Diskussion:2009-03:Plädoyer für eine antikapitalistische Kritik der Agro-Gentechnik: Unterschied zwischen den Versionen

Aus grünes blatt
Zur Navigation springenZur Suche springen
 
(Formatierungen +kat)
Zeile 1: Zeile 1:
=== Entgegnung ===
+
'''''Entgegnung:'''''
 
== Plädoyer für eine emanzipatorische Gentechnikkritik ==
 
== Plädoyer für eine emanzipatorische Gentechnikkritik ==
 +
'''jb''' Das Plädoyer für antikapitalistische Gentechnikkritik klingt gut - wäre aber im Kontext der inhaltlichen Debatte in den meisten Kreisen von AktivistInnen gegen die Gentechnik ein Rückschritt. Denn die Reduzierung gesellschaftlicher Analyse auf ökonomische Aspekte blendet eine Vielzahl von weiteren Machtsphären aus. So ist Blödsinn, dass Menschen nur Marionetten ökonomischer Bedingungen sind. Tatsächlich wirken vielfältige Formen von Zwängen und Erwartungshaltungen auf sie ein. Aus Kreisen der FeldbefreierInnen und FeldbesetzerInnen besteht schon seit ca. drei Jahren eine Argumentation für eine umfassende herrschaftskritische und, positiv formuliert, emanzipatorische Gentechnikkritik - nachzulesen sowohl im Internet (www.projektwerkstatt.de/gen/emanz_kritik.htm) wie auch in dieser Zeitschrift (Ausgabe Frühjahr 2008). Es wäre nützlich gewesen, wenn diese Texte dem Text über antikapitalistische Gentechnikkritik zugrundegelegt worden wären. So aber erweist sich die/der AutorIn als KritikerIn tatsächlich vorhandener Position, aber gerade nicht der hier an dieser Stelle üblichen. Und die scheinbar progressive Position im Text ist das nur im Vergleich mit den reduzierten Kritiken bei Grünen, BUND & Co. - nicht aber der hier bereits entwickelten.
  
(jb). Das Plädoyer für antikapitalistische Gentechnikkritik klingt gut - wäre aber im Kontext der inhaltlichen Debatte in den meisten Kreisen von AktivistInnen gegen die Gentechnik ein Rückschritt. Denn die Reduzierung gesellschaftlicher Analyse auf ökonomische Aspekte blendet eine Vielzahl von weiteren Machtsphären aus. So ist Blödsinn, dass Menschen nur Marionetten ökonomischer Bedingungen sind. Tatsächlich wirken vielfältige Formen von Zwängen und Erwartungshaltungen auf sie ein. Aus Kreisen der FeldbefreierInnen und FeldbesetzerInnen besteht schon seit ca. drei Jahren eine Argumentation für eine umfassende herrschaftskritische und, positiv formuliert, emanzipatorische Gentechnikkritik - nachzulesen sowohl im Internet (www.projektwerkstatt.de/gen/emanz_kritik.htm) wie auch in dieser Zeitschrift (Ausgabe Frühjahr 2008). Es wäre nützlich gewesen, wenn diese Texte dem Text über antikapitalistische Gentechnikkritik zugrundegelegt worden wären. So aber erweist sich die/der AutorIn als KritikerIn tatsächlich vorhandener Position, aber gerade nicht der hier an dieser Stelle üblichen. Und die scheinbar progressive Position im Text ist das nur im Vergleich mit den reduzierten Kritiken bei Grünen, BUND & Co. - nicht aber der hier bereits entwickelten.
 
 
Zu alledem frönt der Text einem klassischen Konstrukt, dass bei näherer Betrachtung vor allem dem einen dient: Eine gute Ausrede fürs Nichtstun zu haben. Die Kritik an der Nennung von Namen bei der Offenlegung von Seilschaften zwischen Behörden, Konzernen, sogenannter Forschung und Lobbyarbeit behauptet implizit, dass die Welt auch ohne die konkreten Menschen funktioniert. Das ist natürlich Unsinn. Menschen sind zwar austauschbar, aber sie sind da. Ohne die Sphäre der EntscheiderInnen und Eliten sowie die große Zahl williger VollstreckerInnen würden weder Kapitalismus noch andere Herrschaftsformen funktionieren. Wer aber auf das Konkrete nicht schauen will, wird auch keinen Weg mehr finden, Widerstand zu leisten. Denn gegen den abstrakten Verwertungszwang lässt sich ebenso wenig antreten wie gegen das Risiko der Auskreuzung. Widerstand findet gegen die konkreten Erscheidungsformen statt - oder er findet nicht statt. Richtig wäre die Forderung, mit dem konkreten Protest immer die weitgehendere Kritik und Forderung zu verbinden. Aber dass gerade FeldbesetzerInnen und FeldbefreierInnen erzählen zu wollen, wäre wohl überflüssig. Den dort ständig benannten Positionen hinkt der vorstehende Text eher hinterher.
 
Zu alledem frönt der Text einem klassischen Konstrukt, dass bei näherer Betrachtung vor allem dem einen dient: Eine gute Ausrede fürs Nichtstun zu haben. Die Kritik an der Nennung von Namen bei der Offenlegung von Seilschaften zwischen Behörden, Konzernen, sogenannter Forschung und Lobbyarbeit behauptet implizit, dass die Welt auch ohne die konkreten Menschen funktioniert. Das ist natürlich Unsinn. Menschen sind zwar austauschbar, aber sie sind da. Ohne die Sphäre der EntscheiderInnen und Eliten sowie die große Zahl williger VollstreckerInnen würden weder Kapitalismus noch andere Herrschaftsformen funktionieren. Wer aber auf das Konkrete nicht schauen will, wird auch keinen Weg mehr finden, Widerstand zu leisten. Denn gegen den abstrakten Verwertungszwang lässt sich ebenso wenig antreten wie gegen das Risiko der Auskreuzung. Widerstand findet gegen die konkreten Erscheidungsformen statt - oder er findet nicht statt. Richtig wäre die Forderung, mit dem konkreten Protest immer die weitgehendere Kritik und Forderung zu verbinden. Aber dass gerade FeldbesetzerInnen und FeldbefreierInnen erzählen zu wollen, wäre wohl überflüssig. Den dort ständig benannten Positionen hinkt der vorstehende Text eher hinterher.
 +
 +
 +
[[Kategorie: Winter 2009/2010]]
 +
[[Kategorie: LeserInnen]]
 +
[[Kategorie: Gentech]]
 +
[[Kategorie: Herrschaftskritik]]
 +
[[Kategorie: Theorie]]

Version vom 00:19, 15. Nov 2009

Entgegnung:

Plädoyer für eine emanzipatorische Gentechnikkritik

jb Das Plädoyer für antikapitalistische Gentechnikkritik klingt gut - wäre aber im Kontext der inhaltlichen Debatte in den meisten Kreisen von AktivistInnen gegen die Gentechnik ein Rückschritt. Denn die Reduzierung gesellschaftlicher Analyse auf ökonomische Aspekte blendet eine Vielzahl von weiteren Machtsphären aus. So ist Blödsinn, dass Menschen nur Marionetten ökonomischer Bedingungen sind. Tatsächlich wirken vielfältige Formen von Zwängen und Erwartungshaltungen auf sie ein. Aus Kreisen der FeldbefreierInnen und FeldbesetzerInnen besteht schon seit ca. drei Jahren eine Argumentation für eine umfassende herrschaftskritische und, positiv formuliert, emanzipatorische Gentechnikkritik - nachzulesen sowohl im Internet (www.projektwerkstatt.de/gen/emanz_kritik.htm) wie auch in dieser Zeitschrift (Ausgabe Frühjahr 2008). Es wäre nützlich gewesen, wenn diese Texte dem Text über antikapitalistische Gentechnikkritik zugrundegelegt worden wären. So aber erweist sich die/der AutorIn als KritikerIn tatsächlich vorhandener Position, aber gerade nicht der hier an dieser Stelle üblichen. Und die scheinbar progressive Position im Text ist das nur im Vergleich mit den reduzierten Kritiken bei Grünen, BUND & Co. - nicht aber der hier bereits entwickelten.

Zu alledem frönt der Text einem klassischen Konstrukt, dass bei näherer Betrachtung vor allem dem einen dient: Eine gute Ausrede fürs Nichtstun zu haben. Die Kritik an der Nennung von Namen bei der Offenlegung von Seilschaften zwischen Behörden, Konzernen, sogenannter Forschung und Lobbyarbeit behauptet implizit, dass die Welt auch ohne die konkreten Menschen funktioniert. Das ist natürlich Unsinn. Menschen sind zwar austauschbar, aber sie sind da. Ohne die Sphäre der EntscheiderInnen und Eliten sowie die große Zahl williger VollstreckerInnen würden weder Kapitalismus noch andere Herrschaftsformen funktionieren. Wer aber auf das Konkrete nicht schauen will, wird auch keinen Weg mehr finden, Widerstand zu leisten. Denn gegen den abstrakten Verwertungszwang lässt sich ebenso wenig antreten wie gegen das Risiko der Auskreuzung. Widerstand findet gegen die konkreten Erscheidungsformen statt - oder er findet nicht statt. Richtig wäre die Forderung, mit dem konkreten Protest immer die weitgehendere Kritik und Forderung zu verbinden. Aber dass gerade FeldbesetzerInnen und FeldbefreierInnen erzählen zu wollen, wäre wohl überflüssig. Den dort ständig benannten Positionen hinkt der vorstehende Text eher hinterher.