und
fruchtbaren Gegend wie dem Einzugsgebiet des Chuitna River realisiert. Eine Wiederherstellung dieses komplexen Ökosystems ist daher ausgeschlossen.[2]
Auch die Kohlelobby gesteht ein, dass mit dem Kohlebergbau verheerende Umweltfolgen verbunden sind: "Kohlebergbau erhöht eine Anzahl von Umwelt-Herausforderungen einschließlich
Boden-Erosion, Staub, Lärm, Wasserverschmutzung und Auswirkungen auf die lokale Biodiversität." (World Coal Institute)[26] Zusätzlich werden die Ströme
zugrunde gerichtet, menschliche Gemeinschaften verwüstet, es gibt hohe Quecksilber-Belastungen und deutliche Beiträge zum Kohlendioxid-Ausstoß, der das Klima anheizt. Wenn die
Kohleindustrie sich eines Tages aus dem Gebiet zurückzieht, bleiben große Probleme bestehen, denn die komplexen und wenig verstandenen Feuchtgebiete und Wassersysteme sowie die
vorbergbauliche Fruchtbarkeit der Gewässer sind kaum wiederherzustellen.[26] Der Kohle-Tagebau wird nahezu 8.000 Hektar[2] von bedeutenden Fisch-, Elch-
und Bär-Habitaten vernichten.[8]
Kohlestaub-Partikel und freigesetzte Sedimente vom Kohlebergbau können die Lebenserwartung von Fisch verringern, sein Immunsystem schädigen und den Laich ersticken. Die Abfälle der
Kohleverbrennung zur Stromerzeugung sind hoch-toxische feste und flüssige Stoffe einschließlich Asche, Schlamm und Schlacke – diese Abfälle (über 120 Millionen Tonnen pro Jahr in den USA)
reichern in sich in Form von Giften wie Arsen, Quecksilber, Chrom, Cadmium, Uran und Thorium an. Sie sind schwierig und teuer zu lagern und bergen außerdem weitere Umwelt- und
Gesundheitsrisiken. Die Säuberungsaktion einer kürzlichen Katastrophe mit Kohleasche in Tennessee wird auf Kosten in Höhe von 825 Millionen US-Dollar geschätzt.[5]
Pro Tag sollen dem Antrag bei der EPA (Environmental Protection Agency) zufolge etwa 550.000 Liter Abwasser aus Kohlelagern, Hygieneabfällen und Ausrüstungsreinigung in das Cook
Inlet eingeleitet werden. Das Cook Inlet ist eine riesige Bucht im Golf von Alaska, die die Kenai-Halbinsel vom Festland abtrennt. Es ist ein wichtiges hydrologisches
Einzugsgebiet für eine Fläche von etwa 100.000 km².[27] Die Pipeline wird so weit in das Cook
Inlet hineinführen, dass sie nur bei Ebbe zu sehen sein wird. Trinkwasserbrunnen befinden sich wenige hundert Fuß (1 Fuß entspricht etwa 30 Zentimetern) von dem angekündigten Projekt
bei Ladd Landings entfernt. Der Kohletransport verläuft nach aktuellen Planungen zwischen dem Three Mile Lake-System und der Three Mile Creek Subdivision. Das zukünftige
Trinkwasser der Region wird durch die Kohleindustrie gefährdet.[13]
In Ladd Landing werden 500 Millionen Tonnen Kohle das ganze Jahr über durch kontinuierlich laufende Förderbänder zur Lagerung antransportiert werden. Three Mile Beach wird von
kleinen Kohlestücken und Kohlestaub schwarz sein. Die Gezeiten werden dieses Material in Richtung des Dorfes Tyonek und zum Chuitna River weitertragen. Bei typischen
Südwest-Sommer-Winden wird der Kohlestaub in Richtung der Gemeinde Beluga geblasen werden, während Nord-Winde den Staub zum Cook Inlet und nach Tyonek tragen werden. Bei voller
Leistung werden die Hafen-Anlagen Kohlestaub-Verschmutzungen von 230 Tonnen pro Jahr verursachen.[13]
Im Frühjahr 2008 wurde die Cook Inlet Salmon Task Force gegründet, um die zurückgegangenen Lachswanderungen in das Mat-Su Valley zu untersuchen, was eine Sorge für Fischer der
Mat-Su-Gegend seit vielen Jahren ist. Die Gründe für die geringen Rückwanderungen an Lachsen in den vergangenen Jahren sind noch strittig, fakt ist aber, dass die Errichtung des
Chuitna-Kohlebergwerks und die damit verbundene Infrastruktur ungünstige Einwirkungen auf die in den nördlichen Distrikt zurückkehrenden Lachse haben wird.[4]
Luftverschmutzung und Klimawandel
Emissionen der Kohleverbrennung beinhalten auch Stickoxide, die für die Entwicklung von Smog verantwortlich sind, Schwefeldioxide, die Hauptverursacher des Sauren Regens sind und
große Mengen CO2, das ein wichtiges Treibhausgas ist. Auch der Bergbau selbst setzt eine bedeutende Menge von Methan, ein extrem starkes Treibhausgas, frei. Kohlebergbau ist für
mehr als 25% der energiebezogenen Methan-Emissionen in den USA verantwortlich.[5]
Die zusätzlichen CO2-Emissionen durch das Kohlevorhaben im Umfang von Millionen Tonnen ist besonders dramatisch, da Alaska bereits unverhältnismäßig hart vom Klimawandel betroffen ist und
viele Effekte hier stärker zuschlagen als beispielsweise in den anderen US-Bundesstaaten[28].[8] Folgen der
Klimaveränderungen sind erodierende Küsten, die Erwärmung von Lachsströmen, das Schmelzen von Permafrostböden und das Verschwinden von Gletschern[28]. Alaska erwärmt sich
doppelt so schnell wie der Rest der USA und die Temperaturen der Ströme im Sommer haben nun permanent die Standards des Bundesstaates erreicht, die einst zum Schutz der laichenden und
wandernden Lachse aufgestellt wurden. Weitere Auswirkungen sind intensivere Stürme, die Verringerung des Meereseis-Puffers und steigende Meeresspiegel. Den Kommunen Shishmaref, Kivalina und
Newtok an der Westküste Alaskas verbleiben dem Army Corps of Engineers zufolge noch 10 bis 15 Jahre, bis sie ihren jetzigen Standorten verlassen müssen. Die Umsiedlung wird
Bundesgierung und Alaska Milliarden US-Dollar kosten.[5]
Gesundheitsschäden inklusive
Quecksilber reichert sich zu giftigen Mengen in der Nahrungskette an. Kohlestaub aus Bergbau, Säuberung und offener Lagerung der Kohle erhöht Explosionsrisiken im Umfeld der Anlagen. Er
kann zu ernsthaften Atemwegserkrankungen wie Asthma und Pneumoconiosis (Schwarze Lunge) beitragen. Toxische Emissionen wie Ruß, Schwefeloxide, Stickoxide aus Kohlekraftwerken werden als
verantwortlich für Tausende von Frühgeburt-Todesfällen jedes Jahr in USA und Kanada angenommen.[5]
Quecksilberbelastung durch Kohleindustrie
Ein bedeutender Anteil des Quecksilbers, das Alaska erreicht, kommt über die Luft. Quecksilber in gasförmiger Form wird das ganze Jahr über von überall in der nördlichen Hemisphäre nach
Alaska transportiert. Dieses Quecksilber sammelt sich im Winter zusammen mit dem aus der Kohleverbrennung in Alaska produzierten über dem Nordpol an und fällt im Frühling auf die Erde
herunter.[29]
Zukünftige Kohlebergwerke sind davon abhängig die Kohle nach Asien zu exportieren, was zu erhöhten Freisetzungen von Quecksilber in die Atmosphäre führen wird. Etwa 20% des Quecksilbers in
Alaska muss asiatischen Kohleanlagen und Industrie zugerechnet werden. Die übrig bleibende Kohle wird in Alaska verbleiben und zu den lokalen Quecksilber-Emissionen beitragen.[29]
Das atmosphärische Quecksilber, das durch die Verbrennung von Kohle freigesetzt wurde, beeinträchtigt Alaska direkt. Die Verwaltung Alaskas hat bereits eine erste offizielle Empfehlung zum
eingeschränkten Konsum von Meeresfischen herausgegeben und sollte in Betracht ziehen, standortspezifische Empfehlungen für Süßwasserfische zu verabschieden. Quecksilber-Belastungen können
direkt die Eigenversorger beeinträchtigen und schon die Möglichkeit einer potenziellen Kontamination kann Märkte, die auf unbeeinträchtigte Ökosystemen setzen (Tourismus, kommerzieller
Fischfang), auf den Kopf stellen.[29]
Wer oder was ist PacRim?
PacRim Coal Limited Partnership ist ein privates Unternehmen aus Delaware, das von zwei reichen texanischen Investoren, Richard D. Bass und William Herbert Hunt[14],
gebildet wurde. Geschäftsführender Hauptgesellschafter ist die PacRim Coal-GP Limited Liability Company; Eigentümer des Chuitna Coal Project ist die schon genannte PacRim Coal
LP[14]. Die neuen GeschäftsführerInnen sind der Ingenieur Dan Graham und der Ölindustrie-Vertreter (engl.:
"landman"[30]) Joe Lucas. Einziger Zweck dieses Unternehmens ist die Entwicklung des riesigen Chuitna-Kohle-Tagebaus und die Kohle
nach Asien zu verfrachten.[6][2]
"Step Up & Stand Up"
"Wie einige von euch wissen, ist mein Background nicht in der Öffentlichkeit zu sprechen oder gegen Kohlebergbau zu kämpfen, das alles wurde eine Lernerfahrung. Unser Grund eine Einstellung
gegen den Kohle-Tagebau einzunehmen war am Anfang egoistisch. Wir wollten einfach unser Zuhause, die Gegend und die Flüsse bewahren, die unsere Kinder, Enkelkinder, Familie und Freunde
genießen wenn sie zu Besuch kommen oder Zeit mit uns verbringen. Aber wie so oft wenn du etwas beginnst, lernst du viele andere Dinge, die du gar nicht lernen wolltest, aber es passiert
einfach..."
(Judy Heilman, Präsidentin der Chuitna Citizens NO-COALition)[31]
Regierungspolitik pro Kohle
Gewissermaßen als ein "Geschenk in letzter Minute" hat die Bush-Administration eine Bestimmung verabschiedet, die den schon lange bestehenden Bann ("Stream Buffer Zone Rule" aus der
Reagan-Ära) gegen Kohlebergwerke innerhalb von 100 Fuß von Strömen und Wasserkörpern aufhebt. Dieser Bann hatte Störungen von empfindlichen Ufergebieten verboten, wenn Einwirkungen auf
Wasserqualität und Wassermenge erfolgen würden. Die neue Regelung erlaubt der Bundesverwaltung nun nach eigenem Ermessen zu bestimmen, ob Sicherheitsmaßnahmen für diese Ufergebiete
"praktikabel" sind. So werden Alaskas Lachsströme ins Fadenkreuz von intensiven Tagebau-Aktivitäten geraten. Statt einer Aufhebung von Schutzbestimmungen wäre deren Erhöhung nötig, da die
Fisch-Habitate bereits durch die stressverursachenden Effekte des Klimawandels belastet werden. Der Chuitna-Tagebau wäre der erste Fall in Alaska, wo ein Bergwerk die Erlaubnis bekäme
durch einen Lachsstrom errichtet werden zu dürfen - das wäre ein Präzedenzfall für den ganzen Bundesstaat[4].[32]
Wenn die Industrie Lachsströme in der Chuitna-Region zerstören können, dann können sie es auch anderswo[2].
Zusätzliche zum Marktpreis der Kohle entstehen Umwelt-, Gesundheits- und indirekte wirtschaftliche Kosten. Diese sind höher als der wirtschaftliche Wert der Kohle, der weltweit etwa 450
Milliarden US-Dollar beträgt. Diese zusätzlichen Kosten müssen nicht etwa von der Kohleindustrie, die die Profite einkassiert, sondern von anderen Industrien, Steuerzahlern und zukünftigen
Generationen bezahlt werden.[5]
Andere wirtschaftliche Kosten entstehen aus den Subventionen für die teuren Kohleprojekte. Ein weiteres Problem ist Unkalkulierbarkeit, ob zukünftige Regulierungen die Kohleindustrie
aufgeben lassen, was sich auf die von ihr Abhängigen (Gemeinden, ArbeitnehmerInnen, lokale Wirtschaft) auswirken würde. Negative Auswirkungen hat das Chuitna Coal Project auch auf
andere Branchen (z.B. Tourismus, Fischerei).[5]
Widerstand gegen das Mammut-Projekt
Nach Einschätzung lokaler Gruppen besteht ein "überwältigender lokaler Widerstand" gegen das Projekt. Neben den bereits erwähnten Zahlen von über 90% der BewohnerInnen des Dorfes
Tyonek, die sich gegen die Pläne zum Abbau der Kohle in ihrer Region aussprachen, gibt es viele Aktivitäten und Anstrengungen Druck gegen das zerstörerische Projekt auf allen Ebenen zu
machen. So gab es beispielsweise eine Petition an die Genehmigungsbehörde (das DNR), um diese dazu zu bewegen, dem Tagebau wegen der Unmöglichkeit der Wiederherstellung der sensiblen
Ökosysteme eine Absage zu erteilen. DNR-Commissioner Tom Irwin jedoch lehnte es ab auf dieses Begehren einzugehen. Dagegen legten die Trustees for Alaska in Vertretung der
Inletkeeper, lokaler BürgerInnen und anderer am 17.3.2008 Klage beim Alaska Superior Court (erste Gerichtsinstanz in Alaska) ein.[8] Das DNR hat inzwischen
zugesichert künftige Einwendungen zu berücksichtigen; eine neue Unterschriftensammlung wird nun unternommen. PacRims Reaktion auf dieses und ein weiteres Gerichtsverfahren, das gegen
das Kohleprojekt eingeleitet wurde, besteht aus Abwiegelung der Bedenken: "Kraftwerke haben weltweit Risiken und bergen nachteilige Unsicherheiten"[14].
In Zusammenarbeit mit AktivistInnen aus den Appalachen, die dort gegen die rabiaten Maßnahmen der Kohleindustrie kämpfen (dort werden ganze Bergkuppen abgetragen, um an den begehrten
Rohstoff zu kommen), fand im Frühjahr eine Infotour durch Nordamerika statt. Hierbei berichteten die AktivistInnen aus dem Süden über ihren Widerstand und die Folgen, die der inzwischen
schon viele Jahrzehnte in den Appalachen wütenden Kohlebergbau verursacht hat. Den zweiten Teil der Veranstaltung bildet die Information über das geplante Vorhaben am Chuitna River.
Hier hat die Kohleindustrie noch nicht Fuß gefasst - anders als in den Appalachen bestehen noch keine Abhängigkeiten von den Bergbau-Arbeitsplätzen, die Unternehmen haben sich nicht durch
jahrelange Spenden an ausgewählte Organisationen und Institutionen "einkaufen" können. Auch die Infrastruktur-Bedingungen sind am westlichen Cook Inlet noch nicht geschaffen. Es
bestehen also Hoffnungen, dass die zerstörerischen Vorhaben der Energiewirtschaft hier einfacher abgewehrt werden können, als das beispielsweise in den Appalachen möglich ist.
Die Regierung von Alaska treibt das Projekt weiter voran. Die vielfältigen Einwendungen brachten aber bereits Erfolge indem sie das Genehmigungsverfahren verlangsamen und den Zeitplan des
Projektes hinausziehen.[8] 2007 sollte früheren Planungen zufolge die Errichtung des Tagebaus starten; 2009 sollte der Betrieb beginnen[14][33]. Beides konnte erfolgreich verzögert werden. Noch nicht einmal der Entwurf der
Umweltfolgenstudie wurde fertiggestellt, obwohl dies nach neueren Planungen im ersten Quartal 2009 geschehen sollte[8]. PacRim hat es allerdings auch nicht fertig
gebracht seine Unterlagen rechtzeitig einzureichen[12]. UmweltschützerInnen gehen davon aus, dass der Entwurf vielleicht dieses Jahr erscheinen könnte, die Abschlussfassung
aber mindestens 2 Jahre später erst zu erwarten ist[33].
Chuitna Citizens NO-COALition
Die Chuitna Citizens NO-COALition (CCNC) sind BewohnerInnen, LandbesitzerInnen, JägerInnen, FischerInnen und Leute, die sich in der Natur erholen wollen, die zusammen gekommen sind, um
das Wassereinzugsgebiet des Chuitna River zu schützen und den Lebensraum vor den verheerenden Auswirkungen des Kohle-Tagebaus zu bewahren.[31]
Speziesismus-Anmerkungen
Der Begriff Speziesismus versucht die Ungleichbehandlung von Lebewesen aufgrund ihrer Art sprachlich fassbar zu machen. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Speziesismus ein soziales
Konstrukt seitens der Menschen ist. Speziesismus als Phänomen ähnlich dem Rassismus oder Sexismus unter Menschen
gesehen.[34] Der anti-speziesistische Diskurs wurde in herrschaftskritischen Kreisen initiiert und
kritisiert das Herrschaftsverhältnis zwischen Menschen und nicht-menschlichen Tieren. Verkürzt gesagt, wird die Selbstverständlichkeit, dass Menschen andere Tiere zu ihren Zwecken nutzen
oder töten, in Frage gestellt.
Fischfang und Jagd als Argumentation erscheinen befremdend für Menschen, die mit dem Diskurs der deutschen herrschaftskritischen Szene um Anti-Speziesismus vertraut sind. Im Gespräch mit
Leuten, die in Homer (Ostseite des Cook Inlet) leben, ergab sich für mich der Eindruck, dass eine akzeptable und regionale Ernährung hier vegan nicht möglich ist. Alaska hat kaum
Ackerbau, die Vegetationszeit ist sehr kurz und die Temperaturen sind niedrig. Tierhaltung wird in einigen Regionen betrieben. Die meisten pflanzlichen Produkte, die hier zu bekommen sind,
werden über tausende Kilometer importiert. Da stellt sich mir die Frage, wie angemessen es wäre, an diese Leute den Anspruch auf eine vegane Lebensweise zu stellen und ob dies im Verhältnis
zu den Umweltzerstörungen durch die langen Transportwege und damit verbundenen Einwirkungen auch auf nichtmenschliche Tiere stünde.
Wer sich allerdings vegan ernähren will, kann das ohne Schwierigkeiten tun, denn selbst die Supermärkte sind voll mit Tofu- und anderen pflanzlichen Produkten. Nur sind diese seltenst
regional produziert worden. Ökologie und Anti-Speziesismus scheinen hier im Widerspruch zu stehen.
Problematischer werden vegane Ansprüche, wenn mensch sie auch auf die indigenen Menschen projiziert, deren wichtigste Nahrungsquellen das Fischen und die Jagd sind. Als weißE EuropäerIn
dorthin zu kommen und den Native Americans zum wiederholten Mal westliche Ideologien aufstülpen zu wollen, erscheint mir sehr bedenklich. Die Ausbeutung, Unterdrückung sowie die
Versuche der Auslöschung sind längst nicht Geschichte; diese "Tradition" weißer EinwandererInnen setzt sich bis in die Gegenwart fort, symptomatisch dafür sind die permanente ungefragte
Vergabe von traditionellem Land Indigener an Industriekonzerne, die überempfindliche repressive Reaktion auf Proteste indigener Menschen[35] oder die zwanghafte Unterbringung von Kindern indigener Familien in den "Residential
Schools"[36], die noch bis vor wenigen Jahren im benachbarten Kanada betrieben wurden. Die
Auseinandersetzung um die Legitimität von Ausbeutung und Tötung nichtmenschlicher Tiere ist wichtig, muss in diesem Kontext aber besonders sensibel geführt werden.
Fazit
Neben dem Chuitna Coal Project im Cook Inlet ist ein weiteres großes Kohlebergwerk in Alaska geplant: in der westlichen Arktis nahe Point Hope und Point Lay soll das Western
Arctic Coal Project entstehen. Außerdem sind infolge der erwarteten größeren verfügbaren Kohlemengen in Alaska weitere Anlagen, insbesondere Kraftwerke und Kohleverflüssigungsfabriken, in
Planung. Der Ausbau dieser Industrie bringt Alaska auf den Weg zu einer Kohleexport-Provinz und leitet über in eine Ära verwüsteter Fisch-Habitate, verschlimmerten Klimawandels und erhöhten
Quecksilbergehalts in Fisch und Wasser.[10][5]
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- ↑ 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 2,12 2,13 Chuitna Citizens NO-COALition: The Chuitna River: No Place for a Coal Strip Mine
- ↑ Kürzlich sprachen sich in einer Umfrage sogar 98 % der EinwohnerInnen gegen den Kohle-Bergbau aus - Quelle: Chuitna Citizens NO-COALition: Winter/Spring 2009 Newsletter: News from the Board President
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- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 5,7 5,8 5,9 Center for Science in Public Participation, Ground Truth Trekking und Cook Inletkeeper: The True Costs of Coal. Who pays?; http://www.groundtruthtrekking.org/factSheeIndex.html, 27. Juni 2009
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- ↑ 31,0 31,1 Chuitna Citizens NO-COALition: Winter/Spring 2009 Newsletter
- ↑ Inletkeeper ... Protecting The Cook Inlet Watershed & The Life It Sustains, Winter 2008-2009: Bush Administration Coal Rule Threatens Alaska Salmon Streams. Last minute rollback a gift for corporate donors in coal industry
- ↑ 33,0 33,1 Information aus dem Cook Inletkeeper Büro in Homer vom 30. Juni 2009
- ↑ http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Speziesismus&oldid=60962390, 29. Juni 2009
- ↑ Ein bedrückendes Beispiel für die rassistische Repression gegen indigenen Protest stellen die Ereignisse in Kanada Anfang der 1990er Jahre in Kanehsatake dar, wo der Widerstand von indigenen Menschen gegen einen Golfplatz auf ihrem Land mit schießwütiger Polizei und zuletzt sogar mit Einsatz des Militärs erwidert wurde.
- ↑ In den Residential Schools Kanadas wurden bis in die letzten Jahrzehnte die Kinder indigener Familien interniert; ihnen wurde der Kontakt zu ihren Eltern untersagt; verboten waren ihnen spirituelle Handlungen ebenso wie ihre traditionelle Sprache. Offenbar wurden diese staatlichen Maßnahmen zur Zerstörung der indigenen Kulturen verwendet. Die tiefgehenden Folgen dieser "Ära" sind in den indigenen Gemeinschaften heute deutlich zu sehen.